16.06.2021 | Soziales Engagement

Volunteering als Inklusions-Booster

Beim Sport und bei der Kultur kommen die Leute zusammen? Das gilt zumindest für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund, die sich gemeinsam in der Freiwilligenarbeit engagieren. Ein Jahr lang hat ein internationales Forschungsprojekt junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren in Europa begleitet, die als Volunteers tätig sind. Dabei hat sich gezeigt, wie viel Potential Freiwilligenarbeit für eine inklusive Gesellschaft hat, erklärt ÖAW-Wissenschaftlerin Ursula Reeger.

Junge Volunteers profitieren langfristig von ihrem freiwilligen Engagement. © Playtogethernow

Freiwilliges Engagement verbindet man oft mit karitativer Arbeit. Das internationale Projekt „VOLPOWER: Enhancing Community Building and Social Integration through Dialogue and Collaboration amongst Young Europeans and Third Country Nations” geht bewusst einen anderen Weg: Im Zentrum stehen Sport und Kultur. Ein Jahr lang wurde eine ausgewählte Gruppe an motivierten jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren (mit und ohne Migrationshintergrund) in Wien und in sechs weiteren europäischen Regionen bei ihrer Freiwilligenarbeit begleitet. Im Raum Wien wurde vor allem mit Organisationen kooperiert, die ihren Fokus auf Inklusion und Sport legen, wie die Vereine PlayTogetherNow und Miteinander am Berg. Die jungen Volunteers haben unterschiedliche Aufgaben und Funktionen innerhalb der Organisationen übernommen.

Teamplay lässt individuelle Stärken erkennen

„Uns war wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, praktische und soziale Fähigkeiten zu erwerben“, erklärt Wissenschaftlerin Ursula Reeger vom Institut für Stadt- und Regionalforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Sie war mit ihren ÖAW-Kolleginnen Astrid Mattes und Marie Lehner für das Projekt in Österreich zuständig. Neben neu erworbenen Social-Media-Skills und Coaching-Know-how, war es den jungen Volunteers auch möglich, ihre persönlichen Stärken zu erkennen und diese weiter auszubauen - Fähigkeiten, die sie auch über das einjährige Engagement hinaus brauchen können. „Dabei entstehen soziale Netzwerke, die auch für andere Lebensbereiche wichtig sein können“, so Reeger.

Spannend ist auch, dass sich spielerisch der Zugang zum Thema Migration ändert. „Beim Fußballspielen oder Klettern begegnen sich die jungen Erwachsenen auf Augenhöhe, lernen sich unabhängig von ihrer Herkunft als Teamplayer und als aktive Mitglieder der Gesellschaft kennen. Deshalb hat dieses Projekt enormes Potential in Sachen Inklusivität“, erklärt Reeger. Bei einem Workshop in Kroatien wurde ein österreichisches Gruppenmitglied aus Afghanistan zum ersten Mal als Österreicher angesprochen, erzählt die Migrationsexpertin: „Für ihn war das eine positive Erfahrung, die ihm noch nie passiert ist.“ Reeger betont aber auch, dass gerade in Wien Diversität für junge Menschen zunehmend zur Normalität gehört.

Von Zagreb über Wien bis Glasgow

In VOLPOWER arbeiten unter schottischer Leitung Wissenschaftler/innen und NGOs aus sieben EU-Staaten zusammen (Österreich/Wien, Kroatien/Zagreb, Schottland/Glasgow, Niederlande/Rotterdam, Slowenien, Malta und Südtirol). Das Projekt besteht nicht nur aus einem praxisorientieren Teil, sondern auch aus einer Online-Umfrage, bei der in Österreich 977 junge Menschen befragt wurden, was sie sich von freiwilliger Arbeit erwarten und welche Erfahrungen sie damit gemacht haben.

Laut unterschiedlichen Quellen waren in Österreich zwischen 29 und 46 Prozent der Bevölkerung bereits in Freiwilligenarbeit involviert. Dabei zeigt sich, dass Männer häufiger auf diesem Feld aktiv werden als Frauen. Erstaunlich gering sind die Unterschiede was Wohnort oder Arbeitsstatus betrifft. Sehr wohl gibt es aber thematische Unterscheidungen, was den ländlichen und urbanen Raum betrifft. So haben die Felder Bildung und Menschenrechte in Städten eine höhere Priorität, während am Land Jugendarbeit und Sport wichtiger sind.

Langfristige positive Auswirkungen für Volontäre

Aber auch die Langzeitwirkungen wurden erforscht: So zeigt sich, dass Volontäre sich selbst als kommunikativer und empathischer wahrnehmen als jene, denen diese Erfahrung fehlt. Sie haben zudem mehr soziale Kontakte und fühlen sich mehr verbunden und wertgeschätzt. VOLPOWER interessiert sich vor allem für die Relation zwischen Freiwilligenarbeit und sozialer Interaktion zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Ein Großteil von früheren Volontären betont, dass sich ihr Verständnis von anderen Kulturen verbessert habe. Es gibt diesbezüglich kaum negative Effekte. Deshalb, so die Conclusio der Forscher/innen, wäre es auch für die politischen Entscheidungsträger wichtig zu erkennen, welche Potentiale im Bereich der Freiwilligenarbeit liegen.

 

Auf einen Blick:

Förderung:

Das Projekt VOLPOWER wird finanziert von der Europäischen Kommission.

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