22.04.2021 | Auszeichnungen

Neue ERC Advanced Grants gehen an zwei ÖAW-Forscher

Experimentalphysiker Rudolf Grimm und Zellbiologe Daniel Gerlich werden mit je einem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates ERC ausgezeichnet. Forscher/innen der ÖAW konnten damit insgesamt bereits 60 hochrangige europäische Forschungspreise nach Österreich holen.

© ÖAW

Für etablierte Wissenschaftler/innen, die eine langfristige Finanzierung für herausragende Forschungsideen suchen, eröffnet ein ERC Advanced Grant vielfältige Möglichkeiten. Zwei Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wurden nun in der aktuellen Vergaberunde des European Research Council (ERC) für ihre bahnbrechenden und mutigen Projekte ausgezeichnet: Experimentalphysiker Rudolf Grimm vom Innsbrucker Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW sowie der Universität Innsbruck und Zellbiologe Daniel Gerlich vom IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der ÖAW.

In den kommenden fünf Jahren werden sie die quantenphysikalischen Mechanismen hinter Suprafluidität und Supraleitung weiter ergründen sowie Studien zu bisher wenig untersuchten Aspekten der Chromosomenbiologie durchführen.

Neue Generation quantenphysikalischer Experimente

Mit seinem Advanced Grant erforscht Rudolf Grimm neuartige Superfluide in ultrakalten sogenannten fermionischen Systemen. Es geht dabei um einen Quanteneffekt, der bei extrem tiefen Temperaturen auftritt: Suprafluidität. Darunter versteht man eine Eigenschaft von Stoffen, die bei tiefen Temperaturen jegliche innere Reibung verlieren. Die komplexen Mechanismen dahinter faszinieren Forscher/innen seit Jahrzehnten. Sie wurden bisher aber nur teilweise wissenschaftlich durchleuchtet.

„Unsere Arbeit wird zu einer neuen Generation von Experimenten an ultrakalten Fermionen führen“, ist Grimm überzeugt. Anhand einer Art Modellsystem, das ein ultrakaltes Atomsystem simuliert, kombiniert der Experimentalphysiker mit seinem Team Teilchen verschiedener Atomsorten und versucht so zu verstehen, warum Strömungen in diesem System reibungslos sein können. „Der ERC Grant bietet die fantastische Möglichkeit ohne finanzielle Sorgen und mit längerfristiger Perspektive in einem risikoreichen Projekt etwas völlig Neues zu erforschen“, so Rudolf Grimm, dessen Grant zu gleichen Teilen an der ÖAW und der Universität Innsbruck angesiedelt sein wird.

Von Schlaufen und Klammern

Daniel Gerlich wird sich mit seinem Advanced Grant der Erforschung eines grundlegenden, aber weitgehend vernachlässigten Aspekts der Chromosomenbiologie widmen. Der Zellbiologe möchte gemeinsam mit seinem Team herausfinden, wie replizierte Schwesterchromatiden, also die durch Verdopplung bei der Zellteilung auseinander hervorgegangenen Chromatiden eines Chromosoms, topologisch interagieren. Mit diesem Vorhaben verspricht er sich neuartige Perspektiven auf DNA-Reparatur und Genexpression, also dem regulierten Ablesen der Erbinformation.

Mithilfe neuer Markierungsmethoden und DNA-Sequenzierung wird untersucht, wie nach dem Kopieren der Erbinformation die zwei Schwesterchromatiden angeordnet sind und welche Rolle der Verpackungsvorgang der DNA bei der Zellteilung spielt. „Mit der von uns weiterentwickelten Methode können wir messen, wie sich diese Schwestermoleküle zueinander verhalten und wie die in Schlaufen gelegte DNA und die Klammern über die DNA funktionieren“, erklärt Gerlich. „Das Projekt eröffnet völlig neue Horizonte. Eine großzügige fünfjährige finanzielle Ausstattung bedeutet zudem viel mehr Flexibilität für die Umsetzung der Forschungsarbeit“, freut sich ÖAW-Forscher Daniel Gerlich.

Erfolgreiche Beteiligung der ÖAW

Beteiligt an einem weiteren ERC Grant ist auch Karlheinz Mörth, stellvertretender Direktor des Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der ÖAW, der in einem Projekt zu linguistischen Unterschieden in arabischen Sprachgemeinschaften mit Stephan Procházka vom Institut für Orientalistik der Universität Wien im Bereich der Digitalisierung zusammenarbeitet.

Mit den neuen Advanced Grants erhöht sich die Anzahl der seit 2007 an ÖAW-Forschende insgesamt vergebenen Preise des ERC auf 60 ERC Grants und 5 Proof of Concept Grants. An weiteren 10 ERC Grants war die Akademie maßgeblich beteiligt.

Insgesamt konnte die ÖAW bereits über 96 Millionen Euro an ERC-Förderungen nach Österreich holen. Die Akademie zählt bei der Zuerkennung der europäischen Forschungsförderpreise damit zu den erfolgreichsten Forschungseinrichtungen Österreichs.

 

Rückfragehinweis:

Sven Hartwig
Leiter Öffentlichkeit & Kommunikation
Österreichische Akademie der Wissenschaften
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