16.09.2019

Forschungshypes und „heiße Themen"

Wer entscheidet, wozu geforscht wird? Wann ist ein Thema förderungswürdig, wann nicht? Das hat ITA-Expertin Karen Kastenhofer gemeinsam mit internationalen ForscherInnen jüngst diskutiert, und dabei abseits von Disziplinengrenzen etliche Gemeinsamkeiten entdeckt.

Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um ein Forschungsthema zu wechseln? Oder bleibt man besser doch dran? Diese Frage zu beantworten ist komplexer als man denkt.

Karen Kastenhofer, die am ITA seit zehn Jahren zum Thema Systembiologie forscht, formuliert es so: „Die Forschungslandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Während früher in traditionelle Grundlagenforschungsfelder investiert wurde, gibt es heute vermehrten Einfluss von Forschungshypes. Das bedeutet, innovative ‚Buzzwords‘ werden neu lanciert, neue Forschungsthemen werden positioniert. Es gibt Geld dafür, und nach fünf Jahren ist es wieder vorbei mit der Förderung. Da müssen wir uns als WissenschafterInnen fragen: Wie können wir in unserer Forschung eine gewisse Tiefe erreichen, und wann ist es tatsächlich Zeit, sich neuen Schwerpunkten zu widmen?“

Unabhängige Forschung erhalten

Auf der Oslo-Konferenz der "International Society for the History, Philosophy and Social Studies of Biology" hat Kastenhofer darüber mit ihrer Forschungspartnerin Niki Vermeulen (Universität Edinburgh) sowie ExpertInnen aus Geschichte, Philosophie, Soziologie und Technikfolgenabschätzung diskutiert. Als Fallbeispiel diente die Systembiologie, eines jener neuen Forschungsfelder, das zuletzt Ziel nationaler wie internationaler Förderprogramme war, bevor es von anderen Themen wie synthetischer Biologie oder künstlicher Intelligenz abgelöst wurde.

„Diese Problematik ist für alle relevant, auch wenn HistorikerInnen und PhilosophInnen auf ganz anderen Wegen zu einem Forschungsthema gelangen als etwa wir aus der Technikfolgenabschätzung (TA). Für die TA ist es bloß besonders brisant. Unsere Aufgabe ist es ja, ein gesellschaftsrelevantes Thema für Politik und Öffentlichkeit aufzubereiten, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen. Dafür braucht es die Unabhängigkeit von situativen Hypes und medialer Eigenlogik“.

Veranstaltungstipp

Karen Kastenhofer nimmt am 16. Oktober gemeinsam mit Heinz Faßmann (Ex-Bundesminister für Bildung, Wissenschafft und Forschung), Monika Maria Kurath (Universität St.Gallen) und Alice Vadrot (Universität Wien)
an der Podiumsdiskussion "Steigende Ansprüche, sinkende Akzeptanz: Die Wissenschaft in der Vertrauenskrise?" teil.

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Von: Denise Riedlinger