Technikfolgenabschätzung zwischen Inter- und Transdisziplinarität, Siebte österr. TA-Konferenz, 4. Juni 2007, Wien

The world has problems – universities have departments. Diesem viel zitierten Spruch zufolge gibt die disziplinär organisierte Wissenschaft keine befriedigenden Antworten auf gesellschaftlich relevante Fragen. Dem setzt die TA ihren interdisziplinären Ansatz entgegen. Das bloße Nebeneinander einzelner Expertenaussagen aus meist inkompatiblen Perspektiven gilt demnach nicht mehr als problemadäquat. Komplexe Themen wie Umwelt- und Gesundheitsrisiken (z. B. Klimawandel, Elektro-Smog), sozioökonomische Aspekte fortschreitender Technisierung (z. B. Zwei-Klassen-Medizin, digital divide) oder Herausforderungen für unser Selbstverständnis (z. B. durch Hirnforschung und Genomik) sind Querschnittsmaterien. Interdisziplinarität verspricht, wissenschaftliche Sichtweisen über die Grenzen einzelner Disziplinen hinweg zu verbinden und ein Bild entstehen zu lassen, das mehr ist als die Summe der Einzelbefunde.

Heute stößt das Gebot der Interdisziplinarität aber gerade dort an Grenzen, wo ein vertiefter Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gefordert und relevante Expertise auch außerhalb der Wissenschaft vermutet wird. Mit dem Schlagwort der "Transdisziplinarität" verbindet sich im gängigen TA-Verständnis die Forderung, außerwissenschaftliche Expertise frühzeitig in den Forschungsprozess zu integrieren. Dies trifft sich mit Bestrebungen in der TA, Formen demokratischer Technikbewertung mit Blick auf die Einbeziehung von Stakeholdern und Laien methodisch weiter zu entwickeln und im Methodenkanon zu verankern.

In der Praxis stellt sich für TA die Frage nach Strategien und Hindernissen für die Realisierung von Inter- bzw. Transdisziplinarität. Konkrete Herausforderungen bestehen darin, verschiedene Rationalitäten und Sichtweisen aufeinander zu beziehen und Querschnittsthemen in einer Form zu bearbeiten, die wissenschaftlichen Standards genügt.

Für die TA'07 waren daher insbesondere folgende Fragestellungen von Interesse:

  • Welche Wege werden in der TA gegangen, um die Ansprüche von Inter- bzw. Transdisziplinarität zu erfüllen?
  • In welchem Verhältnis stehen Inter- und Transdisziplinarität zueinander? Welchen Stellenwert haben sie in unterschiedlichen Anwendungskontexten?
  • Wie geht die TA mit dem erhöhten Vernetzungsaufwand um, der sich aus inter- und transdisziplinären Arbeitsformen ergibt?
  • Welche Rolle spielen partizipative Verfahren der TA bei der Umsetzung von Transdisziplinarität?
  • Wie steht es im Zusammenhang mit Inter- und Transdisziplinarität um den Wissenschaftlichkeitsanspruch von TA? Welche Kriterien der Qualitätssicherung gibt es?

Vorträge

Vorträge

Interdisziplinarität live: Technikbewertung als kommunikativer Prozess in Ethikkommissionen (Abstract)
Alexander BOGNER

Die disziplinären Grundlagen moderner Wissenschaft. Zu Notwendigkeit und Grenzen von Inter- und Transdisziplinarität (Abstract)
Alfons BORA

(Nicht-)Wissenskonflikte: transdisziplinäre Validierungskontexte als Problem für Technikfolgenabschätzung (Abstract)
Stefan BÖSCHEN

Das „Inter“- im Transdisziplinären. Eine vernachlässigte Methodik? (Abstract)
Michael DECKER

Kooperationsmanagement transdisziplinärer Forschungsverbünde im TA-Bereich: Ergebnisse einer qualitativen Befragung an der TU Berlin (Abstract)
Hans-Liudger DIENEL, Jenny SCHMITHALS

Expertise – ein transdisziplinäres Selbstverständnis der TA (Abstract)
Richard FINCKH

Zwischen „schwacher“ und „starker“ Interdisziplinarität: Die Notwendigkeit der Balance epistemischer Kulturen in der Sicherheitsforschung zu neuen Technologien (Abstract)
Karen KASTENHOFER

Technologiebedingtes Wachstum – Eine interdisziplinäre Spuren- und Ursachensuche (Abstract)
Hermann KNOFLACHER, Tadej BREZINA

Transdisziplinarität revisited – Dekonstuktion eines Programms zur Demokratisierung der Wissenschaft (Abstract)
Sabine MAASEN

TA in der Lehre – Eine Studie zum Angebot TA-relevanter Themen an deutschsprachigen Hochschulen, erste Beobachtungen und deren Bedeutung für Inter- und Transdisziplinarität (Abstract)
Alfons BORA, Marc MÖLDERS

Alte Wege für neue Ziele? Überlegungen zu Stärken und Schwächen, methodischen Ähnlichkeiten und ungenützten Potenzialen von CTA und Lead-user Methode (Abstract)
Michael ORNETZEDER

Wann inter- und wann transdisziplinär forschen? (Abstract)
Christian POHL

Den informationstechnischen Wandel gestalten – Grundzüge einer transdisziplinären Perspektive (Abstract)
João PORTO DE ALBUQUERQUE, Edouard J. SIMON, Arno ROLF

Warum Technikfolgenabschätzung transdisziplinär sein soll. Information and Communication Technology Assessment [ICTA] (Abstract)
Celina RAFFL

Epistemische Folgen von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Zu einem transdisziplinär erweiterten Folgenspektrum in der Technikfolgenabschätzung (Abstract)
Judith SIMON

Zementierte Interdisziplinarität in TA (Abstract)
Mahshid SOTOUDEH

Was kann die TA von transdisziplinärer Forschung lernen? Ein transdisziplinäres Forschungsprojekt zur Standortsuche für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Abstract)
Michael STAUFFACHER, Thomas FLÜELER, Pius KRÜTLI, Roland W. SCHOLZ

Multidisziplinäres Systemdesign als integrierte Technikbewertung (Abstract)
Gerald STEINHARDT, Hilda TELLIOGLU

Definitionsdefizite von Multi, Inter- und Transdisziplinarität als Ursache für Qualitätssicherungsprobleme (Abstract)
Karsten WEBER, William DINKEL

Transdisziplinarität im Entscheidungsfindungsprozess. Das Beispiel nukleare Endlager (Abstract)
Antonia WENISCH