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Tag der FamilieDemographie

So leben Familien in Österreich

Patchwork oder Kernfamilie? Kinder oder keine Kinder? Home Schooling oder Home Office? ÖAW-Demograph:innen beantworten anlässlich des Tags der Familie die häufigsten Fragen zu dieser Beziehungsform.

15.05.2025
Die meisten Familien in Österreich bestehen aus verheirateten, heterosexuellen Paaren mit Kind(ern).
© Adobe Stock

2,5 Millionen Familien leben aktuell in Österreich. Am Tag der Familie klären ÖAW-Demograph:innen Isabella Buber-Ennser, Caroline Berghammer und Bernhard Binder-Hammer vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auf: Wie leben Familien in Österreich wirklich? 

Was verstehen wir unter dem Begriff Familie?

Meistens beschreibt der Begriff Familie ein Paar mit oder ohne Kinder, oder eine aus mindestens einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende Lebensgemeinschaft. Aber es gibt eine Vielzahl an Definitionen von Familie. Einige sind stark forma­lisiert und setzen Verwandtschaftsbeziehungen (Eltern-Kind-Familie) voraus. Dabei muss es sich nicht um eine leibliche Elternschaft handeln, sondern Adoption, Stiefelternschaft oder Pflegeelternschaft können ebenfalls eine Familie begründen. Andere Definitionen fokussieren darauf, dass Familien bestimmte Funktionen erfüllen (z.B. Erziehung der Kinder, emotionale Stabilisierung). Grundsätzlich verbindet Familienmitglieder ein Verhältnis gegenseitiger Kooperation und Solidarität. 

Grundsätzlich verbindet Familienmitglieder ein Verhältnis gegenseitiger Kooperation und Solidarität.

Wie groß ist der Anteil von Familien mit Kindern im Vergleich zu Familien ohne Kinder?

Wenn wir Familien als Paare mit oder ohne Kinder bzw. Elternteile mit Kindern im selben Haushalt bezeichnen (wie dies eine übliche statistische Definition ist), so ergibt sich: Im Jahr 2024 gab es rund 2,5 Mio. Familien in Österreich. In mehr als der Hälfte der Familien lebte zumindest ein Kind (56%), während in knapp vier von zehn Familien (44%) kein Kind im Haushalt lebte. Es waren dies Paare, die verheiratet oder unverheiratet zusammenlebten, und die keine Kinder hatten, oder deren Kinder ausgezogen waren.

Welche Familienformen sind in Österreich derzeit am häufigsten vertreten?

In 1,4 Mio. Familien lebte zumindest ein Kind. Diese Familien mit Kindern teilten sich wie folgt auf (insgesamt 100%). Meist waren die Paare verheiratet (66%), unverheiratete Paare machten einen wesentlich kleineren Anteil aus, nämlich 13%. Zwei von zehn Familien waren Ein-Eltern-Haushalte, zumeist alleinerziehender Mütter mit Kindern (17%), weniger oft Väter in Ein-Eltern-Familien (4%).

Wenn wir nur Familien mit Kindern unter 15 Jahren betrachten, so zeigt sich ein ähnliches Bild: Verheiratete Paare mit Kindern machten den Großteil aus (68%), eine Lebensgemeinschaft mit Kindern war die zweithäufigste Form (19%). In 11% waren dies alleinerziehende Mütter, während alleinerziehende Väter nur eine kleine Gruppe umfassten (2%).

Wie hat sich die Zahl der Alleinerziehenden in Österreich in den vergangenen Jahren verändert?

Wenn wir Familien mit Kindern unter 15 Jahren betrachten, so zeigt sich: Im Jahr 2024 gab es rund 103.000 Ein-Eltern-Familien. Über einen längeren Zeitraum betrachtet ergibt sich allerdings ein Rückgang (2000: 125.000; 2010: 107.000).

Wie häufig sind Patchwork- oder Regenbogenfamilien im Vergleich zur klassischen Kernfamilie?

Knapp jedes zehnte Paar mit Kindern unter 15 Jahren im Haushalt ist eine Patchworkfamilie. Dabei bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen unverheirateten und verheirateten Paaren: Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind viel öfter Patchworkfamilien (2023 waren es rund 18%), während verheiratete Paare deutlich seltener als Patchworkfamilie zusammenleben (knapp 7%). (Statistik Austria)

Knapp jedes zehnte Paar mit Kindern unter 15 Jahren im Haushalt ist eine Patchworkfamilie.

