Das hoch über dem Korinthischen Golf gelegene Aigeira ist eine der bedeutendsten antiken Stätten der Landschaft Achaia in der nordwestlichen Peloponnes. Geleitet von den Schriften des Pausanias unternahm Otto Walter hier in den Jahren 1916 und 1925 erste Ausgrabungen. Seit 1972 führt das ÖAI kontinuierlich die systematische Erforschung der antiken Stadt fort. Die Geschichte Aigeiras lässt sich nun mit Unterbrechungen vom mittleren Neolithikum (6. Jahrtausend v. Chr.) bis in das Mittelalter verfolgen.

Spätbronzezeitliche Siedlung und frühes Heiligtum auf der Akropolis

Von besonderer Bedeutung ist die am Ende der mykenischen Palastzeit um 1200 v.Chr. gegründete Siedlung, die in mehreren Phasen über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren bestand. Nach einer schweren Brandkatastrophe vermutlich um die Mitte des 12. Jahrhunderts v. Chr. wurde unmittelbar über den Ruinen eine Nachfolgesiedlung errichtet und mit einer massiven Befestigungsmauer umgeben. Diese Befestigung, die auf ein erhöhtes Schutzbedürfnis der Bewohner Aigeiras schließen lässt, ist ein für die späte Phase der Bronzezeit außergewöhnliches Phänomen, das auf der Peloponnes bislang ohne Parallele bleibt.

Wie zahlreiche andere Siedlungsplätze wurde auch Aigeira im Laufe des 11. Jahrhunderts v. Chr. aufgegeben. Eine erneute Nutzung des Ortes lässt sich erst um die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. mit der Gründung eines Heiligtums auf der Akropolis fassen. Unter den zahlreichen Funden aus dem Heiligtum ist ein aufwendig gestaltetes korinthisches Dach, das zu einem spätarchaischen Tempel gehörte, besonders erwähnenswert.

Die späteste Nutzung der Akropolis reicht, wie Münz- und Keramikfunde zeigen, bis in das 12. Jahrhundert n. Chr. In diese Zeit gehört vermutlich auch die erneute Befestigung mit einer aus antiken Spolien errichteten Umfassungsmauer.

Hellenistisches Gästehaus und Münzhortfund

Auf einer Terrasse unmittelbar nördlich unterhalb der Akropolis kam ein um die Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. errichteter, mit einem aufwendigen Mosaik ausgestatteter Gebäudekomplex zutage, der vermutlich als Gästehaus für offizielle Gesandtschaften diente. Im Laufe seiner Nutzung bis in das 1. Jahrhundert v.Chr. hinein erfolgten mehrere Umbauten und Erweiterungen, bis der Komplex eine Fläche von beinahe 1.000 m² einnahm.

Ein außergewöhnlicher Fund aus dem Gästehaus ist ein aus fast 600 Silbermünzen bestehender Münzschatz, der vermutlich im Zuge des Überfalls durch die Aitoler im Jahr 219 v.Chr. vor den Angreifern unter dem Fußboden des Gebäudes versteckt wurde.

Eine Stadt des Achäischen Bundes

Die große Blütezeit Aigeiras liegt ohne Zweifel im Hellenismus. Die bis dahin überschaubare Kleinstadt wurde dank eines umfangreichen, wahrscheinlich aus Mitteln des Achäischen Bundes finanzierten Bauprogramms um das 14-fache vergrößert.

In diese Zeit fallen die Gründung zahlreicher neuer öffentlicher Gebäude sowie der Bau eines Aquädukts und einer rund 3.000 m langen Befestigungsmauer rund um die Stadt. Mehrere ab der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. in unmittelbarer Umgebung des Theaters errichtete Gebäude – unter anderem ein Peripteraltempel und zumindest fünf kleine, als Naiskoi bezeichnete Gebäude – bilden eines der interessantesten Bauensembles hellenistischer Zeit auf der Peloponnes. Der Theaterbereich blieb bis in die mittlere römische Kaiserzeit eines der wichtigsten öffentlichen Zentren der antiken Stadt. Erst im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. wandelte sich seine Funktion durch die Aufgabe oder Umwandlung ehemals öffentlicher und religiöser Gebäude in Werkstätten.

Während die öffentlichen Bauten Aigeiras, insbesondere jene im Theaterbereich, gut erforscht sind, ist nur wenig über das Alltagsleben der fast 50 ha großen hellenistischen und römischen Stadt bekannt. Ihre Erforschung ist Ziel einer Kooperation mit dem griechischen Antikendienst.

 

Grabungsleitung

Laufzeit

seit 1972

Finanzierung

ÖAI