08.02.2023 | Immunologie

Therapieansätze für Sarkoidose

Entzündliche Zellknötchen in der Lunge, der Haut oder anderen Organen kennzeichnen die Sarkoidose. ÖAW-Forscher:innen haben in einer institutionenübergreifenden Kooperation erstmals entscheidende Stoffwechselkomponenten identifiziert, die mögliche Ansatzpunkte für Therapien darstellen. Die Arbeit wurde im Fachjournal Immunity publiziert.

Immunfluoreszenz-Färbung erkrankter Haut. Ansammlungen von Makrophagen (rot angefärbt) und vereinzelten T-Zel­len (in weiß angefärbt) werden von Fibroblasten (in grün gefärbt) zusammengehalten. © Anna Redl

Sarkoidose nennt sich eine entzündliche Systemerkrankung, die durch eine überschießende Immunreaktion und Ansammlungen von Immunzellen im Gewebe – sogenannte Granulome – gekennzeichnet ist. Solch granulomatöse Erkrankungen stellen Ärzt:innenund Forscher:innen vor große Herausforderungen, weil der Auslöser für die zugrunde liegende Immunreaktion unbekannt ist. Erstmals gelang es nun Wissenschafter:innen am CeMM – Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der Medizinischen Universität Wien und dem Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases, Granulome in der Haut detailgenau zu charakterisieren. Die Ergebnisse bringen zahlreiche Erkenntnisse über Zusammensetzung, Aufbau und Signalwege des Granuloms, die Hinweise für neue Therapieansätze liefern. Die Studie wurde im Fachjournal Immunity veröffentlicht.

KNÖTCHEN AUS MAKROPHAGEN, T-ZELLEN UND FIBROBLASTEN

In den knötchenförmigen Granulomen findet man Bausteine des Immunsystems, die durcheinandergeraten sind. Die Zellen kom­munizieren zwar, aber sie verstehen einander nicht mehr. Dadurch sammeln sich immer mehr Zellen an, die sich gegenseitig aktivieren und zu einer Entzündung führen. "Gesundheitlich problematisch wird es vor allem dann, wenn Granulome sich im Körper ausbreiten, in Organen entstehen und dort Probleme verursachen, die bis zu einem Versagen des betreffenden Organs führen können“, erklärt Projektleiter Georg Stary, Assoziierter Professor an der MedUni Wien sowie CeMM Adjunct Principal Investigator.

„Gesundheitlich problematisch wird es vor allem dann, wenn Granulome sich im Körper ausbreiten, in Organen entstehen und dort Probleme verursachen, die bis zu einem Versagen des betreffenden Organs führen können.“

Für die Studie analysierten die Erstautoren Thomas Krausgruber und Daniele Barreca, Wissenschaftler in Bocks Forschungsgruppe, gemeinsam mit Anna Redl die Gewebeproben von zwölf Patientinnen mit Sarkoidose und verglichen dabei die Granulome mit gesund erscheinender Haut. Mittels Einzelzell-Se­quenzierung konnten die Wissenschaftler:innen die Details der Granulome charakterisieren: Sie bestehen hauptsächlich aus Makrophagen, die eigentlich zur Abwehr von unerwünschten Viren, Bakterien und To­xinen dienen. Zudem finden sich spezialisierte T-Zellen. Ummantelt werden sie von Fibroblasten, die dem Granulom seine Form geben. Diese Untersuchungen wurden gemeinsam mit der Forschungsgruppe von Christoph Bock, Co-Studienleiter, CeMM Principal Investigator und MedUni Wien Professor durchgeführt.

HEMMUNG DES ENZYMS "MMP12" VERMINDERT SCHWELLUNGEN

Im Innern der Makrophagen fanden die Wissenschaftler:innen den entscheidenden Hinweis für einen Therapieansatzpunkt: Das Protein MMP12, das üblicherweise beim Um­bau von Gewebe von Bedeutung ist, wird in den Sarkoidose-Makrophagen stär­ker exprimiert als gewöhnlich. ,,Dieses Enzym scheint für die Formierung von Granulomen eine bedeutende Rolle zu spie­len", erklärt Thomas Krausgruber. "Denn erste in-vivo Versuche am Mausmodell haben bereits gezeigt, dass ein In­hibieren von MMP12 Schwellungen zurückgehen lässt." An diesem Punkt und mit dem Wissen um weitere Analysedetails werden weitere Studien ansetzen, um einer Therapie der Sarkoidose näher zu kommen.

 

AUF EINEN BLICK

Publikation:

Krausgruber T., Barreca D., Redl A., Stary G., et al. „Single-cell and spatial transcriptomics identify aberrant developmental programs driving granuloma formation". lmmunity, 2023. DOI: 10.1016/j.immuni.2023.01.014