27.10.2017

Online-Spiele sind Datenfallen

Die Verwertung persönlicher Daten von Online-Spieler/innen ist ein gutes Geschäft. Auf der Strecke zu bleiben droht dabei jedoch der Datenschutz, wie Technikfolgenforscher der ÖAW in einer neuen Studie aufzeigen.

© 123rf.com
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Videospiele zählen zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen unserer Zeit. In dem globalen Milliarden-Business, das sich längst um dieses Hobby entwickelt hat, wird aber nicht nur mit dem Verkauf der Spiele verdient, sondern zunehmend auch mit den persönlichen Daten der Spieler/innen. Oft geschieht die Gewinnung und Verwertung dieser Daten ohne das Wissen der Betroffenen, wie Jaro Krieger-Lamina, Forscher am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in einer Studie im Auftrag der Bundesarbeiterkammer Österreich nachweist. Im Gespräch erklärt er, wie datenhungrig Online-Spiele tatsächlich sind. Und welche Maßnahmen die Privatsphäre der Spieler/innen noch retten können.


Herr Krieger-Lamina, Millionen Menschen spielen in Europa Videospiele, oftmals online. Eine Goldgrube für Datensammler?

Jaro Krieger-Lamina: Ja. Beim Spielen fallen sehr viele Daten an, auch welche, von denen man im ersten Augenblick gar nicht annehmen würde, dass sie zu irgendetwas gut sind. Beispielsweise die Häufigkeit von Mausklicks und Tastatureingaben, die etwas über den emotionalen Erregungszustand beim Spielen verraten. Meine Computerausrüstung kann wiederum Auskunft über meine finanzielle Leistungsfähigkeit geben oder meinen Willen, Geld fürs Spielen auszugeben. Es fallen also durch die Tätigkeit des Spielens viele wertvolle Daten an, die man speichern und auswerten kann. Was meistens auch gemacht wird.

„Es werden Profile der Spielenden erstellt, um möglichst viel Informationen über jede Person zusammenzutragen.“

Welche Daten der User werden gesammelt?

Krieger-Lamina: Das beginnt bei Registrierungsdaten wie E-Mail-Adresse, Username, Geburtsdatum, Kreditkartendaten, Passwort und Antworten auf die Frage, mit der das Passwort zurückgesetzt werden kann. Zusätzlich können Daten über das Spielverhalten erhoben werden: Zu welcher Uhrzeit wird meistens gespielt? Mit wem und wie lange? Welche Dinge kaufe ich im Spiel, wieviel Geld wird dafür ausgegeben? Darüber hinaus können noch andere Daten erfasst werden wie die Anzahl der Freunde, die Ausstattung des Computers, Verknüpfungen mit Social-Media-Profilen etc.

Wer sammelt diese Daten eigentlich – und wozu?

Krieger-Lamina: Die Spielebetreiber selbst können diese Daten sammeln. Falls diese nicht im selben Unternehmen sitzen, werden Daten mit Entwickler/innen, Produktionsfirmen usw. geteilt. Es werden Profile der Spielenden erstellt, um möglichst viel Informationen über jede Person zusammenzutragen, und damit möglichst genau zu wissen, wer wieviel Geld und wofür zu zahlen bereit ist. Manchmal werden diese Daten schließlich Werbetreibenden oder anderen Geschäftspartnern zur Verfügung gestellt.

„Profile sind viel wert und werden dementsprechend gerne gestohlen.“ 

Was ist an dieser „Sammelwut“ problematisch, was geschieht mit den Daten?

Krieger-Lamina: Problematisch ist natürlich zunächst einmal die Verhältnismäßigkeit zwischen der Eingriffstiefe in die persönliche Privatsphäre und der Gewinnmaximierung. Gerechtfertigt wird das mit dem Hinweis darauf, dass ja alle freiwillig spielten und durch die zumeist erforderliche Registrierung auch den Nutzungsbedingungen der Spiele zugestimmt hätten. Viele Jurist/innen sind jedoch der Ansicht, dass das die Anforderungen an eine informierte Zustimmung nicht erfüllt. Es entsteht eine Überwachungssituation, die immer ein Machtgefälle zwischen Überwachenden und Überwachten zur Folge hat. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind die Datensammler zugleich auch nicht immer in der Lage, die Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Derart umfangreiche Profile sind viel wert und werden dementsprechend gerne gestohlen.

Außerdem spielen weit über 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen. Letztendlich muss man sich daher auch fragen, was für einen Einfluss die Tatsache, dass Überwachung etwas ganz Normales ist, auf die nächste Generation hat, die damit aufwachsen muss.

Was können Online-Spieler/innen tun, um ihre Daten besser zu schützen?

Krieger-Lamina: Als Einzelne/r leider wenig. Sie können versuchen, so wenige Daten wie möglich anzugeben, Bezahlinformationen nur dann preiszugeben, wenn man wirklich etwas kaufen möchte, Klarnamen nur dann zu nennen, wenn es sich nicht vermeiden lässt und Accounts zu löschen, sobald man ein Spiel nicht mehr spielen will.

Letztlich aber müssten die Datenschutzbehörden aktiv werden. Diese bekommen mit der nächstes Jahr in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung ein gutes Mittel in die Hand, um diese Aufgabe dann auch in die Tat umzusetzen.

 

Jaro Krieger-Lamina forscht am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW zum Verhältnis zwischen Sicherheit, Überwachung und dem Schutz der Privatsphäre.

Projektbericht “Privatsphäre in Online-Spielen“

Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW