04.09.2024 | Wissen im Blog

Neues aus Eurasien

Ein großangelegtes Forschungsformat unter maßgeblicher Beteiligung der ÖAW beschäftigt sich seit knapp einem Jahr mit der Großregion Eurasien. Nun startet auch ein Blog, in dem die beteiligten Forscher:innen regelmäßig ihre interessantesten Ergebnisse vorstellen.

Die Großregion Eurasien. © AdobeStock

Der 2023 gestartete Exzellenzcluster „EurAsian Transformations“  untersucht den Großraum Eurasien aus unterschiedlichen Perspektiven, von imperialen Dynamiken und historischen Transformationsprozessen über kulturelle Fragen bis hin zu Aspekten der Mobilität, Migration und Identität. Nicht weniger als 30 Forscher:innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der Universität Wien, der Central European University und der Universität Innsbruck arbeiten in dem transdisziplinären Cluster zusammen, um zu einem besseren Verständnis dieser Großregion beizutragen.

Zu den wissenschaftlichen Leitern des Forschungsformates gehören die ÖAW-Mitglieder Oliver Jens Schmitt, Osteuropaexperte, und Robert Rollinger, Althistoriker. Im Interview erklären sie, warum man den Eurasia-Blog, der in der Online-Ausgabe der Tageszeitung Der Standard erscheint, unbedingt lesen sollte.

Jahrtausende unter der Lupe

Was steckt hinter der Idee des Eurasiens-Blogs?

Oliver Jens Schmitt: Unsere Exzellenzinitative beschäftigt sich mit Eurasien, einem riesigen Raum in einer weit ausgedehnten Zeitspanne von drei Jahrtausenden. Aus der Fülle der kulturellen Erscheinungen und gesellschaftlichen Dynamiken greifen wir Beispiele heraus und machen die Vergangenheit dieser gewaltigen Landmasse lebendig – wir zeigen dies an Gegenständen der materiellen Kultur, an Texten, an Orten und Landschaften sowie an Personen auf. Darüber hinaus wollen wir veranschaulichen, wie das Wissen über diesen Raum überhaupt entstanden ist und wie es in verschiedenen Epochen zu politischen Zwecken instrumentalisiert wird.

Blogs sind eine neue Gattung. Sie zwingen zu Kürze und Klarheit.

Warum eignet sich ein Blog besonders gut wissenschaftliche Erkenntnisse verständlich und interessant zu transportieren?

Robert Rollinger: Blogs sind eine neue Gattung. Sie zwingen zu Kürze und Klarheit und bieten die Chance, Forschungsfragen im Rahmen einer anschaulichen Erzählung zu vermitteln – nicht als abstrakte Theoriedebatte, sondern als Einstieg, der dazu anregt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Blogs verweisen daher immer auch auf einschlägige wie weiterführende Fachliteratur. Umgekehrt eröffnen die Eurasia-Blogs Forscherinnen und Forschern die Möglichkeit, ihre aktuellen Arbeiten nicht nur einem kleinen Kollegenkreis vorzustellen, sondern ganz neue Leserinnen und Leser zu gewinnen.

Über Quellen zu Ergebnissen

Die beteiligten Forscher:innen kommen aus den verschiedensten Disziplinen – können Sie Beispiele nennen?

Rollinger: Ein besonderes Augenmerk gilt den zahlreichen Quellensprachen, deren Erschließung die unerlässliche Basis jeden historischen Forschen darstellt, ganz gleich, ob es sich um Texte aus der fernen Vergangenheit oder um solche der Gegenwart handelt. Solche Texte stammen, um nur einige Beispiele zu nennen, aus Ostasien (Chinesisch, Tibetisch), Zentralasien (Tocharisch), Indien (Sanskrit), Vorderasien (Sumerisch und Akkadisch) oder aus Osteuropa (byzantinisches Griechisch, Altkirchenslawisch).

Wir leben in einer Zeit, in der diktatorisch regierte Staaten wie Russland oder China die Vergangenheit verwenden, um politische Ziele zu verfolgen.

Warum sind Eurasien und die Forschungsergebnisse für uns heute interessant?

Schmitt: Wir leben in einer Zeit, in der diktatorisch regierte Staaten wie Russland oder China die Vergangenheit verwenden, um politische Ziele zu verfolgen. In diesen Staaten ist eine freie Geisteswissenschaft kaum mehr möglich. Wir wollen Orientierung bieten, Wissen vermitteln, aber auch zeigen, wie dieses Wissen erarbeitet wurde und wo es aus welchen Gründen aus ideologischen Gründen hinterfragt oder gar verboten wird.