Die archäologische Erforschung des antiken Lousoi, die 1898/1899 einsetzte und seit 1981 kontinuierlich weitergeführt wird, bildet einen traditionellen Schwerpunkt im Forschungsprogramm der Außenstelle Athen des ÖAI. Hinsichtlich seiner diachronen Entwicklung und überregionalen Einordnung erweist sich Lousoi als archäologisch derzeit wohl bestuntersuchter Siedlungsplatz im antiken Nordwestarkadien.

Die Stadt liegt im Gebiet des antiken arkadischen Stammes der Azaner in einer kulturellen Kontaktzone zu den Landschaften Achaia und Korinthia im Norden der Peloponnes. Das antike Stadtgebiet, das zwischen 2015 und 2022 systematisch erforscht wurde, erstreckt sich über die ersten ansteigenden Geländeterrassen am Ostrand der allseits von Gebirgsketten umgebenen Hochebene von Soudena auf knapp 1.000 m Seehöhe. Für die gesicherte Bewirtschaftung der Hochebene, die als sedimentgefüllte Karstpolje lediglich über Schlucklöcher (Katavothren) unterirdisch entwässert, ist ihre hydrologische Beherrschung unabdingbar.

Bedeutender Faktor für die Entwicklung des Siedlungsplatzes war das altehrwürdige periurbane Heiligtum der Artemis Hemera, das 1895 auf einer exponierten Terrasse über einem markanten Felsabbruch lokalisiert wurde. Die erhaltenen Votivgaben zeugen davon, dass der Kultplatz zumindest ab dem 9. Jahrhundert v. Chr. bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. kontinuierlich frequentiert wurde. Jüngste Forschungen zum Kultgeschehen in geometrischer und archaischer Zeit untermauern, dass das Heiligtum bereits früh überregionale Bedeutung erlangte. Seine größte Blüte folgte in hellenistischer Zeit, wie die Errichtung eines teilweise in Marmor durchgebildeten hybriden dorischen Tempels und mehrerer Nebenbauten im Heiligtum verdeutlichen. Wettspiele zu Ehren der Artemis verliehen dem Heiligtum gar transmediterrane Strahlkraft.

Ebenfalls in die geometrische Zeit lässt sich die Geschichte eines Versammlungsplatzes zu gemeinschaftlichen Opfer und Mahlzeiten zurückverfolgen, der etwa 1 km südwestlich des Artemisheiligtums im flacheren Gelände entstand. Die am selben Ort aufeinanderfolgende Errichtung zweier früharchaischer Apsidenbauten, eines nur ausschnittsweise bekannten spätarchaischen Kultbaus und eines archaisierenden Ringhallentempels hellenistischer Zeit belegt über Jahrhunderte hinweg die Kontinuität dieses Platzes. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu entstand die Agora der Polis. Ähnlich wie an anderen Kultorten der griechischen Welt illustriert die Bau- und Nutzungsgeschichte dieses Platzes somit die zentrale Bedeutung gemeinschaftlicher sakraler Versammlungen für die Herausbildung der griechischen Poliskultur. Im archäologischen Fundmaterial kommt die enge funktionale und räumliche Verflechtung von Kult und Politik beispielhaft an einem Fundkomplex von vier bronzenen Proxenie-Inschriften aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. zum Ausdruck, die im südlichen Pteron des hellenistischen Tempels gefunden wurden.

Den bemerkenswerten Aufschwung zu einer wohlhabenden Kleinstadt, den Lousoi im Verlauf des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. erlebte, veranschaulichen neben den umfangreichen Bauprogrammen an den traditionellen Kult- und Versammlungsplätzen die bislang bekannten öffentlichen Profanbauten und privaten Wohnhäuser. Ab der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. diente eine zweischiffige Stoa mit beidseitigen Kopfbauten als westliche Begrenzung der Agora und wohl auch als Platz politischer Versammlungen. Zwei wohlausgestattete Wohnhäuser auf den kleinräumigen Terrassen im ansteigenden Terrain im nördlichen Stadtbereich belegen exemplarisch, dass auch die Wohnkultur den zeitgenössischen hellenistischen Standards durchaus entsprach.

Trotz der Machtverschiebung von Lousoi in das benachbarte Kleitor am Beginn der römischen Kaiserzeit belegen Funde und Befunde eine kontinuierliche Nutzung von Teilen des Stadtgebietes bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. Zwei Gräber des 5. und 6. Jahrhunderts n. Chr.mit repräsentativen Beigaben lassen erahnen, dass auch die großräumigeren Siedlungsdynamiken dieser Zeit bis in die Hochebene von Lousoi ausstrahlten.

Grabungsleitung

Laufzeit

Finanzierung

  • ÖAW-ÖAI
  • FWF (P 30095-G26 und P 31801-G25)