Zur Rolle wissenschaftlicher Expertise in chronischen Krisen

Wissenschaftliche Expertise spielt in der Corona-Krise eine zentrale Rolle. Ihre Organisation und politische Funktion sind jedoch bislang noch nicht systematisch untersucht. In diesem Projekt wird auf Basis empirischer Forschung herausgearbeitet, welche Herausforderungen sich in chronischen Krisen für institutionelle Politikberatung ergeben. Grundlage dafür ist ein internationaler Vergleich (Österreich, Deutschland, Großbritannien).

Gerade in Krisensituationen, die durch neuartige Risiken hervorgerufen werden, ist wissenschaftliche Expertise die wichtigste Ressource für politische Entscheidungen. Das hat die Corona-Pandemie erneut deutlich gemacht. Sie wirft daher die Frage auf, welchen Anforderungen wissenschaftliche Expertise und Evidenz genügen muss, um in solchen Krisen als wirkungsvolle Informations- und Legitimationsressource für Politik und Verwaltung dienen zu können; angesichts notorischer Unsicherheit in Krisensituationen hängt vom Vertrauen der Bevölkerung in die Expertenschaft viel ab.

Die (bislang unerforschte) Basisfrage, ob das österreichische Modell zur Nutzung wissenschaftlicher Expertise den Anforderungen globaler Krisen entspricht, motiviert das gegenständliche Projekt. Untersucht wird, wie Corona-spezifische Expertise in Österreich organisiert, produziert und politisch genutzt wird. In einem zweiten Schritt wird der österreichische Weg der Politikberatung mit einschlägigen Erfahrungen in anderen Ländern verglichen (Deutschland, Großbritannien). In politisch-praktischer Hinsicht wird daraus deutlich, welche besondere Herausforderung chronische Krisen (wie früher der Atomstreit oder heute auch die Klimakrise) für die institutionelle Politikberatung darstellen – und welchen Reformbedarf diese besondere Situation für die gegenwärtige Praxis eventuell formuliert.

Indem es die Organisation, Arbeitsweise und politische Funktion Corona-spezifischer Beratungsgremien systematisch und international vergleichend untersucht, trägt das Projekt also dazu bei, Vorzüge und Schwachstellen des österreichischen Modells aufzudecken. Damit liefert es eine wichtige Voraussetzung dafür, die Wissensgrundlage von Entscheidungsträgern zu konsolidieren. Das Projekt, mit anderen Worten, leistet damit einen Beitrag zur epistemischen Sicherheit in globalen Krisen.

Laufzeit

10/2021 - 03/2023

Projektteam

  • Tanja Sinozic-Martinez

Finanzierung