Phonetik

Der Fachbereich Phonetik beschäftigt sich mit der gesprochenen, menschlichen Sprache. Dazu gehören die Sprachproduktion, die Sprachwahrnehmung, und die Sprachsynthese. 

Untersuchungen zur Sprachproduktion beschäftigen sich sowohl mit der Analyse des akustischen Signals, des Sprachschalls, als auch mit Artikulationsbewegungen, zum Beispiel der Zunge oder Lippen. Unter anderem wird untersucht, wie verschiedene Laute einer Sprache oder Varietät erzeugt werden, wie diese sich von anderen Lauten, Sprachen oder Varietäten unterscheiden und wie diese zwischen Sprecher/innen variieren. Hierfür wird auch die Stimmqualität analysiert, zum Beispiel, ob jemand eine sehr knarrende oder behauchte Stimme hat.

Untersuchungen zur Sprachwahrnehmung (Perzeption) beschäftigen sich damit wie Hörer/innen aus dem akustische Sprachsignal verschiedene Laute "heraushören" und diese zu Wörtern zusammensetzen. Es wird untersucht welche akustischen Eigenschaften für Hörer/innen besonders relevant sind um bestimmte Laute und in weiterer Folge Wörter zu erkennen, aber auch welche akustischen Eigenschaften es Hörern erlauben Sprecher bestimmten Varietäten zuzuordnen.  

Die Sprachsynthese beschäftigt sich mit der künstlichen Nachbildung der menschlichen Stimme. Um ein Stimmmodell zu erstellen, werden akustische Aufnahmen analysiert und mit Methoden des maschinellen Lernens verarbeitet. Unsere Forschung entwickelt neue Methoden für die Sprachsynthese von Varietäten und untersucht die Ergebnisse auf Sprachverständlichkeit und empfundene Natürlichkeit. Darüber hinaus werden Methoden der Sprachsynthese in innovativen Untersuchungen der menschlichen Sprachproduktion und Perzeption sowie in der Bioakustik angewendet.

Die Methoden der Phonetik sind vielfältig. Erhebungen werden sowohl im Labor als auch im Feld bei Gewährspersonen daheim oder am Arbeitsplatz durchgeführt. Je nach Fragestellung werden Messungen der Sprachproduktion mittels Tonaufnahmen (zur akustischen Analyse) oder Ultraschall (zur artikulatorischen Analyse) durchgeführt. Zudem kommen Videoaufnahmen, Gesichts-Tracking und elektroglottographische (EGG) Messungen (z.B. zur Stimmanalyse) zum Einsatz. Bei Untersuchungen zur Sprachwahrnehmung bekommen Proband/innen natürliche oder synthetisierte Sprachbeispiele zu hören (z.B. Laute, Silben, Wörter, Sätze) und werden gebeten anzugeben, welchen Laut oder welches Wort sie hören, wie "gut ein Wort" ausgesprochen ist, ob es sich um ein existierendes Wort handelt etc. Hierbei werden sowohl die Antworten als auch die Reaktionszeit gemessen. Messungen von Augenbewegungen, das heißt, auf welche Art von Referenten/Bildern die Hörer/innen schauen während sie Wörter oder Sätze hören, kann außerdem Aufschluss darüber geben wie das Sprachsignal in Echtzeit wahrgenommen wird.

Ziel unserer Forschung ist es zu verstehen, wie menschliche Sprache funktioniert, um so theoretische Modelle von Sprachproduktion und Wahrnehmung sowie linguistische Theorien zu testen und zu erweitern. Der Forschungsschwerpunkt der Gruppe ist hierbei "Österreichische Sprachvielfalt in Produktion und Wahrnehmung". Es werden Fragestellungen zu historischen und gegenwärtigen Änderungen in der Sprache, also Sprachwandel untersucht, aber auch Bereiche wie Sprachentwicklung in Erst- und Fremdsprache und Mensch-Maschine-Interaktion werden behandelt. 

Die Vielfältigkeit des Fachbereichs Phonetik führt zu zahlreichen Schnittstellen und Kooperationen mit den anderen Fachbereichen des Instituts. So bildet die Modellierung von Artikulationsbewegungen, akustischen Merkmalen von Lautkategorien oder der regionalen Verbreitung von Sprachvarietäten Schnittstellen zur Mathematik und zum Maschinellen Lernen. Die Bewertung von Sprachverständlichkeit in Geräusch verbindet Fragestellungen der Phonetik mit dem Fachbereich Numerik. Fragestellungen der kognitiven Verarbeitung von Sprache verbinden die Phonetik mit dem Fachbereich Hören, und Methoden der Modellierung von Sprachlauten können auf Tierlaute übertragen werden, wodurch Zusammenarbeit mit der Biologie entsteht.