11.12.2019 | Astrophysik

Plasma-Heizung im Weltall

Wie sich gasförmiges Plasma im Universum aufheizt, konnte ein internationales Team unter der Leitung von Weltraumforscher/innen der ÖAW mithilfe von neu entwickelten Simulationen zeigen. Mehr darüber kann man nun im Fachjournal Physical Review Letters lesen.

Das Hauptziel der NASA-Mission MMS ist die Erforschung der magnetischen Rekonnexion im erdnahen Weltraum. © NASA

Die sichtbare Materie in unserem Universum befindet sich fast ausschließlich im Plasmazustand. Plasmen sind Gase aus geladenen Ionen und Elektronen. In der Astrophysik ist eine der wichtigsten Fragen, wie diese Gase aufgeheizt werden und hohe Energien erreichen können. Ein physikalischer Prozess, der dies ermöglicht, ist die sogenannte „magnetische Rekonnexion“. Dabei wird magnetische Energie in Bewegungsenergie der Ionen und Elektronen umgewandelt, die in Form von Plasma-Jets mit hoher Geschwindigkeit aus dem Gebiet der Rekonnexion herausgeschossen werden. Der Prozess der Rekonnexion spielt eine wichtige Rolle in der Sonnenatmosphäre, aber auch im erdnahen Weltraum, wo er für das Weltraumwetter und die Polarlichter maßgeblich verantwortlich ist.

Simulationen stimmen mit NASA-Beobachtungen überein

Takuma Nakamura vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat nun erstmals gezeigt, dass die Fronten der Plasma-Jets instabil sind und sich an ihnen das Plasma zusätzlich aufheizen kann. Die Studie im Fachjournal Physical Review Letters basiert auf neuartigen dreidimensionalen numerischen Simulationen, die am Grazer Weltrauminstitut entwickelt wurden. „Die Ergebnisse der Simulationen stimmen mit Beobachtungen der NASA-Mission Magnetospheric Multiscale (MMS) überein, für die das ÖAW-Institut einen bedeutenden Beitrag in Form von Messgeräten und wissenschaftlicher Datenanalyse liefert,“ erläutert Rumi Nakamura, Gruppenleiterin im Forschungsfeld „Weltraumplasmaphysik“. Der direkte Vergleich von Messdaten und Simulationsergebnissen ermöglicht erstmals das physikalische Verständnis und die Quantifizierung dieser zusätzlichen Energieumwandlung und Plasma-Heizung an den Fronten der Plasma-Jets.

Die Simulationsergebnisse bestätigen auch frühere theoretische Vorhersagen zur Entwicklung der Plasma-Jet-Fronten durch die Autor/innen der Studie. Interessanterweise sollte ihre Theorie, die ebenfalls maßgeblich am ÖAW-Institut in Graz entstanden ist, nicht nur auf Rekonnexion im erdnahen Weltraum anwendbar sein. „Auch die Plasma-Heizung in der Sonnenatmosphäre bei sogenannten Sonneneruptionen lässt sich damit erklären“, meint Erstautor Takuma Nakamura. Es ist daher gut möglich, dass die Simulationsergebnisse auch auf andere astrophysikalische Objekte anwendbar sind.

 

PUBLIKATION

„Disturbance of the Front Region of Magnetic Reconnection Outflow Jets due to the Lower-Hybrid Drift Instability“, T.K.M. Nakamura, T. Umeda, R. Nakamura, H.S. Fu, and M. Oka,  Physical Review Letters, 2019 (Open Access)

DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.123.235101