Zu Regenbogenfamilien (Familien mit LGBTIQ+ Elternteilen und Kindern) gibt es für Österreich keine zuverlässigen Zahlen. In Deutschland liegen Schätzungen für das Jahr 2016 bei rund 10.000 gleichgeschlechtlichen Paaren mit zumindest einem Kind. Diese Zahl ist als untere Grenze anzusehen, da getrenntlebende oder alleinerziehende lesbische und schwule Eltern nicht enthalten sind. Wenn man von einer ähnlichen Situation in Österreich ausgeht und berücksichtigt, dass in Deutschland im Jahr 2024 neunmal so viele Menschen lebten wie in Österreich (83,4 Mio. gegenüber 9,2 Mio.), so ist von zumindest 900 Regenbogenfamilien in Österreich auszugehen.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Bundesländern hinsichtlich der Verteilung der Familienformen?

Der Blick auf Familien mit Kindern unter 15 Jahren zeigt: Im Jahr 2024 machten in allen Bundesländern verheiratete Paare mit Kindern den Großteil aus (68%). Etwas häufiger war diese Familienform in Oberösterreich (74%), Vorarlberg (73%) und Salzburg (72%). Vergleichsweise geringer war ihr Anteil in Kärnten (61%) und in der Steiermark (62%). In diesen beiden zuletzt genannten Bundesländern wurden mehr unverheiratete Paare mit Kindern gezählt (26% bzw. 25%). Auch bei Familien alleinerziehender Mütter gab es deutliche Unterschiede: So war diese Gruppe in Wien und im Burgenland mit 18% bzw. 15% vergleichsweise groß, in Oberösterreich mit 8% vergleichsweise klein.

Wie unterscheiden sich die Familienformen in Österreich von denen in anderen europäischen Ländern?

Das Statistikamt der EU (Eurostat) veröffentlicht für EU-27 Zahlen zu Haushalten und Lebensformen. Einige Eckdaten zu Familien mit Kindern unter sechs Jahren: Im Jahr 2024 gab es in den EU-27-Ländern insgesamt 18,7 Mio. Haushalte mit Kindern unter sechs Jahren. Darunter machte der Anteil der Alleinerziehenden 9% aus. Österreich lag mit 7% unter dem Durchschnitt der EU-27 Länder Vergleichsweise wenige Haushalte mit Alleinerziehenden gab es in Ungarn, Schweden, Kroatien und Zypern (jeweils 3%), während Alleinerziehende sehr häufig in den baltischen Ländern Estland, Litauen und Lettland (32%, 25% und 22%) waren.

Welche Aufgaben fallen unter den Begriff unbezahlte Care-Arbeit – und wie sind sie zwischen den Familienmitgliedern verteilt?

Unter unbezahlter Care-Arbeit wird Hausarbeit, Kinderbetreuung und die Pflege älterer Angehöriger verstanden, wobei die Hausarbeit in der Gesamtbevölkerung den bei weitem größten Anteil ausmacht. Die rezente Zeitverwendungserhebung (durchgeführt von der Statistik Austria) aus den Jahren 2021/22 zeigt, dass fast alle Menschen in Österreich unbezahlte Care-Arbeit verrichten, dass diese aber sehr ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt ist. In Paaren verrichten Frauen rund zwei Drittel (65%) der Hausarbeit, Männer rund ein Drittel (35%).

In Paaren verrichten Frauen rund zwei Drittel (65%) der Hausarbeit, Männer rund ein Drittel (35%).

Frauen kochen, waschen und putzen viel häufiger als Männer, während diese eher für Reparaturen zuständig sind (welche allerdings vergleichsweise wenig Zeit in Anspruch nehmen). Am stärksten ausgeglichen zwischen Frauen und Männern sind die Tätigkeiten Einkaufen und Gartenarbeit. Auch die Kinderbetreuung wird überwiegend von Frauen übernommen: wenn sie Kinder unter 18 Jahre haben, verbringen Frauen rund zwei Stunden am Tag (1:58) mit aktiver Kinderbetreuung (Hauptaktivität), Männer rund eine Stunde (00:53). Damit erledigen Frauen also rund zwei Drittel der Kinderbetreuung, Männer rund ein Drittel.

Wie hat sich die Verteilung der Hausarbeit und Kinderbetreuung durch Home Office verändert?

Erste Studien aus Österreich zur Zeit nach der COVID-19-Pandemie deuten darauf hin, dass Homeoffice zu einer gleichberechtigteren Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung beitragen kann. Die bisherige Forschungslage ist jedoch noch begrenzt. Internationale Befunde legen nahe, dass flexible Arbeitsformen insbesondere dann eine egalitärere Verteilung begünstigen können, wenn die Partner:innen egalitäre Einstellungen zu Geschlechterrollen haben.

