27.04.2015

„Medienstar“ Maria Theresia

Die Untersuchung der vielfältigen Darstellungen der Habsburgerin wirft neues Licht auf die herrschaftliche Repräsentationskultur im 18. Jahrhundert

Bild: KHM/Anna Fabiankowitsch

Mächtige Herrscherin, beschützende Landesmutter und barocker Medienstar: Der
Mythos Maria Theresia ist bereits zu ihren Lebzeiten eng mit der ebenso facetten- wie umfangreichen öffentlichen Präsenz auf Druckgraphiken, Gemälden, Medaillen und anderen Kunsterzeugnissen verbunden. Auf der Suche nach den Hintergründen dieser Allgegenwart tauchen Forscher/innen des ÖAW-Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen (IKM) im Rahmen eines neuen Projekts in die Kunstproduktion des 18. Jahrhunderts und das herrschaftliche Selbstverständnis Maria Theresias ein. Die Untersuchungen versprechen Erkenntnisse über die Repräsentationstaktiken der Habsburgerin zu geben, indem sie die politischen, sozialen und ökonomischen Hintergründe des Kunstmarkts und seine Verbindungen zum Hof beleuchten.

Herrscherin und Heilige

„Maria Theresia ist eine Frau mit vielen Gesichtern“, hält Werner Telesko, Direktor des IKM und Leiter des vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekts „Herrscherrepräsentation und Geschichtskultur unter Maria Theresia (1740–1870)“ fest. Tatsächlich finden sich bereits im 18. Jahrhundert eine Vielzahl unterschiedlicher Darstellungsvarianten, die die Habsburgerin ebenso als Herrscherin wie als mythische Figur und selbst als Heilige stilisieren. Die Frage, welcher Auftraggeber hinter dieser Vielfalt an Darstellungsvarianten steht, drängt sich auf – und dient in vielen Bereichen des Projekts als Ausgangspunkt.

PR-Strategie oder Selbstläufer?

Von einer umfassenden, zentral gesteuerten Darstellungsstrategie wird man, darauf deuten die ersten Forschungsarbeiten bereits hin, nur schwer sprechen können. Tatsächlich herrscht am Wiener Hof selbst bei den augenscheinlich politisch motivierten Darstellungen Maria Theresias über die adäquate Darstellungsform Uneinigkeit: Wie ein seltener diesbezüglicher Auszug aus den Zeremonialakten aus dem Jahr 1745 verdeutlicht, sorgt beispielsweise die Frage, in welcher Kleidung und mit welchen Insignien die Herrscherin bei der Krönung ihres Mannes zum römischen Kaiser auftreten soll, für eine kontroversielle Debatte. Eine Debatte, die im Übrigen auch bei der Errichtung des Denkmals am Maria-Theresien-Platz in Wien (1888) mehr als 100 Jahre später in ähnlicher Form zu finden ist, wie Telesko anmerkt.

Umso überraschender nimmt sich die enorme Verbreitung von Darstellungen Maria Theresias auf unterschiedlichsten Kunstobjekten aus, die in nennenswerter Anzahl speziell im heutigen Österreich und Deutschland, aber auch in Frankreich und Italien vorzufinden sind. Vielfach von einzelnen Referenzwerken kopiert, scheint das Bildnis der „Kaiserin“ auch ohne Zutun des Wiener Hofes zu einem Selbstläufer geworden zu sein, das beispielsweise in Form von Druckgraphiken und Medaillen vielfach auf Eigeninitiative für den Kunstmarkt produziert worden sein dürfte.

Medaillenspiegel

Um Fragen wie diese, aber auch viele weitere Aspekte der Repräsentationskultur unter Maria Theresia beantworten zu können, werden im Rahmen des Projekts die schriftlichen und bildlichen Quellen, zunächst mit einem regionalen Schwerpunkt auf Österreich und Süddeutschland, umfassend systematisiert und analysiert. Einen besonderen Stellenwert werden dabei die Bestände des Münzkabinetts des Kunsthistorischen Museums, dem nationalen Projektpartner, einnehmen: Die über 300 von Maria Theresia und dem Herrscherhaus gefertigten Medaillen werden im Zuge des Projekts katalogisiert und dienen zugleich als eine Grundlage der Forschungen.

Mit konkreten Ergebnissen und neuen Antworten wird schon vor Abschluss des dreijährigen Projekts zu rechnen sein. Schließlich werden diese spätestens 2017 auch außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf Nachfrage stoßen – nämlich dann, wenn Maria Theresia zu ihrem 300. Geburtstag als Medienstar wiederauferstehen wird.

Kontakt:
Werner Telesko
Direktor des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW
werner.telesko(at)oeaw.ac.at
T +43 (1) 51581 / 3592