23.11.2023 | Auszeichnung

Zwei neue ERC Grants für ÖAW-Forscherinnen

Die Sozialanthropologin Judith Bovensiepen und die Kulturwissenschaftlerin Ariane Sadjed werden mit je einem Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrates ERC ausgezeichnet. Mit der hochdotierten Förderung forschen sie zur Mensch-Umwelt-Beziehung sowie zu jüdischem Leben im persischen Raum.

Die Grants des European Research Council (ERC) der Europäischen Kommission sind hochdotierte Forschungsförderpreise der EU. © AdobeStock

In der jüngsten Vergaberunde der Forschungspreise des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) konnten zwei Wissenschaftlerinnen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) reüssieren: Judith Bovensiepen und Ariane Sadjed.

Beseelte Natur versus Extraktivismus?

Judith Bovensiepen, neue Direktorin des Instituts für Sozialanthropologie der ÖAW, hat einen der beiden ERC Consolidator Grants eingeworben und wird sich in den kommenden fünf Jahren der Untersuchung von Animismus und Extraktivismus in Südostasien widmen. Innerhalb der Logik des westlichen kapitalistischen Weltbezugs ist die Natur – Tiere, Pflanzen, Landschaften, Wasser oder Luft – etwas, das wir besitzen, zerstören oder schützen können. Für viele indigene Kulturen hingegen gelten Pflanzen, Tiere und Dinge als beseelt.

Diese animistischen Kosmologien halten indigene Gemeinden davon ab, die Umwelt als eine auszubeutende Ressource zu betrachten. Aber inwiefern kann sie vor Extraktivismus, also der Ausbeutung und den Export von Rohstoffen durch multinationale Unternehmen, schützen? Anstatt indigene Gemeinschaften gegen die Rohstoffindustrie auszuspielen, untersucht Bovensiepen durch ethnografische Forschung in Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Timor-Leste, wie der Abbau von Bodenschätzen die verschiedenen Beziehungen der Menschen zur Umwelt beeinflusst und wie sich diese Beziehung zur Natur durch Interaktionen konstituiert.

Jüdisches Leben im persischen Raum

Wer sind die persischen Jüd:innen und was können wir aus ihrer Geschichte lernen? Rückblickend auf eine fast 3.000-jährige Geschichte verließ die Mehrheit von ihnen die persischsprachige Welt ab Mitte des 20. Jahrhunderts. Ariane Sadjed vom Institut für Iranistik der ÖAW wird in den nächsten fünf Jahren der Vielschichtigkeit des Zusammenlebens von Jüd:innen und Muslim:innen im Iran, in Zentralasien und in Afghanistan nachgehen.

Anhand von Familiengeschichten, Archivmaterial und Oral History untersucht die Kulturwissenschaftlerin Kontakte innerhalb und außerhalb jüdischer Gemeinden im Alltag, um die verschiedenen Formen der Verbindung mit und der Abgrenzung von den umgebenden muslimischen Gesellschaften zu beleuchten – und damit zu zeigen, wie Jüd:innen zu den Gesellschaften in denen sie gelebt haben, beigetragen haben. Es ist die erste umfassende Studie, die die Geschichte persischsprachiger Jüd:innen nicht entlang der heutigen nationalen Grenzen analysiert, sondern stattdessen die transregionalen Netzwerke, die bis in die 1930er Jahre aktiv vorhanden waren, in den Blick nimmt.

ERC Grants an ÖAW

Die ERC Grants sind die renommiertesten und hoch kompetitive Forschungsförderungen der Europäischen Union. ERC Consolidator Grants unterstützen exzellente Forscher:innen in einem noch frühen oder mittleren Karrierestadium bei der Festigung ihrer wissenschaftlichen Unabhängigkeit. Die Grants sind mit bis zu 2 Millionen Euro für eine Dauer von 5 Jahren dotiert.
Mit den zwei neuen Consolidator Grants erhöht sich die Anzahl der seit 2007 an ÖAW-Forscher:innen insgesamt vergebenen Preise des ERC auf 77 ERC Grants und 7 Proof of Concept Grants. An weiteren 18 ERC Grants war die Akademie maßgeblich beteiligt.

 

Auf einen Blick

ERC Grants an der ÖAW