Wieviel gibt der Staat für Familien aus?

Staatliche Ausgaben für Familien sanken im Lauf der letzten Jahrzehnte. Im Jahr 1995 wurden noch über 10 Mrd. Euro als Geldleistung an Familien ausbezahlt (inflationsbereinigt, in Preisen von 2023), im Jahr 2023 waren es weniger als 8 Mrd. Im Verhältnis zum BIP entspricht das einem Rückgang von 3.1% des BIP auf 1.7%. Der größte Bestandteil der Ausgaben für Familien waren im Jahr 2023 die Familienbeihilfe mit 3.8 Milliarden, der Kinderabsetzbetrag mit 1.4 Mrd. und das Kinderbetreuungsgeld mit 1.2 Milliarden.

Staatliche Ausgaben für Familien sanken im Lauf der letzten Jahrzehnte.

Zum Vergleich, Geldleistungen im Sozialschutzsystem „Alter“ stiegen im gleichen Zeitraum von 38 Milliarden (Preise von 2023) auf 62 Milliarden. Sachleistungen für Familien spielen in Österreich nur eine kleine Rolle, im Gegensatz zu anderen Ländern. Daher ist Österreich untern den EU-Ländern mit den höchsten Geldleistungen für Familien, bei den Gesamtausgaben im Sozialschutzsystem Familie ist Österreich aber nur im Mittelfeld: Die gesamten Ausgaben für Familie und Kinder entsprachen 2023 etwa 2 Prozent des BIP, nur etwas über dem EU-Durchschnitt von 1.8 Prozent. Die Ausgaben für Kindergärten sind in den letzten Jahren allerdings gewachsen: Von 2.1 Mrd. im Jahr 2012 auf 3.3 im Jahr 2022 (Preise von 2023), oder von 0.48% des BIP auf 0.68%.

Wie kommen Familien finanziell über die Runden?

Steigende Preise und die hohe Inflation Ende 2022 und Anfang 2023 führten zu einer deutlichen finanziellen Belastung der Menschen in Österreich. So kamen laut einer Erhebung im Rahmen des „Generations and Gender Surveys“ (2022/23) rund 15% der Befragten im jungen und mittleren Erwachsenenalter nur mit (großen) Schwierigkeiten mit ihrem monatlichen Einkommen aus. 43% konnten mit ihren finanziellen Ressourcen einigermaßen gut auskommen, und 36% konnten ihre täglichen Ausgaben (sehr) leicht bestreiten. Ein beträchtlicher Teil der Haushalte hatte somit Mühe, mit dem monatlichen Haushaltseinkommen über die Runden zu kommen – ein Problem, das vor fünfzehn Jahren noch weit weniger verbreitet war.

Din Drittel der Alleinerziehenden (33%) kam finanziell nur schwer über die Runden.

Bestimmte vulnerable Gruppen waren unverhältnismäßig stark belastet und berichteten häufiger über finanzielle Schwierigkeiten. Dazu gehörten junge Menschen, einkommensschwache Haushalte, Personen mit niedrigerem Bildungsniveau, Personen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Einwanderer:innen sowie Alleinerziehende. So kam ein Drittel der Alleinerziehenden (33%) finanziell nur schwer über die Runden, was in starkem Kontrast zu einem Anteil von 9 % unter kinderlosen Paaren steht.

 

AUF EINEN BLICK 

Isabella Buber-Ennser forscht seit 1996 am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und promovierte 2002 in Technischer Mathematik an der TU Wien mit einer Dissertation über Fertilität in Österreich. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich außerdem mit Zwangsmigration, sowie verschiedenen Aspekten des Alterns.

Caroline Berghammer hat 2010 an der Universität Wien in Soziologie promoviert. Von 2011 bis 2025 arbeitete sie am Institut für Soziologie der Universität Wien, zuletzt als außerordentliche Professorin. Seit 2025 leitet sie die Forschungsgruppe „Familie und Arbeitsmarkt“ am Institut für Demografie der Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW). 

Bernhard Binder-Hammer ist Bevölkerungsökonom am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Sein zentraler Forschungsschwerpunkt ist die Generationenökonomie. Dazu gehört die Analyse von Zusammenhängen zwischen demografischen Merkmalen und wirtschaftlicher Aktivität, sowie das Messen und die Analyse intergenerationeller Transferströme.