20.05.2022 | Demografie

Kinder als Karriereknick für Frauen in Österreich

Wie sich die Geburt eines Kindes auf die ökonomische Situation junger Eltern in Europa auswirkt, haben Forscher/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien untersucht. Das Ergebnis für Österreich: Während Kinder für Väter eher zu einem besseren Einkommen führen, sind sie für Mütter mit Einkommensverlusten verbunden.

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Karriereknick? Ein Klassiker, der vor allem Müttern vorbehalten ist, wenn sie nach der Babypause zurück in ihre Jobs wollen. Ist es überall so, dass die Karenz den Frauen im Erwerbsleben schadet, während Väter keine Einbußen haben? Oder sieht die Einkommenssituation für junge Eltern quer durch Europa unterschiedlich aus?
 
Genau das haben Wissenschaftler/innen von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien untersucht. Sie haben gefragt, wie sich die Geburt eines Kindes auf die ökonomische Situation junger Eltern in 30 europäischen Ländern, darunter Österreich, auswirkt. Konkret erfassten die Forscher/innen vom Institut für Demographie der ÖAW und der Universität Wien über vier Jahre die Änderungen im Einkommen sowie in der Erwerbsbetätigung und auch wie Eltern ihre finanzielle Situation subjektiv einschätzen. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift Social Indicator Research veröffentlicht.

Lange Karenzzeiten für Österreicherinnen

Überall in Europa unterbrechen junge Mütter ihre Erwerbstätigkeit viel länger als junge Väter – doch nirgendwo bleiben Frauen so lange zuhause wie in den deutschsprachigen Ländern. Während hierzulande 60 Prozent der Frauen zum zweiten Geburtstag ihres Kindes zurück am Arbeitsmarkt sind, finden sich in Nordeuropa über 80 Prozent der Frauen im Erwerbsleben wieder, bei annähernd gleich hohen Ausgleichszahlungen in beiden Regionen. Hinzu kommt: In Österreich nehmen Mütter nach der Karenz Teilzeitstellen an, während Skandinavierinnen nach der Babypause wieder Vollzeit arbeiten.
 
Aber auch in west-, ost- und südeuropäischen Ländern ist der Einbruch im Erwerbsleben für Frauen bei weitem nicht so ausgeprägt wie in den untersuchten deutschsprachigen Staaten. So sind auch in Frankreich, Belgien und den Niederlanden über 80 Prozent der Frauen nach zwei Jahren zurück im Job, die meisten davon Vollzeit. Woran das liegt? Es sind die institutionellen Rahmenbedingungen wie fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten, aber auch gesellschaftliche Normen, die bewirken, dass Frauen so lange zuhause bleiben, sagt Sonja Spitzer, Erstautorin der Studie und Bevölkerungsökonomin an der Universität Wien.

"Vaterschaftsprämien" in vielen Regionen

Spannend ist aber auch die Rolle der Väter: Während das Einkommen der Frauen in den Jahren nach der Geburt stark einbricht, insbesondere im deutschsprachigen Raum, bleibt das Haushaltseinkommen bei vielen Paaren relativ konstant über alle Regionen. „Zum einen, weil – im Durchschnitt – viel durch öffentliche Beihilfen ausgeglichen wird. Zum anderen, weil die Einkommen der Männer nach der Geburt eines Kindes in vielen Regionen sogar leicht steigen“, erklärt die Forscherin.
 
In der Literatur wird der Effekt, dass sich Kinder positiv auf das Einkommen von Männern auswirken, als Fatherhood Premium, also "Vaterschaftsprämien", beschrieben. Erklärt wird dies einerseits mit tatsächlich geleisteten Mehrstunden und andererseits damit, dass Väter nach der Geburt höhere Löhne verhandeln.

Konsequenzen noch in den Pensionen spürbar

„Wir können die Situation junger Eltern mithilfe der Daten nur bis zu drei Jahre nach der Geburt verfolgen, aber wir wissen von anderen Studien, dass der Female Pension Gap in Österreich überdurchschnittlich hoch ist, also dass die Höhe der Pensionen bei Männern und Frauen sehr unterschiedlich ist – und das ist eine direkte Konsequenz aus dem, was wir hier sehen“, sagt Bernhard Binder-Hammer, ÖAW-Demograph und Co-Autor der Studie.

Für die aktuelle Studie wurde ein europäischer Datensatz, basierend auf einem Sample aus insgesamt 128.000 Paaren, ausgewertet. Aus diesen in Österreich von der Statistik Austria erhobenen Angaben wurden Paare herausgefiltert, die im ersten Jahr kein Kind hatten und dann ab dem zweiten Jahr ein Kind bekamen. Für Österreich beruhen die ausgewerteten Daten auf 700 Beobachtungen von 214 Paaren.
 

 

Publikation:

"The Subjective Cost of Young Children: A European Comparison", S. Spitzer, A. Greulich, & B. Hammer, Soc Indic Res, 2022.
DOI: https://doi.org/10.1007/s11205-022-02942-5

Rückfragehinweis:

Sven Hartwig
Leiter Öffentlichkeit & Kommunikation
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Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien
T +43 1 51581-1331
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Alexandra Frey
Pressebüro und stv. Pressesprecherin
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
Universitätsring 1, 1010 Wien
T +43 1 4277-175 33
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Wissenschaftlicher Kontakt:

Sonja Spitzer
Institut für Demographie
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Vordere Zollamtsstraße 3, 1030 Wien
T +43 1 51581-7753
sonja.spitzer(at)univie.ac.at
 
Bernhard Binder-Hammer
Institut für Demographie
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Vordere Zollamtsstraße 3, 1030 Wien
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