17.03.2023 | Ferne Welten

Wie die Forschung den Mars in Augenschein nimmt

Wie die Bilder des Mars Rovers Perseverance interpretiert und visualisiert werden können, damit befasst sich eine aktuelle Publikation zur 3D-Visualisierung an der auch die ÖAW beteiligt ist.

3D-Rekonstruktion aus Stereobildern der Mastcam-Z Kamera von der Boston-Knob-Formation. © NASA/JPL/CalTech/MSSS/ASU/USGS/JR/VRVis/ÖAW

Seit der Mars Rover Perseverance am 19. Februar 2021 das erste Bild auf die Erde sandte, wird eine enorme Menge an (Bild-)Daten generiert. Diese gilt es von den Forschenden zu einem großen Ganzen zusammenzuführen, zu interpretieren und zu visualisieren. Wie man aus der Vielzahl an Daten naturgetreue 3D-Visualisierungen kreiert und welche Informationen man daraus gewinnen kann, ist allerdings hoch komplex. Gerhard Paar von DIGITAL - Institut für digitale Technologien der Joanneum Research, veröffentlichte kürzlich mit einem 19-köpfigen internationalen Forschungsteam einen umfangreichen State-of-the-Art Report über die missionsumspannende dreidimensionale Datenaufbereitung.

Besseres Verständnis von 3 Milliarden Jahren Marsgeschichte

Von österreichischer Seite sind für die 3D-Datenauswertung Joanneum Research und das Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis), dessen Forscher:innen das Visualisierungswerkzeug PRo3D entwickelt haben, sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) an der Mars-2020-Mission beteiligt. „Wir haben erstmals das Zusammenspiel der unterschiedlichen im Zuge der Mission verwendeten 3D-Werkzeuge und ihre Synergien untersucht und zusammengefasst“, erklärt Erstautor Gerhard Paar.

Als Grundlage für die Erzeugung von dreidimensionalen Bildern dienen eine am Mars-Rover angebrachte Stereobildkamera – die Mastcam-Z – und weitere Kameras, welche die Daten liefern. VRVis-Forscher Christoph Traxler erklärt den Stand der Technik: „PRo3D liefert für die geologische Interpretation notwendige Mess- und Visualisierungswerkzeuge und wird für die Produktion von Abbildungen in Publikationen sowie höchst-auflösende Videos verwendet, die auch für niederschwellige Wissenschaftskommunikation essenziell sind. Unsere Tools sind an Untersuchungen der Oberflächeneigenschaften des Marsbodens ebenso beteiligt wie an geologischen Analysen in Distanzen bis zu etwa 100 Metern.“

Die interaktive 3D-Rekonstruktion ermöglicht Planetenwissenschafter:innen eine realitätsnahe Erkundung und Analyse, die der im Feld nahekommt. Laut Christian Koeberl von der Universität Wien und der ÖAW wird damit ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis des Mars-Klimas der letzten drei Milliarden Jahre, der Geschichte und Rückbildung von Wasser auf dem Mars sowie der Erklärung geologischer Prozesse geleistet.

Rover-Navigation und Windrichtung

Insgesamt sind es an die 10 Bildverarbeitungstools, die bei diesem gigantischen länderübergreifenden Projekt im Einsatz sind und die die 3D-Modellierung und 3D-Visualisierung ermöglichen, einige davon sind öffentlich verfügbar. Damit lässt sich die Marsoberfläche aus den Bildern rekonstruieren und 3D-Datenprodukte mit unterschiedlichsten Informationen über die Marsoberfläche erstellen. Beispiele dafür sind Höhen- oder Entfernungskarten, die die 3D-Koordinaten jedes Punktes aufzeichnen. In Kombination mit Daten von anderen Sensoren oder Quellen – einschließlich 3D-Modellen von Satelliten – und in verschiedenen Maßstäben wird die Interpretation und Verortung der verarbeiteten Produkte zusätzlich verbessert.

Die dreidimensionalen Datenprodukte werden dann für die Navigation des Rovers, für die exakte Visualisierung der Marsoberfläche sowie für exakte räumliche Vermessungen verwendet – teilweise genauer, als das auf der Erde mittels GPS möglich ist. Aber auch für die Erkundung der vorherrschenden Windrichtung in unterschiedlichen Epochen ist die 3D-Modellierung ein wichtiges Hilfsmittel.