Wann TA? Technikfolgenabschätzung im Zeitalter der Technowissenschaften
Der britische Chemiker und Philosoph David Collingridge formulierte bereits 1980 ein grundlegendes Dilemma der Technikfolgenabschätzung (TA): Werden technologische Entwicklungen ‚zu früh' aufgegriffen, ist die konkrete Ausgestaltung ihrer Anwendungen noch unklar. Es lässt sich wenig über den Anwendungskontext und dementsprechend über die zu erwartenden Folgen aussagen. Werden technologische Entwicklungen aber erst aufgegriffen, wenn es bereits konkrete Anwendungen gibt, ist der "Zug schon abgefahren". Die späte Einflussnahme auf den sozio-technischen Innovationsprozess ist dann schwierig.
Gegenwärtig werden Veränderung im Innovationsprozess beobachtet: Das Konzept der Technowissenschaften beschreibt die zunehmende Verschränkung von Grundlagenforschung und Technikentwicklung. In der Forschung werden neue Artefakte mit gesellschaftlicher Relevanz geschaffen (z.B. in der Stammzellforschung), die technische Anwendung wird in der Forschung bereits mitgedacht.
TA, die sich an gesellschaftlicher Relevanz orientiert, kann vor diesem Hintergrund kaum zu früh ansetzen. Das Dilemma der Ungewissheit über die letztendliche Umsetzung technologischer Anwendungen und deren Folgen bleibt jedoch bestehen (z.B. in der Nanotechnologie oder in Bezug auf die sogenannten Converging Technologies).
Die TA'09 stellt sich vor diesem Hintergrund neuen Herausforderungen. Sie widmet sich der Technologieentwicklung, der Technowissenschaft und der Programmberatung entlang folgender Fragestellungen:
->Keynote-Speaker zum Thema "Technowissenschaft": Alfred Nordmann, Professor für Philosphie, TU Darmstadt.
->Außerdem: Diskussions-Panel zum Thema "Technowissenschaft und Technikfolgenabschätzung".
Erwartungen (und ihre Folgen) als Gegenstand früher TA (Abstract)
Michael DECKER, Torsten FLEISCHER, ITAS, Karlsruhe/D
TA als Programmberatung in der Forschung und Technologieentwicklung - was kann TA auf dieser Ebene (nicht) leisten? (Abstract/Folien)
Ulrike BECHTOLD, ITA/ÖAW, Wien
Nanodialogues in need for strategy and capacity. Anticipatory governance on nanotechnology by parliamentary Technology Assessment (Abstract)
Bart WALHOUT, Rathenau Institute, Den Haag/NL
Wann Ethik? Überlegungen zu Zeitpunkt und Möglichkeit ethischer Reflexion im Zeitalter antizipatorischer TA (Abstract/Folien)
Katja STOPPENBRINK, Europäische Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler
Reflexive Technologieentwicklung - ein TA-Ansatz für das Zeitalter der "Technowissenschaften"? (Abstract)
Susanne GIESECKE, Petra SCHAPER-RINKEL, ARC, Wien
"Deconstructive Software Design" und praxis-basiertes Lernen (Abstract)
Roswitha HOFMANN, Doris ALLHUTTER, WU Wien bzw. ITA/ÖAW, Wien
Hindernisse für partizipatives Technology Assessment in der Forschungs- und Technologiepolitik (Abstract/Folien)
Erich GRIESSLER, IHS, Wien
Partizipation als Laborexperiment - Deliberationsverfahren im Zeitalter der Technowissenschaften (Abstract/Folien)
Alexander BOGNER, ITA/ÖAW, Wien
Produktive Illusionen - Zur Wissenssoziologie reflexiver Technikregulierung (Abstract)
Alfons BORA, IWT, Univ. Bielefeld
Science Assessment - TA zwischen Reflexivierung von Wissenschaft und reflexiver Wissenspolitik (Abstract/Folien)
Stefan BÖSCHEN, Univ. Augsburg
Technoscience als Chance und Herausforderung einer prospektiven TA (Abstract)
Wolfgang LIEBERT, Jan C. SCHMIDT, TU Darmstadt
Wege aus dem Collingridge-Dilemma? Monitoring in der Innovations- und Technikanalyse (Abstract/Folien)
Norbert MALANOWSKI, Dirk HOLTMANNSPÖTTER, VDI Technoologiezentrum GmbH, Düsseldorf
Anticipatory Technology Assessment: Forcierung von Neurotechnologien durch Technology Assessment (Abstract)
Petra SCHAPER-RINKEL, ARC, Wien
Vorsicht, Zug fährt ab! Frühe TA am Beispiel der synthetischen Biologie (Abstract)
Markus SCHMIDT, IDC, Wien