06.04.2023 | Biotech-Start-Up

Milliardenerfolg für ÖAW-Spin-Off

Bis zu 2,55 Milliarden Dollar will US-Pharmariese Merck in die österreichische Biotechnologie-Firma Proxygen langfristig investieren, eine Ausgründung der ÖAW.

Proxygen wurde von Forscher:innen des CeMM der ÖAW gegründet. © BIG/Sima Prodinger

Proxygen entwickelt Wirkstoffe, die das körpereigene Recycling in Zellen benutzen, um krankheitsrelevante Proteine gezielt abzubauen. Dafür nutzt das Wiener Start-Up sogenannte „molekulare Klebstoffabbauer“, die mit einer eigens entwickelten Screening-Methode identifiziert werden. Das soll zukünftig die bessere Behandlung schwerer oder sogar von bisher unbehandelbaren Erkrankungen möglich machen.

Das Unternehmen wurde vor drei Jahren als Spin-Off des CeMM - Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegründet. Nun konnte eine mehrjährige Forschungskooperation und Lizenzvereinbarung mit dem US-amerikanischen Pharmaunternehmen Merck Sharp & Dohme (MSD) abgeschlossen werden.

Der Konzern will insgesamt bis zu 2,55 Milliarden US-Dollar in die Ausgründung des ÖAW-Instituts investieren. „Fortschritte in unserem Verständnis von molekularen Klebstoffabbauern eröffnen spannende neue Wege bei der Suche nach neuen therapeutischen Mechanismen“, erklärt MSD-Vizepräsident Robert M. Garbaccio.

Gewinn für Forschungsland Österreich

„Die Milliardenförderung für Proxygen durch Merck ist ein Gewinn für das Forschungsland Österreich. Das Investment zeigt, dass sich Grundlagenforschung, wie sie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften betrieben wird, langfristig auszahlt. Neue Medikamente können entwickelt werden, neue Arbeitsplätze werden geschaffen. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie wir alle vom wissenschaftlichen Fortschritt profitieren“, bekräftigt ÖAW-Präsident Heinz Faßmann und ergänzt: „Ich gratuliere den ÖAW-Forschenden Georg Winter, Matthias Brand, Stefan Kubicek und Giulio Superti-Furga, die Proxygen gegründet haben, zu diesem großen Erfolg.“

Für Proxygen ist es bereits das zweite Investment durch ein etabliertes Pharmaunternehmen. Schon im Sommer 2022 investierte Merck 554 Mio. Dollar. Zwei Jahre zuvor ist Proxygen zudem eine Kooperation mit dem deutschen Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim eingegangen, das auch in Wien einen großen Standort hat.

Damit kann das ÖAW-Spin-Off positiv in die Zukunft blicken: „Wir freuen uns darauf, unsere innovative Plattformtechnologie und unsere einzigartige Expertise bei der Identifizierung neuartiger molekularer Klebstoffabbauer (Glue Degraders) mit den erstklassigen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von MSD zu kombinieren“, sagt Proxygen-CEO Bernd Boidol.

ÖAW-Spin-Offs heben ab

Proxygen ist eines von mehreren erfolgreichen Spin-Offs der ÖAW. In der Molekularbiologie wurde etwa heartbeat.bio mit Know-How des IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der ÖAW gegründet für die medizinische Anwendung der Organoidforschung.

Qtlab - Quantum Technology Laboratories wiederum setzt Anwendungen in der Quantenverschlüsselung um. Bei Alpine Quantum Systems AQT, einem Spin-off der Universität Innsbruck und der ÖAW, wird an der Realisierung von Quantencomputing gearbeitet. Über einen 208 Mio. Euro schweren Auftrag vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) konnte sich zuletzt die Tiroler Firma ParityQC freuen, ebenfalls ein Spin-Off von Universität Innsbruck und ÖAW, an dem Quantenrechner konstruiert werden.