14.08.2018

Einsteins Äquivalenzprinzip im Visier der Quantenphysik

Das Phänomen der sogenannten Superposition könnte ein altes physikalisches Prinzip relativieren, wie ÖAW-Quantenforscher herausgefunden haben. Darüber berichten sie nun im Fachjournal „Nature Physics“.

© José Luiz Bernardes Ribeiro/Piazza dei Miracoli (Pisa)/Wikimedia/CC
Galileo Galileo hat, wie es die Legende besagt, bei Experimenten am Schiefen Turm von Pisa seine Fallgesetze entwickelt. © José Luiz Bernardes Ribeiro/Piazza dei Miracoli (Pisa)/Wikimedia/CC

Alle Gegenstände fallen gleich schnell: Was Galileo Galilei schon im 16. Jahrhundert festgestellt hatte, entwickelte Albert Einstein hunderte Jahre später zur Äquivalenztheorie weiter. Seither in etlichen Experimenten bestätigt, hat dieser Grundsatz bisher nichts an seiner Gültigkeit verloren. Zumindest bis jetzt. Denn Caslav Brukner zufolge, dem Direktor des Wiener Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Professor an der Universität Wien, könnte ausgerechnet die Quantenphysik dieses Prinzip schon bald auf den Kopf stellen. Wie er gemeinsam mit Magdalena Zych von der University of Queensland in einer Publikation im Fachjournal „Nature Physics“ zeigte, könnte nämlich das Phänomen der sogenannten Superposition dafür sorgen, dass bei quantenphysikalischen Experimenten von Einsteins Äquivalenzprinzip ganz andere Ergebnisse auftreten als erwartet.

Quantenobjekte fallen anders

Superposition bezeichnet die quantenphysikalische Eigenschaft von Teilchen, zwei gegensätzliche Zustände gleichzeitig einnehmen zu können – beispielsweise, an zwei Orten gleichzeitig zu sein oder auch zwei unterschiedliche Massen zu haben. Sind Teilchen in dieser quantenphysikalischen Superposition und also beispielsweise gleichzeitig „leicht“ und „schwer“, können sie verschieden schnell fallen, wie Brukner und Zych nun untermauerten und damit das Prinzip von Einstein – und Galileo – auf den Prüfstand stellten.

Zwar wurde das Äquivalenzprinzip auch bereits in quantenphysikalischen Tests zumindest ansatzweise bestätigt, nicht aber unter Einbeziehung eben dieser Superposition. „In der Quantenmechanik muss die Masse eines Objektes nicht wohldefiniert sein“, erläutert Brukner einen Gegensatz zu klassischen Modellen und Theorien. Folglich sei vorstellbar, dass Quantenobjekte in Superposition anders fallen als herkömmliche Objekte – und eben auch anders als es Einsteins Prinzip vorhersagt, so Brukner.

Nähere Tests dazu sind noch erforderlich. Sollte sich die Relativierung des Einsteinschen Prinzips in der Quantenphysik aber bestätigen, würde dies nicht nur zahlreiche neue Türen für experimentelle Arbeiten der Zukunft aufstoßen, sondern auch etliche neue Perspektiven in der Anwendung, von ultrapräzisen Erdbeben-Messinstrumenten bis hin zu geologischen Analysen, eröffnen.

 

Publikation:

“Quantum formulation of the Einstein equivalence principle”, Magdalena Zych, Časlav Brukner, Nature Physics, 2018
DOI: https://www.nature.com/articles/s41567-018-0197-6

Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Wien der ÖAW