05.04.2024 | Exoplaneten

Schillernde Himmelserscheinung auf einer höllischen Welt

Ein internationales Team mit Weltraumforscher:innen der ÖAW meldet in der Fachzeitschrift "Astronomy & Astrophysics" die Beobachtung einer seltenen Glorie auf dem fernen Planeten WASP-76 b - einer Lichterscheinung, die mithilfe des ESA-Weltraumteleskops CHEOPS damit nun möglicherweise erstmals auf einem Exoplaneten entdeckt wurde.

Künstlerische Darstellung der Glorie auf dem Exoplaneten WASP-76 b. © ESA/ATG, CC BY-SA 3.0 IGO

Dem europäischen Weltraumteleskop CHEOPS dürfte eine glänzende Entdeckung gelungen sein: Ein internationales Team, dem Astronom:innen des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehören, meldet die Beobachtung einer sogenannten Glorie auf dem fernen und höllisch heißen Exoplaneten WASP-76 b. Diese ringförmige, regenbogenartige Lichterscheinung tritt auf der Erde recht häufig auf, vor allem auf Gebirgsspitzen bei nebligem Wetter, ist aber auch gelegentlich aus dem Flugzeug in darunterliegenden Wolkenschichten zu sehen. Im Sonnensystem konnten Glorien bisher nur auf der Venus nachgewiesen werden - und nun möglicherweise erstmals auf einem Exoplaneten: dem 637 Lichtjahre entfernten WASP-76 b.

Einblicke in rätselhaften Exoplaneten

Die Daten von CHEOPS, dem empfindlichen Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zur Charakterisierung von Exoplaneten, und anderen Satelliten deuten darauf hin, dass sich zwischen der unerträglich heißen, sonnenbeschienenen Tagseite des Exoplaneten WASP-76 b und der endlosen, dunklen Nachtseite die erste exoplanetare Glorie befinden könnte. Der regenbogenähnliche Effekt tritt auf, wenn das Licht von Wolken reflektiert wird, die aus einer vollkommen gleichförmigen, aber bisher unbekannten Substanz bestehen. Jede Glorie ist einzigartig, abhängig von der Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten und den Farben des Sternenlichts, das auf ihn scheint. So erzeugen verschiedene Sterne Glorien mit unterschiedlichen Farben und Mustern. Eine Glorie tatsächlich beobachten zu können, ist jedoch schwierig. Der nahegelegene Stern des Planeten muss direkt auf ihn scheinen und der Beobachter - hier CHEOPS - muss genau richtig ausgerichtet sein.

Sollte sich diese erste extrasolare Glorie bestätigen, wird sie mehr über die Natur dieses rätselhaften Exoplaneten verraten. Bei der Datenanalyse kamen auch Wolken- und Atmosphären-Modelle der Weltraumforscher:innen der ÖAW zum Einsatz. „Es ist für einen Forscher wirklich aufregend, solche Wetterphänomene zu sehen. Ich bin schon sehr gespannt, was wir in Zukunft noch finden werden“, so Exoplanetenforscher Patricio Cubillos. Ludmila Carone pflichtet bei: „Es gibt noch so unglaublich viel über planetare Atmosphären zu lernen. Auf jeden Fall werden unsere 3D-Klima- und Wolkenmodelle bei künftigen Erkenntnissen eine entscheidende Rolle spielen.“

WASP-76 b: Höllisch heißer Jupiter

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2013 wird WASP-76 b intensiv untersucht und es hat sich ein bizarres, höllisches Bild seiner Atmosphäre ergeben. Eine Seite des Planeten ist immer der Sonne zugewandt und erreicht Temperaturen von 2400 Grad Celsius. Hier schmelzen und verdampfen Materialien, die auf der Erde Gestein bilden würden. An einem Rand dieser Tagseite ist auch die Glorie zu sehen. Die Tatsache, dass dieser Effekt nur an einer bestimmten Stelle auftritt und damit eine Asymmetrie erzeugt, hat die Wissenschaftler:innen verblüfft.

