14.06.2021 | Familienplanung

Paare in Osteuropa werden öfter ungeplant Eltern als in Westeuropa

Während ungeplante oder früher als geplante Geburten in Österreich rund 14 Prozent aller Geburten ausmachen, sind es in osteuropäischen Ländern wie Ungarn oder Polen etwa 30 Prozent. Das zeigt eine neue Studie von Demograph/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Relevant für den Unterschied zwischen West und Ost sind ökonomische Gründe.

© Unsplash/Juliane Liebermann

Die einen wünschen sich keine Kinder mehr. Die anderen planen erst später Nachwuchs zu bekommen. Manche Paare, die bei einer Befragung im Rahmen des Generations and Gender Surveys eine dieser Antworten formulierten, wussten noch nicht, dass es ganz anders kommen würde. Ein Forschungsteam am Wiener Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat sich die einstigen Absichten, das Kinderkriegen aufzuschieben oder auf Kinder zu verzichten genauer, angesehen und mit aktuellen Daten verglichen. Die Ergebnisse für sechs europäische Länder sind nun im European Journal of Population erschienen.

Ihr Augenmerk legten die Demograph/innen Zuzanna Brzozowska, Isabella Buber-Ennser und Bernhard Riederer dabei auf Personen zwischen 21 und 45 Jahren, die während der beiden Befragungen des Generations and Gender Surveys in Paarbeziehungen lebten. Konkret haben die Forscher/innen die Daten jener Paare ausgewertet, die bei der ersten Erhebungswelle keine Absicht erklärt hatten, in naher Zukunft ein (weiteres) Kind zu bekommen, bei der zweiten Welle jedoch eines hatten.

Ökonomische Beweggründe entscheidend

Dabei teilten sie die Geburten anhand der kurz- und langfristigen Kinderwünsche, die die Befragten in der ersten Erhebungswelle geäußert hatten, in drei Kategorien ein: beabsichtigt, früher als beabsichtigt oder ursprünglich nicht geplant. Bei der Analyse der Daten stellten die Forscher/innen fest: Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den ost- und westeuropäischen Ländern.

Durchschnittlich zehn Prozent der Neugeborenen in Österreich, Frankreich und Italien waren ursprünglich nicht geplant oder erst für später geplant. In Bulgarien, Ungarn und Polen betrug dieser Anteil etwa 30 Prozent. Zuzanna Brzozowska, Erstautorin der Studie, erklärt die Unterschiede vor einem ökonomischen Hintergrund: „Dieses Ost-West-Gefälle ist darauf zurückzuführen, dass Osteuropäer/innen die Kosten für ein erstes oder ein weiteres Kind höher einschätzen als Westeuropäer/innen.“

Unterschiedliche Einstellungen zum Kinderkriegen

Für die ÖAW-Demographin deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich Paare in Osteuropa häufiger in einer Situation befinden, in der sie sich möglicherweise mehr Kinder wünschten, sie aber das Gefühl haben, dass ihnen die Ressourcen oder die Unterstützung dafür fehlen. Das ist vermutlich auch einer der Gründe, warum Befragte in Osteuropa öfter als in Westeuropa angaben, keine (weiteren) Kinder zu planen – und dann doch eines bekamen.

Die Auswertung der Daten war übrigens ein Novum: Bisher wurden die Ost-West-Unterschiede für das Aufschieben oder das Verzichten auf Kinder nicht untersucht.

 

Publikation:

"Didn’t Plan One but got One: Unintended and sooner-than-intended Parents in the East and the West of Europe", Zuzanna Brzozowska, Isabella Buber-Ennser, Bernhard Riederer. European Journal of Population, 2021
DOI: https://doi.org/10.1007/s10680-021-09584-2


Rückfragehinweis:

Sven Hartwig
Leiter Öffentlichkeit & Kommunikation
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien
T +43 1 51581-1331
sven.hartwig(at)oeaw.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt:

Isabella Buber-Ennser
Institut für Demographie
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Vordere Zollamtsstraße 3, 1030 Wien
T +43 1 515 81-7726
isabella.buber-ennser(at)oeaw.ac.at