12.04.2023 | JUICE-Mission

Jupiters Eismonde bekommen Besuch aus Österreich

Der Jupiter Icy Moons Explorer (JUICE) ist eine Raumsonde der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die nun ihre Reise zu den Eismonden des Jupiters antreten wird. Mit an Bord ist auch Technik aus Österreich, unter anderem vom Institut für Weltraumforschung der ÖAW. Weltraumforscher Werner Magnes über die Möglichkeiten für Leben unter dem Eis und den weiten Weg zum Jupiter.

Juice bei einem Vorbeiflug des Eismondes Europa. Im Hintergrund ist Jupiter zusehen, der größte Planet des Sonnensystems. © ESA (acknowledgement: ATG Medialab)

Ganze acht Jahre wird es dauern, bis die Raumsonde, die vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana startet, ihr Ziel erreicht: den Jupiter. Oder genauer gesagt: Jupiters eisige Monde Ganymed, Kallisto und Europa. 

Die Sonde fliegt mit Know-How der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durch unser Sonnensystem: Das Institut für Weltraumforschung der ÖAW hat gemeinsam mit der TU Graz ein neuartiges Quanteninterferenz-Magnetometer entwickelt. Es soll die Magnetfelder des Jupitersystems präzise vermessen, um unter anderem die unterirdischen Ozeane der drei Eismonde genauer zu erforschen. Denn dort könnten möglicherweise die Voraussetzungen für Leben gegeben sein, erklärt Werner Magnes.

Auf der Suche nach Voraussetzungen für Leben

Was sind die Ziele von JUICE?

Werner Magnes: Jupiter hat drei Eismonde - Europa, Ganymed und Kallisto - auf denen es Wasser unter einer äußeren Eisschicht gibt. Dort könnten möglicherweise die Voraussetzungen für Leben gegeben sein. Mit JUICE wollen wir diese Welten genauer erforschen und mehr über die Größe und Zusammensetzung der Ozeane erfahren. Jupiter selbst bleibt natürlich auch ein interessantes Ziel, denn JUICE ist erst die dritte Mission, die den größten Planeten unseres Sonnensystems umkreisen wird.

Jupiter hat drei Eismonde auf denen es Wasser unter einer äußeren Eisschicht gibt. Dort könnten möglicherweise die Voraussetzungen für Leben gegeben sein."

Kann JUICE Leben finden?

Magnes: Nein, mit dieser Mission werden wir direkt kein Leben aufspüren. Wir müssen zuerst besser verstehen, wie die Verhältnisse auf den Monden sind und ob sie theoretisch überhaupt Leben hervorbringen könnten. Ob es tatsächlich Organismen in den Ozeanen unter dem Eis gibt, werden spätere Sonden klären.

Ankunft beim Jupiter im Jahr 2031

Wie sieht der Reiseplan für JUICE aus?

Magnes: Die Sonde wird acht Jahre lang unterwegs sein, bevor sie im Juli 2031 das Jupitersystem erreicht und dort dreieinhalb Jahre verbringt, mit mehr als 30 Vorbeiflügen an den drei Eismonden. Dabei kommt JUICE den Monden bis auf wenige hundert Kilometer nahe und kann sehr exakte Messungen von Magnetfeldern, Gravitationsfeldern und Strömungen von geladenen Teilchen in der Umgebung durchführen sowie die Oberfläche mit Kameras in verschiedensten Wellenlängenbereichen untersuchen. Am Ende der Reise wird JUICE für 12 Monate in eine stabile Umlaufbahn um Ganymed einschwenken und zu guter Letzt kontrolliert auf der Oberfläche zum Absturz gebracht.

Die Sonde wird dreieinhalb Jahre im Jupitersystem verbringen, mit mehr als 30 Vorbeiflügen an den drei Eismonden."

Warum hat man sich Ganymed als Hauptfokus der Mission auserkoren?

Magnes: Wenn es um die Möglichkeit von Leben im Jupitersystem geht, wird normalerweise Europa an erster Stelle genannt, vor allem weil es dort Hinweise auf Geysir-ähnliche Wasserdampffontänen gibt, die eine Analyse des Wassers und seiner Inhalte aus großer Distanz ermöglichen könnten. Aber Ganymed ist genauso spektakulär wie Europa und für Sonden zudem leichter zugänglich, weil die Strahlung weniger ausgeprägt ist und wir die Instrumente deshalb nicht so stark abschirmen müssen. Ganymed ist zudem der größte Mond im ganzen Sonnensystem und hat ein eigenes Magnetfeld. Er kann auch als Kleinplanet im Jupitersystem bezeichnet werden. JUICE wird unter anderem auch prüfen, ob auch Kallisto und Ganymed Geysire haben.

Das Launch-Event von JUICE im Live-Stream

Am 14. April 2023.

50.000 Arbeitsstunden für Magnetfeldsensor investiert

Was für Instrumente sind mit an Bord?

Magnes: Insgesamt sind 10 Instrumente an Bord. Es gibt Laserdistanz- und Radarinstrumente, mit denen die Oberfläche und die oberen Eisschichten vermessen werden und Sensoren, die das Gravitationsfeld bestimmen. Dazu kommen Spektrometer für die Untersuchung der Zusammensetzung der Oberflächen und Atmosphären von Jupiter und seinen Monden. Mein Team hat einen der drei Magnetfeldsensoren für das JUICE-Magnetometer gebaut, das am Ende eines zehn Meter langen Auslegers der Sonde positioniert ist. Die Sensoren müssen extrem robust sein und Temperaturen zwischen plus 90 und minus 180 Grad Celsius aushalten.

Die Sensoren müssen extrem robust sein und Temperaturen zwischen plus 90 und minus 180 Grad Celsius aushalten."

Was ist das Besondere am Magnetfeldsensor aus Österreich?

Magnes: Wir haben schon 2015 mit dem Bau des Grazer Magnetfeldsensors, der auf Quanteninterferenz basiert, angefangen. Die erste Version des Sensors ist bereits seit 2018 mit der chinesischen CSES-1-Mission unterwegs. Das Gesamtmagnetometer für die Jupitermission wird vom Imperial College in London koordiniert. Unser Sensor misst die Stärke von Magnetfeldern sehr genau. Die anderen beiden Magnetfeldsensoren können auch die Richtung der Felder analysieren. Um die benötigte Präzision zu erreichen, messen wir mit mehrfach moduliertem Laserlicht die Energieniveaus von Außenelektronen in Rubidium-87-Atomen. Diese sind von der Stärke des anliegenden Magnetfelds abhängig. Damit lässt sich eine Genauigkeit von einem 250.000stel des Erdmagnetfeldes erreichen. Das angewandte Messprinzip, das einer Atomuhr nicht unähnlich ist, wurde von Roland Lammegger (TU Graz) 2008 patentiert. Gemeinsam haben wir daraufhin das Gerät weltraumtauglich gemacht, wobei in Entwicklung, Bau und Test im Laufe der Jahre mehr als 20 Kolleg:innen mit verschiedensten Expertisen beteiligt waren. Da reden wir von insgesamt ca. 50.000 Arbeitsstunden.

Größe der Ozeane unter hunderte Kilometer dicker Eisschicht vermessen

Was kann man durch Magnetfeldmessungen über die Ozeane herausfinden?

Magnes: Die Eismonde bewegen sich durch das sich stark verändernde Magnetfeld des Jupiters. Dadurch werden im flüssigen Wasser unter dem Eis elektrische Ströme induziert, die ihrerseits Magnetfelder erzeugen. Unser Magnetometer ist so genau, dass es uns erlaubt, diese kleinen Felder zu messen und so Rückschlüsse auf den Salzgehalt der Ozeane zu ziehen. Je höher der Salzgehalt, desto stärker sind die Ströme und deren Felder. So lassen sich Informationen über die Größe der Wasserkörper unter dem Eis ermitteln, indem wir auch Daten aus der Messung des Gravitationsfeldes und anderer Instrumente an Bord von JUICE mit einbeziehen.

Wie dick ist die Eisschicht über den Ozeanen?

Magnes: Die Schichten sind bei Ganymed mehrere hundert Kilometer dick, aber es gibt trotzdem schon Pläne, wie man sie bei zukünftigen Missionen überwinden könnte. Etwa durch Sonden, die durch das Eis schmelzen. Wie der Aufbau der Eismonde im Inneren genau aussieht, wissen wir nicht. Hier wird uns JUICE hoffentlich neue, wertvolle Hinweise liefern.

Die Eisschichten sind bei Ganymed mehrere hundert Kilometer dick, aber es gibt schon Pläne, wie man sie bei zukünftigen Missionen überwinden könnte. Etwa durch Sonden, die durch das Eis schmelzen."

Die Reise zum Jupiter ist sehr lang. Ist es frustrierend, so lange auf die Früchte der eigenen Arbeit zu warten?

Magnes: In der Raumfahrt haben wir enorme Distanzen zu überwinden und damit auch lange Zeithorizonte. Die Rosetta-Mission war 10 Jahre unterwegs, bevor sie den Kometen Tschurjumow-Gerassimenko erreicht hat. Auch BepiColombo braucht Jahre, um den Merkur zu erreichen. Bei JUICE ist das ähnlich: Die Sonde muss mehrere Vorbeiflüge an Erde, Mond und Venus absolvieren, um eine höhere Geschwindigkeit und die notwendigen Kursänderungen zu erreichen. Mehr als die Hälfte des Startgewichts von 5,2 Tonnen sind Treibstoff und damit muss JUICE bis zum Ende der Mission auskommen. Die komplizierte Flugbahn mit den Vorbeiflügen ist ein notwendiger Kompromiss.

Welche Beiträge des Weltrauminstituts gibt es an Bord von JUICE noch?
Magnes: Wir sind insgesamt bei drei Instrumenten involviert. Wir haben das erwähnte Magnetometer gebaut, die Kalibrierung der Radiowellen-Empfangsantennen durchgeführt und sind - rein wissenschaftlich - beim Teilchenspektrometer beteiligt.

Schnell erklärt: Worum geht es bei der Mission zum Jupiter?

Die JUICE-Mission im Zeitraffer

 

Auf einen Blick

Werner Magnes leitet die Forschungsgruppe zu Weltraummagnetometern am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz.