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Demographie

Wer macht den Haushalt im Homeoffice?

07.02.2025

Der aktuelle Trend zur flexiblen Arbeit verändert das Verhältnis von Beruf und Privatleben. In ihrem ERC-geförderten Forschungsprojekt untersucht die ÖAW-Soziologin Caroline Berghammer, wie sich das auf Partnerschaften auswirkt: Wie ist die Kinderbetreuung und die Hausarbeit aufgeteilt?

Wie wirkt sich das Home Office auf Familien, Partnerschaften und Geschlechterrollen aus?
© Adobe Stock

Die Pandemie hat in der Berufswelt vieles umgekrempelt. Plötzlich war flexibles Arbeiten im Homeoffice möglich. Die Soziologin Caroline Berghammer vom Institut für Demographie der ÖAW untersucht in ihrem Forschungsprojekt, welche Veränderungen diese „neue Normalität“ nach der Pandemie für Paare und Familien bedeutet.

Home Office in Österreich

Wie sehr hat sich Homeoffice in Österreich durchgesetzt?

Caroline Berghammer: Seit 2020 haben rund 30 Prozent der Erwerbstätigen die Möglichkeit auf Homeoffice. Was sich mittlerweile reduziert hat, ist das Ausmaß von Homeoffice, das oft auf wenige Tage in der Woche verdichtet wurde. Aber der Anteil derer, die Homeoffice machen dürfen, bleibt ziemlich stabil. 

Es haben vor allem die höher Gebildeten von dieser Veränderung der Arbeitswelt profitiert.

Wie sieht das in Bezug auf unterschiedliche Schichten aus?

Berghammer:  Ein zentraler Teil meines Projekts dreht sich um soziale und sozioökonomische Ungleichheiten. Homeoffice funktioniert besser bei nicht manuellen Tätigkeiten und bei solchen ohne Kund:innenkontakt. Und das sind eher Tätigkeiten, die höher gebildete Erwerbstätige ausüben. Nach der Pandemie ist die Schere deutlich auseinander gegangen. Es haben vor allem die höher Gebildeten von dieser Veränderung der Arbeitswelt profitiert. Das sehen wir in Österreich, aber auch in anderen Ländern.

Wie positioniert sich Österreich im Europavergleich?

Berghammer: Wir liegen mit 30 Prozent eher im oberen Bereich. Der EU-Durchschnitt ist bei 23 Prozent, wobei es ein starkes Gefälle gibt. Homeoffice ist in südeuropäischen oder in osteuropäischen Ländern kaum verbreitet. In den nordischen Ländern haben rund 50 Prozent der Erwerbstätigen Zugang zu Homeoffice. Der Spitzenreiter sind die Niederlande. Da sind 60 Prozent im Homeoffice. Das sind aber auch Länder, die ein sehr hohes soziales Vertrauen haben.

Auswirkungen auf die Familie

Was ändert Homeoffice an der Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung unter Paaren?

Berghammer:  Zentrale Ausgangspunkte meines Projekts sind, ob es das Potential gibt, traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen. Oder ob Frauen und Mütter die flexiblere Arbeitszeit im Homeoffice gerade in Ländern wie Österreich, die ohnehin eher traditionell sind, vor allem dafür nutzen, um ihre Erwerbstätigkeit an ihre Kinderbetreuungs- und sonstigen familiären Pflichten anzupassen, wie sie das ja auch mit Teilzeitarbeit bereits machen. Ergiebige Datenquellen dafür sind Zeitverwendungserhebungen, die von den statistischen Ämtern durchgeführt werden, also in Österreich von der Statistik Austria. Sie beinhalten mehrere Tausend Befragte, die über ein bis zwei Tage hinweg alle ihre Tätigkeiten auflisten sollten. Das sind zuverlässige Daten, wenn es darum geht, herauszufinden, wie viel Zeit jemand mit Kinderbetreuung oder Hausarbeit verbringt. Kümmert sich der Vater allein um die Kinder oder ist die Mutter auch anwesend? Kümmern sie sich gemeinsam? Es geht aber auch um Fragen der Arbeitszeit. Findet diese auch in den Abendstunden oder am Wochenende statt? Wir wollen auf europäischer Ebene untersuchen, wie die Pandemie den Arbeitsmarkt nachhaltig verändert hat.

Länder wie Frankreich haben das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit.

Welche Unterschiede gibt es in der EU?

Berghammer:  Länder wie Frankreich haben das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit. Das heißt, man ist außerhalb der Arbeitszeit nicht verpflichtet, berufliche Emails zu lesen und zu beantworten. Man muss auch nicht auf Anrufe reagieren. In Österreich gibt es andererseits wieder eine Pflicht zur Aufzeichnung von Arbeitszeiten. All das sind wichtige Aspekte in der Diskussion um flexible Arbeitszeit, gerade, wenn es um die Befürchtung geht, dass man mit dieser Entgrenzung von Beruf und Familie überfordert ist. Uns interessiert: Wie präsent ist die Erwerbsarbeit auch in der Freizeit? Wie hoch sind die psychischen Belastungen, dass man nicht mehr gut abschalten kann?

 

Auf einen Blick 

Caroline Berghammer leitet seit 2025 die Forschungsgruppe „Familie und Arbeitsmarkt“ am Institut für Demographie der ÖAW. Sie promovierte 2010 in Soziologie an der Universität Wien. In den Jahren 2006/07 besuchte sie die European Doctoral School of Demography am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock, Deutschland. Außerdem absolvierte sie kurze Forschungsaufenthalte an der Princeton University, der University of California, Berkeley, der University of Toronto und der University of British Columbia (Vancouver).

Das Projekt startet im Februar 2025 und ist ländervergleichend im EU-Kontext angelegt. Es bezieht rechtliche Regelungen in Bezug auf flexible Arbeit, Geschlechternormen und Arbeitswerte ein. Drei Bereiche werden dabei unter die Lupe genommen: (1) Familienzeit: Zeit mit Kindern und Partner:in; (2) Aufteilung von (un)bezahlter Arbeit: Kinderbetreuung, Hausarbeit, Erwerbsarbeit; (3) Geburten und Trennungen von Partnerschaften. Gefördert wurde es mit dem Programm des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC), es ist mit knapp zwei Millionen Euro dotiert und soll grundlagenorientierte Pionierforschung mit hohem Innovationspotenzial ermöglichen und vorantreiben.