19.12.2023 | Weltraum

Neue Erkenntnisse über ultra-heiße Exoplaneten

Der schuhschachtelgroße Satellit CUTE nimmt ferne Welten außerhalb unseres Sonnensystems ins Visier. Zu einem davon, dem Exoplaneten WASP-189b, konnte ein internationales Team rund um Weltraumforscher:innen der ÖAW nun aufschlussreiche Beobachtungen machen.

Der heiße Exoplanet WASP-189b in einer künstlerischen Darstellung vor seinem noch heißeren, in blau erscheinenden, Mutterstern. © ESA

CUTE ist ungefähr so groß wie eine Schuhschachtel - aber nur von den Abmessungen her niedlich: Im Inneren des Satelliten Colorado Ultraviolet Transit Experiment steckt Hightech vom Feinsten. CUTE ist die erste von der NASA finanzierte CubeSat-Mission, die seit 2021 einen Blick auf ferne Welten außerhalb unseres Sonnensystems wirft, um die Leistungsfähigkeit dieser kleinen Raumfahrzeuge zu testen. „Obwohl es Anfangsschwierigkeiten gab, können sich die Resultate sehen lassen“, zeigt sich Luca Fossati vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der auch Mitglied im internationalen CUTE Science Team ist, begeistert. Nach den überwundenen Problemen zu Beginn der Misson funktioniere CUTE einwandfrei und habe die nominelle Missionsdauer bereits um ein Jahr überschritten, wie der Forscher ergänzt.

Dank CUTE konnten bereits bisher zahlreiche neue Daten über extrasolare Planeten gewonnen werden, die nach und nach ausgewertet werden. Unter anderem fand man so nun neue Details über WASP-189b heraus, einen der heißesten bisher bekannten Exoplaneten, wie die Forscher:innen in einer aktuellen, von Grazer Weltraumforscher:innen geleiteten Studie in der Fachzeitschrift „The Astrophysical Journal Letters“ berichten.

WASP-189b

Der Planet WASP-189b umkreist einen Stern im Sternbild Waage, der mehr als 300 Lichtjahre, also Tausende von Billionen Kilometern, von der Erde entfernt ist. Er hat eine Masse, die fast doppelt so groß ist wie die des Jupiters. Aber WASP-189b kreist auch viel näher an seinem Mutterstern - so nah, dass die Temperaturen seiner oberen Atmosphäre schwindelerregende 15.000 Grad Celsius erreichen, wie aus den Messdaten von CUTE hervorgeht. Damit ist die Temperatur deutlich höher, als Modellrechnungen vorhergesagt haben. Durch die Nähe zu seinem Stern, der mehr als 2.000 Grad Celsius heißer als unsere Sonne ist, erhält WASP-189b eine enorme Strahlungsmenge, die mit der Zeit ihren Tribut vom Planeten fordert. Bei diesen Temperaturen beginnen sich die Atmosphären heißer Jupiter wie ein Kugelfisch auszudehnen. Die Beobachtungen von CUTE deuten darauf hin, dass WASP-189b etwa 400 Millionen Kilogramm Masse pro Sekunde verliert. Die Ausdehnung ist so stark, dass auch schwere Elemente in die obere Atmosphäre gelangen können, die mit CUTE sichtbar gemacht wurden. „Wir konnten im Spektrum von CUTE eindeutig Eisen und Magnesium nachweisen“, so Fossati, der auch Mitautor der aktuellen Studie ist.

Heiße Welten im Visier

CUTE ist neben Hubble das einzige Teleskop, das diese Art von Spektraldaten derzeit liefern kann. Der Minisatellit befasst sich mit einem besonders heißen Thema der Astrophysik: Er hat sein Ultraviolett-Teleskop auf eine Reihe von „heißen Jupitern“ gerichtet, die teilweise Hunderte von Lichtjahren von der Erde entfernt sind. Diese Exoplanetengattung gehört zu den heißesten und unwirtlichsten Gesellen in der Galaxie. Das Missionsziel von CUTE ist es herauszufinden, wie die Atmosphären dieser und zahlreicher anderer exotischer, ferner Welten in den Weltraum entweichen. Forscher:innen vermuten schon seit langem, dass dieser ständige Druck der stellaren Strahlung die Atmosphären einiger Exoplaneten über Millionen bis Milliarden von Jahren abtragen könnte. Die Daten von CUTE deuten darauf hin, dass der Prozess möglicherweise nicht so einfach ist. Das CUTE-Team hat bisher sieben heiße Jupiter beobachtet und dabei festgestellt, dass einige von ihnen ihre Atmosphären zu verlieren scheinen, andere jedoch nicht.

Was uns Exoplaneten erzählen

Die Ergebnisse werden uns nicht nur viel über heiße Jupiter, sondern über die Entwicklung der gesamten Bandbreite der in der Galaxie existierenden Planeten sagen können. Dazu gehören auch kleine und felsige Welten wie die Erde und ihre nahen Nachbarn. Der Mars beispielsweise hat im Laufe von fast drei Milliarden Jahren ebenfalls einen Großteil seiner Atmosphäre verloren. “CUTE soll uns helfen herauszufinden, warum manche Planeten große Teile ihrer Atmosphäre verlieren, während andere weitgehend unverändert bleiben, und die Frage klären, welchen besonderen Platz die Erde in der Galaxie einnimmt“, betont Fossati. „Damit trägt CUTE gleich zu zwei der drei interdisziplinären Leading Science Drivers  des IWF in Graz bei, nämlich zur Frage nach der Diversität von Exoplaneten und zur Frage nach der Einmaligkeit unseres Heimatplaneten Erde“, ergänzt Institutsdirektorin Christiane Helling.

Internationale Kooperation

CUTE wurde am Laboratory for Atmospheric and Space Physics (LASP) der University of Colorado in Boulder, USA, entwickelt und gebaut. Das Grazer Institut für Weltraumforschung ist der wichtigste nicht-amerikanische Partner der Mission. Es lieferte den Datensimulator und die Datenreduktions-Pipeline und entwickelte die Software für die Datenanalyse. Der österreichische Beitrag zu CUTE wurde von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert. Weitere Projektpartner:innen im CUTE-Team stammen aus Arizona, Frankreich und den Niederlanden.

 

Auf einen Blick

Publikation

A.G. Sreejith et al.: CUTE reveals escaping metals in the upper atmosphere of the ultrahot Jupiter WASP-189b, Astrophys. J. Lett., 954, L23, 2023. 
DOI: 10.3847/2041-8213/acef1c