07.04.2017

NEUER ERC-GRANT FÜR WOLFGANG LUTZ

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Demographie der ÖAW erhält mit der Förderung bereits seinen dritten ERC-Grant. Lutz wird damit neue Indikatoren für langfristig gutes Leben in der Bevölkerung untersuchen.

Foto: ÖAW / Elia Zilberberg

Wolfgang Lutz hat vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council – ERC) einen mit 1,82 Millionen Euro dotierten Advanced Grant zugesprochen bekommen, um Lebensqualität als Kriterium für nachhaltige Entwicklung zu untersuchen. Der Wittgenstein-Preisträger wird in seinem Forschungsprojekt einen neuen auf demographischen Methoden basierenden Indikator, genannt „Empowered Life Years“ (ELY), entwickeln, der verschiedene Aspekte des menschlichen Wohlbefindens, wie Gesundheit, Lesefähigkeit, Freiheit von Armut und Lebenszufriedenheit, miteinander verknüpfen und ganzheitlich abbilden soll.

Nachhaltige Entwicklung und Lebensqualität

Bislang haben sich die Kriterien langfristig positiver Entwicklung oft nur auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes pro Person bezogen. Aber das BIP lässt viele wesentliche Aspekte der nachhaltigen Entwicklung, wie Lebensqualität oder Umwelteinflüsse, außer Betracht. "Es wurde in letzter Zeit viel diskutiert, ob das noch weit verbreitete BIP pro Person mit anderen Indikatoren, die Lebensqualität messen, ergänzt werden sollte, die mehr als nur die wirtschaftliche Dimension betrachten“, sagt Wolfgang Lutz, der das Wiener Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital leitet – ein gemeinsames Forschungszentrum von Österreichischer Akademie der Wissenschaften (ÖAW), dem International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) und der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien.

Erforschung menschlichen Wohlbefindens

Die Vereinten Nationen (UN) haben im Rahmen der Nachhaltigen Entwicklungsziele bei ihrer Generalversammlung 2015 einen Katalog von allein 169 speziellen Zielen, die durch 230 Indikatoren beschrieben werden, erarbeitet, die sich auf verschiedene Aspekte von sozialer Entwicklung, Wirtschaft und Umwelt beziehen. Der Nachteil: Mit dieser großen Zahl an Indikatoren könnte es sich als schwierig erweisen, echten Fortschritt zu messen. „Die Tendenz war, große Sätze von Indikatoren, die viele Bereiche abdecken, zu verwenden. Aber mit diesen besteht die Gefahr, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht", erklärt Lutz, der Teil des unabhängigen Expertengremiums ist, das für die UN den Globalen Nachhaltigkeitsbericht 2019 erstellen wird, der in zwei Jahren auf der UN-Generalversammlung vorgestellt wird.

Prognosen für zukünftige Trends

Ziel des nun vom ERC geförderten Forschungsprojekts soll es deswegen sein, die verschiedenen Daten und Statistiken, unter anderem zu Gesundheit, Bildung, Armut und Lebenszufriedenheit, zu einem Gesamtindikator zusammen zu fassen, der alternativ zum BIP als aussagekräftige Messgröße für nachhaltige Entwicklung herangezogen werden kann. Dabei sollen auch die möglichen negativen Auswirkungen von Umweltveränderungen auf diesen Indikator quantifiziert und auf Basis verschiedener Szenarien für die Zukunft abgeschätzt werden.

Der neue Grant ist bereits der achte ERC-Grant für das Wittgenstein Centre. Wolfgang Lutz, der wissenschaftlicher Direktor des Vienna Institute of Demography der ÖAW, wirkliches Mitglied der Akademie sowie Professor für angewandte Statistik an der WU Wien und Direktor des World Population Programme am IIASA ist, erhält zum nunmehr dritten Mal eine Auszeichnung des ERC.