24.11.2023

Die Wissenschaft braucht Frauen

Um jungen Forscherinnen das Vorantreiben ihrer Karriere zu ermöglichen, werden Jahr für Jahr die mit je 25.000 Euro dotierten „For Women in Science“-Stipendien verliehen. Beim der feierlichen Überreichung an der ÖAW waren sich die Festredner:innen einig, dass noch viel getan werden muss, um den Anteil von Frauen in der Wissenschaft zu erhöhen.

Gerade einmal 30 Prozent beträgt in Österreich der Anteil von Frauen in der Wissenschaft. Und um so höher die Karrierestufe, umso niedriger die Frauenquote. Wie wichtig es ist, diese zu erhöhen, betonte daher Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission, bei der Verleihung der „For Women in Science“-Stipendien" an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW): „So wie Wissenschaft derzeit aufgestellt ist, verzichten wir auf wichtiges Forschungspotential“. Auch Kenneth Campbell, General Manager von L’ORÉAL Österreich Deutschland Schweiz erklärte: „Wir brauchen die Wissenschaft zur Lösung der Herausforderungen unserer komplexen Welt. Diversität ist dafür wichtig und die weibliche Perspektive darf nicht fehlen.“

Wichtige Förderungen

Deshalb sei es nicht nur wichtig, mehr Mädchen und Frauen für die Wissenschaft zu interessieren, sondern vor allem auch, diese in der Wissenschaft zu halten. Für Ulrike Diebold, Vizepräsidentin der ÖAW, sind die möglichen Knackpunkte in der Forscherinnenkarriere etwa das Ende des Doktorats oder die Karenz. Wichtig sei hier unter anderem finanzielle Unterstützung, welche es jungen Wissenschaftlerinnen ermögliche, ihre Karriere weiterzuverfolgen.

Genau hier setzt die Initiative „For Women in Science“ an, mit der L’Oréal Österreich, die ÖAW, die österreichische UNESCO-Kommission und das Wissenschaftsministerium seit mittlerweile 17 Jahren Forscherinnen durch Stipendien fördern. Mit den vier neuen Stipendiatinnen wurden inzwischen bereits 71 Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen Naturwissenschaft, Medizin und Mathematik unterstützt.

Atomuhren und wie Mathematik in der Medizin hilft

Heuer gehen die Auszeichnungen an die Physikerin Anna Bychek, die angewandte Mathematikerin Federica Caforio, die Molekularbiologin Aglaja Kopf und die Biochemikerin Charlotte Zajc.

Anna Bychek vom Institut für Theoretische Physik an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck wurde für ihre Forschung über ein neuartiges Schema von aktiven Atomuhren, der sogenannten Superradiant-Uhr ausgezeichnet. „Optische Atomuhren sind die präzisesten wissenschaftlichen Instrumente überhaupt“, erklärt Bychek. Durch Atomuhren können beispielsweise Millimetergenaue Navigationssysteme und die frühzeitige Vorhersage von Erdbeben ermöglicht werden.

Das Forschungsthema von Federica Caforio, die als Universitätsassistentin mit Doktorat am Institut für Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen der Universität Graz tätig ist, ist die Integration von physikbasierten und datengesteuerten Modellen für Cardiac Digital Twinning – die Entwicklung effizienter und robuster Digitaler Zwillinge vom Herz-Kreislauf-System.

Forschung gegen Krankheiten

Aglaja Kopf, die als Postdoc an der Medizinischen Universität in Kollaboration mit dem CeMM-Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW arbeitet, erhält das Stipendium für ihr Projekt „Cell InterActions in Granulomas“. Granulomatöse Erkrankungen betreffen weltweit Millionen von Menschen, darunter auch Kinder, und nehmen in der Regel einen chronischen Verlauf mit einer hohen sozioökonomischen Belastung.

Die CAR T-Zellen Therapie ist eine große Hoffnung für die Behandlung von Patient:innen, bei denen Krebszellen nach der Therapie zurückkehren. Charlotte Zajc PhD von der Universität für Bodenkultur Wien forscht zu scFv-Fragmenten (single chain fragment variables), die die die tonische Signalgebung von CAR-T-Zellen beeinflussen.

Gefragte und engagierte Vorbilder

Ein wichtiger Ansatz, um mehr Frauen in der Wissenschaft zu halten, sei vor allem ein struktureller, betonen die Ausgezeichneten, von denen drei Mütter sind. Man müsse die Vereinbarkeit von Familie und Job fördern. So meint etwa Zajc: „Man muss für die Forschung brennen, viele Überstunden machen und auch noch Geld auftreiben – das steht im Widerspruch zu Familie“. Sie beleuchtet übrigens in ihrem Podcast „Die Wissen schafft“ Challenges und Chancen von Frauen in der Wissenschaft. Und Stipendiatinnen-Kollegin Aglaja Kopf ist Mitbegründerin der Plattform „The STEM fatale Initiative”, welche die Hürden von Frauen in den MINT-Fächern (englisch „STEM“) versucht gezielt abzubauen.