19.11.2019 | Quantenforschung

Atome mögen keine Vibrationen

Nanooptische Fallen sind ein vielversprechender Baustein für Quantentechnologien. Mit ihnen ist es möglich, kleinste Objekte festzuhalten. Forscher der Universität Innsbruck, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Humboldt-Universität zu Berlin haben nun ein wichtiges Hindernis für den praktischen Einsatz solcher Fallen aus dem Weg geräumt. Sie konnten zeigen, dass eine besondere Form von mechanischen Vibrationen die gefangenen Teilchen aufheizt und aus der Falle stößt.

Entlang einer sehr dünnen Glasfaser lassen sich mit Laserlicht einzelne Atome fangen. (Illustration: Mathieu L. Juan)

Mit der Kontrolle einzelner Atome können Quanteneigenschaften erforscht und für technologische Anwendungen nutzbar gemacht werden. Seit rund zehn Jahren arbeiten Physiker/innen daher an einer Technologie, mit der Atome eingefangen und kontrolliert werden können: sogenannten Nanooptischen Fallen. Das Prinzip, mit Licht mikroskopische Objekte einzufangen, wird dafür auf eine spezielle Glasfaser angewendet. Diese Glasfaser darf nur wenige hundert Nanometer dünn sein, also rund 100-mal dünner als ein menschliches Haar. In die Glasfaser wird Laserlicht geschickt, wodurch ein Lichtfeld entsteht, das einzelne Atome festhalten kann. Bisher war die Anwendbarkeit dieser Technologie allerdings dadurch eingeschränkt, dass die Atome sich nach sehr kurzer Zeit stark erhitzt haben und verloren gegangen sind. Trotz intensiver Suche kannte man die Ursache für diese Erhitzung bisher nicht.

Physiker vom Innsbrucker Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck konnten nun in Zusammenarbeit mit Kollegen von der Humboldt-Universität zu Berlin mithilfe eines theoretischen Modells zeigen, dass eine bestimmte Form von mechanischen Vibrationen der Glasfaser für die starke Erhitzung der Teilchen verantwortlich ist.

Mechanische Schwingungen der Glasfaser

„Es handelt sich hier um Schwingungen wie sie entstehen, wenn man in ein Seil Wellen schlägt“, erklärt Daniel Hümmer vom IQOQI Innsbruck. „Diese Vibrationen heizen die Teilchen, die nur rund 200 Nanometer über der Oberfläche der Glasfaser schweben, sehr rasch auf.“ Die theoretisch ermittelte Aufheizrate stimmt sehr gut mit den experimentellen Ergebnissen überein. Diese Erkenntnis hat wichtige Konsequenzen für Anwendungen: Einerseits kann die Technologie mit einfachen Gegenmaßnahmen deutlich verbessert werden.

Außerdem vermuten die Physiker, dass ihre Erkenntnis auch für viele ähnliche nanophotonische Fallen hilfreich sein könnte. Das von ihnen nun veröffentliche theoretische Modell liefert wesentliche Richtlinien für das Design solcher Atomfallen. „Bei der Herstellung dieser Fallen darf nicht nur auf die optischen Eigenschaften geachtet werden, auch die mechanischen Eigenschaften müssen berücksichtigt werden“, betont Oriol Romero-Isart von der Universität Innsbruck. „Unsere Berechnungen geben hier wichtige Hinweise, welche mechanischen Effekte am relevantesten sind.“

 

Auf einen Blick


Publikation: Heating in Nanophotonic Traps for Cold Atoms. Daniel Hümmer, Philipp Schneeweiss, Arno Rauschenbeutel, and Oriol Romero-Isart. Phys. Rev. X 9, 041034 DOI: 10.1103/PhysRevX.9.041034
https://doi.org/10.1103/PhysRevX.9.041034
 

Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW