25.11.2022 | Säulen der Schöpfung

Mit dem James Webb Teleskop rücken die Tiefen des Alls näher

Das James Webb Weltraumteleskop sorgt schon kurz nach seinem Start für Sensationen. Zuletzt konnte mittels seiner Aufnahmen erstmals bei einem Exoplaneten Schwefeldioxid entdeckt werden. Und auch einem Klassiker der Astronomie haucht James Webb neues Leben ein: Das Weltraumteleskop hat kürzlich eine neue Aufnahme der “Kinderstube für Sterne” angefertigt, die schon durch Hubble-Bilder weltberühmt wurde. ÖAW-Weltraumforscher Luca Fossati erklärt, was die neuen Aufnahmen so wertvoll macht.

Die „Säulen der Schöpfung“ in noch nie gesehener Schärfe. Die Aufnahme wurde vom James Webb Weltraumteleskop 2022 angefertigt. Die Formation ist rund 7000 Lichtjahre von der Erde entfernt. © NASA/Joseph DePasquale (STScI), Anton M. Koekemoer (STScI), Alyssa Pagan (STScI)

“Die Säulen der Schöpfung sind ein sehr bekanntes Bild, weil die Wolken aus Staub und Molekülen, die darauf zu sehen sind, sehr beeindruckend aussehen. In den Säulen entsteht eine sehr große Zahl von neuen Sternen”, beschreibt Fossati das neue Bild der fingerförmigen Strukturen aus Gas und Staub, die jetzt deutlich besser zu erkennen sind als auf alten Aufnahmen des Hubble-Teleskops.

“Das Webb-Teleskop sammelt Licht im infraroten Bereich, das den Staub der Säulen zumindest teilweise durchdringen kann. Deshalb sind auf den Bildern Strukturen und Sterne zu sehen, die Hubble verborgen geblieben sind”, sagt Fossati, der die Forschungsgruppe "Exoplaneten: Charakterisierung und Evolution" am Grazer Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) leitet.

GIGANTISCHE EXPLOSION IM ALL

Die Säulen sind weit von der Erde entfernt, der Abstand beträgt rund 7.000 Lichtjahre. Die Ausdehnung der Finger ist entsprechend enorm. “Jeder kleine rote Punkt auf dem Bild hat etwa die Ausdehnung unseres Sonnensystems. Die Fingerstrukturen bestehen aus Material, das bei der Explosion von extrem massereichen Sternen ins All geschleudert wurde. Um diese enormen Strukturen zu schaffen, müssen viele dieser Riesensterne in wenigen Millionen Jahren explodiert sein”, sagt Fossati.

Die explodierenden Sterne haben ihre Eigenbewegung an das abgestoßene Material weitergegeben. Durch die Interaktion dieses gleichmäßig beschleunigten Materials mit interstellarem Gas sind die beeindruckenden, unregelmäßigen Fingerstrukturen entstanden.

GEBURT NEUER STERNE

Auf den Webb-Bildern sind Hunderte bis Tausende von Sternen zu erkennen. Junge Sterne scheinen auf dem Bild als rote, flauschige Bereiche auf. “Wir sehen hier viele Sterne, die gerade erst gebildet werden. Dieser Geburtsvorgang ist üblicherweise nicht leicht zu beobachten. Mit dem James Webb Teleskop können wir einzelne Lichtspektren messen und neue Daten über die Sternentstehung sammeln”, sagt Fossati. 

Weil das James Webb Teleskop hauptsächlich im Infrarotbereich operiert, werden die Bilder nachträglich eingefärbt, um eine eindrücklichere Präsentation der beobachteten Objekte zu ermöglichen. “Die Farben werden nachträglich eingefügt. Rot steht für kalt, blau und weiß für heiß”, erklärt Fossati. 

 

Auf einen Blick

Luca Fossati ist Leiter der Forschungsgruppe "Exoplaneten: Charakterisierung und Evolution" am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.