11.11.2019 | Exile & Excellence

Erinnerung für Generationen

Der Film „The Class of '38. Exile & Excellence“ dokumentiert die Erinnerungen von Forscher/innen, die als Kinder und Jugendliche von den Nationalsozialist/innen verfolgt und vertrieben wurden. Zur Präsentation des Filmdokuments durfte die ÖAW den Nobelpreisträger Eric Kandel an der Akademie begrüßen.

© ÖAW/Daniel Hinterramskogler

Als Kinder und Jugendliche erlebten sie die nationalsozialistische Terrorherrschaft in Wien und mussten Österreich verlassen. In ihren Zufluchtsländern reüssierten sie als Wissenschaftler/innen, einige erhielten sogar einen Nobelpreis: Der Neurowissenschaftler Eric Kandel zählt ebenso zu dieser „Class of '38“ wie die als Zehnjährige ins Konzentrationslager deportierte Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger, der Chemiker Martin Karplus und der 2016 verstorbene Physiker Walter Kohn. Sie sind Zeitzeug/innen und Überlebende des Holocaust. Und sie prägten ihre Forschungsfelder als herausragende Wissenschaftler/innen nachhaltig.

Es sind diese Lebensgeschichten, die im Zentrum des Films „The Class of '38. Exile & Excellence“ stehen. Gestaltet vom Filmemacher Frederick Baker, erzählen darin sechzehn emigrierte Forscherinnen und Forscher von ihren Erfahrungen in Wien – und dem Leben danach. Die Motivation des Films war, wie Anton Zeilinger erläutert, die Erlebnisse dieser Menschen nicht nur in Form einer „gelernten“ Geschichte zu bewahren, sondern für künftige Generationen auch persönlich erfahrbar zu machen: „Es ist etwas anderes, wenn man mit solchen Menschen zusammentrifft und aus ihrem Mund hört, was damals passiert ist – und einen Eindruck von dem ungeheuren Verlust bekommt, den Österreich erlitten hat“, so der Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Spuren von Verfolgung, Bedrohung und Flucht

Nach Anton Zeilingers Idee und unter der wissenschaftlichen Leitung der ÖAW-Historiker/innen Johannes Feichtinger und Heidemarie Uhl bietet das Filmdokument „The Class of '38. Exile & Excellence“ in Interviews persönliche und unmittelbare Einblicke in die Kindheit der späteren Forscher/innen und zeigt, welche Spuren die Erfahrungen von Verfolgung, Todesbedrohung und Flucht in ihrem wissenschaftlichen Leben hinterlassen haben.

Bei der Präsentation von „The Class of '38. Exile & Excellence“ am 8. November 2019 durfte die ÖAW den im Film porträtierten Nobelpreisträger Eric Kandel als Ehrengast an der Akademie begrüßen. Das Ehrenmitglied der ÖAW schilderte dabei, wie eng sein unfreiwilliges Exil und der spätere Lebensweg in die wissenschaftliche Exzellenz für ihn persönlich zusammenhingen: "Es war eine schwierige Zeit für mich. Aber es gelang mir, sie zu bewältigen. Und davon konnte ich letztlich enorm profitieren. Denn es war wie beim Bewältigen aller großen Probleme des Lebens: Wenn man sie überwindet, geht man gestärkt daraus hervor." 

Erinnerungen für künftige Generationen bewahren

Um die Lebensgeschichten von Eric Kandel und weiteren 15 Vertreter/innen der vertriebenen Intelligenz auch für künftige Generationen zu bewahren, brachte die ÖAW eine Webseite zum Film online. Anhand von Porträts können Interessierte mehr über die Schicksale der befragten Wissenschaftler/innen erfahren. Der Film ist zudem auch als DVD im Verlag der ÖAW erhältlich.