29.11.2017

Alpha trifft Omega

Es ist ein Mammutwerk der Byzantinistik. Am „Lexikon zur byzantinischen Gräzität“ wurde fast ein Vierteljahrhundert gearbeitet. Nun ist der letzte Teilband im Verlag der ÖAW erschienen. Der Byzantinist Erich Trapp kennt das riesige Wörterbuch wie kein anderer – er hat es verfasst.

© British Library

Man kann es durchaus als Monumentalwerk und Langzeitforschung at its best bezeichnen. Nach 23 Jahren konnten die wissenschaftlichen Arbeiten am über 85.000 Einträge umfassenden „Lexikon zur byzantinischen Gräzität“ heuer abgeschlossen werden. Das Lexikon ist im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erschienen und dokumentiert die neuen und seltenen Wörter sowie Wortbedeutungen im Griechischen der byzantinischen Jahrhunderte. Das mehrteilige Werk gilt bereits heute als führendes Wörterbuch zum byzantinischen Griechisch der Zeit von 900 bis etwa 1200. Mit der Fertigstellung des achten und letzten Teilbandes konnte zugleich eine lange bestehende Forschungslücke geschlossen werden, denn das letzte vergleichbare Lexikon stammt aus dem Jahr 1688.

Der „Mastermind“ hinter dem Mammutprojekt ist der österreichische Byzantinist Erich Trapp. Er hat die Beiträge des Lexikons verfasst und damit für Forscher/innen, die sich mit Papyri und Inschriften befassen aber auch für Studierende des spätantiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Mittelmeerraums ein Standardwerk geschaffen. Im Interview erzählt er, wie aus einer einfachen Idee ein umfangreiches Projekt wurde, das nicht zuletzt eines erforderte: Durchhaltevermögen.

Wie kam es zu der Idee ein solches Lexikon zu machen?

Erich Trapp: Ursprünglich habe ich begonnen Gräzistik zu studieren und so hat das Interesse an griechischen Wörtern schon sehr bald begonnen. Anschließend habe ich zur Byzantinistik gewechselt. Zuerst habe ich mich eher für volkssprachliche Texte interessiert, besonders für das Epos von Digenes Akrites. Dazu wollte ich dann sehr gerne ein Lexikon machen, jedoch hat mich dann mein Lehrer, der österreichische Byzantinist Herbert Hunger, darauf hingewiesen, dass ein griechischer Kollege schon in weit größerem Rahmen daran arbeitet und so habe ich mich der hochsprachlichen Literatur zugewendet. Da es bereits ein gutes Griechisch–Englisch-Lexikon bis etwa zum 6. Jahrhundert gab und auch eines für die kirchliche Literatur bis zum 9. Jahrhundert, entschloss ich mich dazu, den Schwerpunkt vom 9. bis 12. Jahrhundert zu setzen.

Wie gestaltete sich die Umsetzung?

Trapp: Das einfachste ist immer die Idee, dann kommt der Plan und dann ist das Durchhaltevermögen gefragt. Das Lexikon ist ein Österreichisch–Deutsches Gemeinschaftsprojekt. Ich bekam zunächst viel Hilfe durch freiwillige Mitarbeiter besonders in Wien und konnte dann auch Förderungen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem österreichischen Wissenschaftsfonds FWF sowie von der ÖAW einholen. 

Das Lexikon gibt es auch in einer digitalen Version. Wie denken Sie über die Digitalisierung in Ihrem Bereich?

Trapp: Ich denke, dass die Digitalisierung sehr wichtig ist und eine Symbiose zwischen beiden Ausgaben entstehen sollte. Zukünftig möchten wir auch die Addenda und Corrigenda, die schon seit Jahrzehnten gesammelt wurden, als Datenbank aufbauen.

Trotzdem denke ich, dass leider die Sicherheit in der digitalen Welt nicht immer ausreichend gewährleistet ist und das gibt mir Anlass zum Zweifel. So sicher wie ein Papyrus im ägyptischen Wüstensand sind die modernen Techniken natürlich nicht, oder solange haltbar wie in Stein gemeißelte Schriften. Wenn man aber natürlich möchte, dass die Literatur einem breit gestreuten Publikum zugänglich gemacht werden soll, dann ist es sicherlich so, dass durch die digitale Aufbereitung mehr Menschen Zugang bekommen.

Wieviele Jahre haben Sie schlussendlich an dem Lexikon gearbeitet?

Trapp: Nachdem ich 1974 mit der systematischen Sammlung begonnen hatte und im Jahr 1994 der erste Faszikel erschien, rechnete ich damit, dass ich um die 15 Jahre benötigen werde. Herbert Hunger schrieb mir ein Geleitwort: „Ich wünsche dem Neugeborenen nicht multos, sondern paucos annos“. 2001 dachte ich dann, dass wir 2011 fertig sein werden, aber letztendlich waren es doch 23 Jahre. Damit bin ich ganz zufrieden. Ich denke mir immer, dass wir recht gut in der Zeit waren, im Vergleich zu gewissen Bauvorhaben, wie etwa dem Semmeringtunnel oder dem Berliner Flughafen.

Sind Sie ein wenig erleichtert es nun geschafft zu haben und dass das Lexikon nun abgeschlossen ist?

Trapp: Bisher bin ich noch nicht zum Aufatmen gekommen, aber dazu werde ich hoffentlich bald Zeit haben. Ich bin froh, dass sich alles gut ausging, ich habe meine Kräfte gut eingesetzt, aber nun sind sie schon ziemlich verbraucht. Jetzt soll langsam Ruhe einkehren, aber nicht Untätigkeit. Zukünftig möchte ich eher mit halber Kraft und zwanglos mit Kolleg/innen, auch auswärtigen, entsprechend ihrem Interesse, weiterhin an ähnlichen Projekten arbeiten.

 

Erich Trapp studierte Klassische Philologie und Byzantinistik in Wien, wo er auch promovierte. Von 1965 bis 1973 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der vormaligen Kommission für Byzantinistik der ÖAW, danach war er bis zu seiner Emeritierung 2008 Professor für Byzantinistik an der Universität Bonn. Er ist seit 1992 inländisches Mitglied der ÖAW und wurde von der Universität Thessaloniki mit dem Aristoteles-Preis ausgezeichnet.

„Von Alpha bis Omega“ lautete der Titel einer Festveranstaltung zum Abschluss des Lexikons zur byzantinischen Gräzität am 23. November 2017 am Institut für Mittelalterforschung der ÖAW, bei der das Gesamtwerk präsentiert wurde.

Programm

Byzanzforschung am Institut für Mittelalterforschung der ÖAW


Das „Lexikon zur byzantinischen Gräzität“
ist als Reihe im Verlag der ÖAW erschienen. Der erste Teilband bzw. Faszikel wurde 1994 publiziert, der letzte 2017.

Verlag der ÖAW