CHEOPS beobachtete WASP-76 b intensiv, während er vor seinem sonnenähnlichen Stern vorbeizog und diesen umkreiste. Nach 23 Beobachtungen über drei Jahre hinweg zeigten die Daten eine überraschende Zunahme der Lichtmenge, die von der östlichen Tag-/Nachtgrenze des Planeten ausging. Dies ermöglichte es den Wissenschaftler:innen, den Ursprung des Signals zu entschlüsseln und einzugrenzen.

Sollte sich der Glorien-Effekt durch zukünftige Beobachtungen bestätigen, ließe er auf das Vorhandensein von Wolken schließen, die mindestens drei Jahre lang bestehen oder ständig nachgefüllt werden. Damit solche Wolken erhalten bleiben, müsste auch die Temperatur und damit das Wetter des Planeten über die Zeit stabil sein - ein faszinierender und detaillierter Einblick in das, was auf WASP-76 b vor sich gehen könnte. Durch die Entdeckung derartiger Wolken-Phänomene in so weiter Ferne können Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen herausfinden, wie andere, ähnlich schwer messbare Erscheinungen erkannt werden können. Mit ultragenauen Messungen ließe sich zum Beispiel die Reflexion des Sternenlichts in flüssigen Seen und Ozeanen auf Exoplaneten nachweisen. Flüssiges Wasser ist eine Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen.

Je mehr wir über die verschiedenen Aspekte klimatischer Bedingungen und die Diversität der Zusammensetzung von planetaren Wolken erfahren, umso besser verstehen wir auch das Klima und den Einfluss von Wolken auf unserer Erde.

Bis dahin bedarf es noch weiterer Beweise, um schlüssig sagen zu können, dass es sich bei dieser faszinierenden Lichterscheinung um eine Glorie handelt. Folgebeobachtungen mit dem Weltraumteleskop James Webb könnten genau das leisten. Auch die bevorstehende ARIEL-Mission der ESA könnte diesen Beweis liefern und sogar weitere herrlich aufschlussreiche Farben finden, die von anderen Exoplaneten leuchten.

„Dabei ist es ein Anliegen unserer Arbeit am Institut für Weltraumforschung mit Computer-Modellen, die wir als virtuelle Laboratorien für extreme Wetter- und Wolkenbedingungen ferner Planeten anwenden, auch den Bogen zum Erdklima zu spannen. Je mehr wir über die verschiedenen Aspekte klimatischer Bedingungen und die Diversität der Zusammensetzung von planetaren Wolken erfahren, umso besser verstehen wir auch das Klima und den Einfluss von Wolken auf unserer Erde“, betont Instituts-Direktorin Christiane Helling, die auch die Exoplaneten-Forschungsgruppe „Wetter und Klima“ am Institut leitet.

Europäische Kleinmissionen

CHEOPS zählt zu den sogenannte Kleinmissionen (S-class missions) der ESA, die bereits im Weltraum getestete Technologie in einer neuen Mission vereinen, um so in kurzer Zeit einen kostengünstigen Satelliten möglichst risikofrei zu bauen. Diese Missionen bieten gerade kleineren Ländern wie der Schweiz und Österreich die Möglichkeit, sich – teilweise sogar federführend – an der Gestaltung und Umsetzung des Instrumentenbaus sowie der wissenschaftlichen Fragestellungen und Auswertungen zu beteiligen.

Solche Missionen haben immer einen spezifischen wissenschaftlichen Fokus, der bei CHEOPS in der Charakterisierung von bereits aus früheren Missionen bekannten erd- bis neptun-großen Exoplaneten um helle Sterne liegt. CHEOPS zeichnet sich dabei durch seine Langzeitstabilität und hohe Präzision aus, die es Wissenschaftler:innen ermöglicht, die Helligkeitsschwankungen, die die Planeten verursachen, wenn sie sich von uns gesehen vor den Stern schieben (Transit), sehr genau zu bestimmen. Diese Daten können dann genützt werden, um Massen, Radien aber auch unerwartete Atmosphärenphänomene zu studieren.

CHEOPS ist wissenschaftlich als Vorreiter für die zukünftigen ESA-Exoplaneten-Missionen ARIEL und PLATO zu sehen, an denen das Institut für Weltraumforschung der ÖAW ebenfalls beteiligt ist.