Keine Forschung, keine Antwort.

Der Axolotl hat Superkräfte. Und du?
Elly schaut hin und findet's raus.

Elly Tanaka, warum ist Grundlagenforschung in Genetik und Medizin unverzichtbar, selbst wenn praktische Anwendungen nicht sofort erkennbar sind?

Elly Tanaka: Weil die Geschichte der Molekularbiologie in den vergangenen 75 Jahren gezeigt hat, dass Ergebnisse aus der Grundlagenforschung langfristig und oft auf unvorhersehbare Art enorme Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und unsere Möglichkeiten haben, menschliche Krankheiten zu behandeln.

Wir möchten verstehen, wie das funktioniert und ob sich etwas davon auf den Menschen übertragen lässt.

Was macht den Axolotl zu einem so einzigartigen Modellorganismus für die Regenerationsforschung?

Tanaka: Der Axolotl hat einen Körperbau, der unserem sehr ähnlich ist. Er hat Arme, Beine, Finger – und die Gewebe dort ähneln unseren. Auf der einen Seite ist er also vergleichbar mit uns, aber er besitzt diese besondere Fähigkeit, die wir nicht haben: ganze Körperteile zu regenerieren. Wir möchten verstehen, wie das funktioniert und ob sich etwas davon auf den Menschen übertragen lässt. Besonders spannend ist, dass viele Gene zwischen Axolotl und Mensch sehr ähnlich sind. Wir vermuten, dass es weniger um die Gene selbst geht, sondern darum, wann sie ein- oder ausgeschaltet werden. Wenn wir das verstehen, könnten wir möglicherweise beeinflussen, wie menschliche Gene reguliert werden – und dadurch zum Beispiel die Wundheilung der Haut verbessern.

Nachbildung und Heilung

Wie nah sind wir daran, die molekularen Mechanismen zu verstehen, die es bestimmten Tieren erlauben, komplexe Körperteile nachzubilden?

Tanaka: Wir wissen bereits sehr viel. Wir kennen viele beteiligte Moleküle und Zelltypen, etwa Immunzellen. Aber es gibt noch offene Fragen. In unserem Labor arbeiten wir gerade an einem entscheidenden Aspekt: Wir wollen verstehen, wie bestimmte Zellen vermeiden, Narben zu bilden, und sich stattdessen in Stammzellen zurückverwandeln. Und natürlich, wie man diesen Prozess steuern kann.

Könnten die Erkenntnisse aus der Regenerationsforschung mit Axolotln eines Tages sogar zur Regeneration menschlicher Gliedmaßen führen?

Tanaka: Das ist natürlich eine Frage, die wir uns jeden Tag stellen. Vielleicht helfen uns die Ergebnisse zunächst, die normale Heilung zu verbessern – etwa bei Hautwunden. Ob es irgendwann möglich sein wird, ganze Gliedmaßen nachzubilden, ist schwer vorherzusagen. Aber es ist auf jeden Fall eine Vision, die uns antreibt.
 

Was begeistert Sie am meisten, wenn Sie an die Zukunft Ihres Fachgebiets denken?

Tanaka: Es gibt so viele spannende neue Technologien, die uns helfen, Prozesse in Zellen und Geweben besser zu verstehen. Regeneration ist ein hochdynamischer Vorgang: Nach einer Verletzung laufen unzählige Veränderungen gleichzeitig ab. Mit neuen Methoden können wir diese molekularen Veränderungen in komplexen Geweben sichtbar machen. Und durch moderne computergestützte Ansätze lassen sich diese Daten interpretieren. Dadurch gewinnen wir immer tiefere Einblicke – und können vergleichen, was in regenerierenden und nicht-regenerierenden Organismen passiert. Dieses Wissen von einem regenerierenden Tier auf ein nicht-regenerierendes zu übertragen, ist für mich die nächste große Herausforderung. Das ist wirklich sehr aufregend.

Zur Person

Elly Tanaka leitet das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Biochemikerin spezialisierte sich auf den Bereich der Regenerationsforschung, in deren Zentrum ein kleines, aber zugleich spektakuläres Tierchen steht: der Axolotl.

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