1918 war Ende und Anfang zugleich. Der Schlusspunkt des Ersten Weltkrieges im November setzte dem beispiellos grausamen Konflikt in weiten Teilen Europas zwar ein Ende. Doch auf dem europäischen Trümmerfeld kehrte damit noch keine Ruhe ein. Das Auseinanderbrechen von politischen Großmächten wie Österreich-Ungarn und des Osmanischen Reichs und der Untergang von Monarchien gingen Hand in Hand mit der Entstehung neuer Staaten und der Ausrufung demokratischer Republiken. Europa war vor 100 Jahren ein Kontinent im Umbruch.
Vermessung einer Zeitenschwelle
Zahlreiche Umwälzungen, die mit dem Jahr 1918 verbunden sind, wirken bis heute nach – von der politischen Landschaft Europas über die demokratischen Gesellschaftsordnungen bis hin zur Regelung von Minderheitenfragen. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) nimmt das 100-jährige Gedenken an 1918 daher zum Anlass, dieses Schicksalsjahr neu zu beleuchten. Bei der internationalen Konferenz „Vermessung einer Zeitenschwelle. Die Bedeutung des Jahres 1918 in europäischer und globaler Perspektive“ werden vom 3. bis 6. November 2018 rund 50 Redner/innen aus dem In- und Ausland an der ÖAW die jüngsten Erkenntnisse aus unterschiedlichsten Forschungsfeldern zum Jahr 1918 zur Debatte stellen.
Perspektiven von Siegern und Besiegten
Gemeinsam spannen sie einen breiten inhaltlichen Bogen auf, der die Bewältigung des kollektiven Kriegstraumas ebenso umfasst wie die Umwandlung von Imperien in Kleinstaaten und die damals neu belebte Idee eines großen Staatenbundes. Zur Sprache kommen dabei sowohl Stimmen und Perspektiven aus den Ländern der ehemaligen Siegermächte als auch aus denen der Besiegten und ihrer Nachfolgestaaten.Zum Auftakt der viertägigen Konferenz stellt John Horne, Leiter des Centre for War Studies am Trinity College Dublin, in seiner Keynote Lecture die Frage: „When did the Great War End?“. Den Abschluss bildet eine Diskussion mit Stig Förster (Universität Bern), Ute Frevert (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin), Georges-Henri Soutou (Universität Paris-Sorbonne) und Susanne Weigelin-Schwiedrzik (Universität Wien) zu gegenwärtigen Kontroversen in der Geschichtsschreibung zum Ersten Weltkrieg.