Warum ist akustische Kommunikation für Tiere wichtig?

Angela Stöger: Akustische Kommunikation spielt für viele Tiere eine zentrale Rolle, weil sie eine schnelle und effektive Übertragung von Informationen über größere Entfernungen ermöglicht. Tiere – von Insekten über Vögel bis hin zu Walen – nutzen Laute, um verschiedene Informationen zu übermitteln, ähnlich wie wir Menschen. Dazu gehören zum Beispiel die Partnerfindung, das Abgrenzen von Territorien, die Koordination innerhalb sozialer Gruppen und die Warnung vor Gefahren. Akustische Signale sind besonders nützlich in Umgebungen, in denen visuelle oder chemische Signale weniger effektiv wären, zum Beispiel in dichten Wäldern, unter Wasser oder nachts. Wie bei Menschen ermöglichen diese Signale den Tieren, ihre Umwelt besser wahrzunehmen und ihre Überlebenschancen zu erhöhen.

Warum nutzen Tiere auch für Menschen unhörbare Frequenzen?

Stöger: Tiere nutzen unhörbare Frequenzen aus verschiedenen Gründen. Ein Teil hängt mit ihrer Anatomie zusammen: Große schallgebende Organe, wie sie etwa bei Elefanten oder Bartenwalen zu finden sind, können Infraschall erzeugen. Ein weiterer Grund ist die Anpassung an ihre Lebensweise. So verwenden einige Tiere, wie Fledermäuse oder Delfine, Ultraschall zur Echoortung, um ihre Umgebung zu erkennen oder Beute zu orten. Solche Signale sind für Menschen nicht hörbar, erfüllen aber wichtige Funktionen für das Überleben und die Kommunikation der Tiere.

Entstehung der Sprache

Was verrät Tierlautforschung über die menschliche Sprache?

Stöger: Da Sprachorgane keine Fossilien hinterlassen, können wir die Ursprünge der menschlichen Sprache nicht direkt untersuchen. Die Tierlautforschung ermöglicht uns jedoch, durch vergleichende Studien Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Sprache entstanden ist, wie sie sich entwickelt hat und warum Menschen eine so effiziente Form der Kommunikation entwickelt haben. Dabei zeigt sich, dass es sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede zu anderen Arten gibt: Wie Tiere nutzen wir Laute, um Informationen zu übermitteln, soziale Beziehungen zu gestalten oder auf Gefahren aufmerksam zu machen. Gleichzeitig unterscheidet sich die menschliche Sprache durch ihre enorme Flexibilität, Syntax und die Fähigkeit, komplexe, abstrakte Ideen zu vermitteln.

Elefanten kommunizieren teilweise über Infraschall, der für Menschen nicht hörbar ist und sich über viele Kilometer ausbreitet.

Wie unterstützt Ihre Forschung den Artenschutz?

Stöger: Ein sehr praktisches Beispiel für den Beitrag der Tierlautforschung zum Artenschutz sind Elefanten. Elefanten kommunizieren teilweise über Infraschall, der für Menschen nicht hörbar ist und sich über viele Kilometer ausbreitet. Durch passives akustisches Monitoring können wir diese Signale aufzeichnen und so Populationen, Wanderbewegungen oder Stressreaktionen erkennen, ohne die Tiere zu stören. Solche Systeme lassen sich auch als akustische Frühwarnsysteme einsetzen, etwa um Konflikte zwischen Elefanten und Menschen vorherzusagen oder Wilderei zu erkennen. Auf diese Weise liefert unsere Forschung nicht nur grundlegende Einblicke in das Verhalten der Tiere, sondern unterstützt aktiv deren Schutz und das Management ihrer Lebensräume.

Können wir Menschen Tiere irgendwann verstehen oder sogar mit ihnen reden? 

Stöger: Ich hoffe es!

Zur Person

Angela Stöger ist Wissenschaftlerin am Institut für Schallforschung der ÖAW. Die ausgezeichnete Biologin beschäftigt sich mit der akustischen Kommunikation von Säugetieren.