30.10.2017

Affen-Gene passen sich an Immunschwäche-Virus an

Pflanzenforscher/innen der ÖAW fanden in Genom-Sequenzen von Meerkatzen Hinweise auf langfristige genetische Reaktionen auf HIV-ähnlichen Virus.

© Wikimedia/CC/Peggy Motsch
© Wikimedia/CC/Peggy Motsch

Wilde Grüne Meerkatzen sind oft Träger des Simanen Immundefizit-Virus (SIV), einem engen Verwandten des menschlichen Immunschwäche-Virus HIV. Bei Meerkatzen allerdings entwickelt sich dieser – im Gegensatz zu seinem menschlichen Pendant – nicht zur Erkrankung AIDS weiter. Der Grund dafür dürfte eine langfristige genetische Anpassung sein, wie ein internationales Forschungsteam rund um Magnus Nordborg, wissenschaftlicher Leiter des GMI – Gregor Mendel Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und seinem ehemaligen GMI-Kollegen Hannes Svardal, herausfand. Die Meerkatzen entwickelten sich über einen langen Zeitraum mit dem SIV weiter und konnten dadurch, wie die Forscher/innen im Fachjournal „Nature Genetics“ darlegen, genetisch einen Schutz vor der Immunschwäche aufbauen. 

Bei ihren Untersuchungen sequenzierten die Forscher/innen bei der bisher umfassendsten derartigen Studie die DNA von 163 Grünen Meerkatzen. Die Tiere stammten aus neun afrikanischen Ländern und von drei karibischen Inseln. In einem ersten Schritt wurde die genetische Verwandtschaft zwischen den afrikanischen Arten der Grünen Meerkatze erforscht. Anschließend untersuchten die Wissenschaftler/innen die Evolutionsprozesse, die die unterschiedlichen Arten hervorgebracht haben. Diese waren durchaus komplex: Zeitweise waren die Arten getrennt, anschließend gab es wieder Kontakte und Hybridisierung. Der Pflanzengenetiker Nordborg sieht darin jüngste Erkenntnisse aus der Pflanzenforschung bekräftigt: „Diese Analyse bestärkt viele Hypothesen über die Herausbildung von Arten, die durch unsere Forschung an Pflanzen entstanden sind: Die Entstehung von Arten ist ein komplexer Prozess mit Phasen der Isolation und anschließendem Austausch genetischen Materials.“ 

Ko-Evolution mit Viren

Untersucht wurde ferner auch die Beziehung zwischen den Meerkatzen-Arten und den Genomsequenzen der SIV-Stämme, die sie infiziert hatten. Dabei stellte sich heraus, dass sich die SIV-Stämme selbst bei Kontakt nicht ohne weiteres zwischen den Wirten übertragen. Denn die verschiedenen Meerkatzen-Arten hatten mehrere hunderttausend Jahre, um sich mit ihren spezifischen SIV-Stämmen weiterzuentwickeln. Svardal und seine Kolleg/innen suchten daher nach genetischen Hinweisen für diese Ko-Evolution im Meerkatzen-Genom. 

Sie entdeckten schließlich tatsächlich starke Hinweise auf eine natürliche Selektion in Genen, die in Verbindung mit Viren stehen. „Interessanterweise haben wir vor allem Beweise für eine Selektion jener Gene gefunden, die für die Transkription von Viren zuständig sind, nicht aber in Genen, die gegen eine SIV-Infektion schützen könnten. So scheint eines der am stärksten selektierten Gene nicht vor SIV selbst zu schützen sondern vor einem anderen Virus, dessen Verwandte beim Menschen normalerweise harmlos sind, aber bei AIDS-Patienten tödlich sein können“, sagt Svardal, der Hauptautor der Studie ist und inzwischen an der Universität Cambridge forscht. 

Für die Wissenschaftler/innen bedeutet das, dass die Meerkatzen sich genetisch angepasst haben, um mit dem Virus zu leben, aber nicht, um eine Infektion zu vermeiden. Nordborg: „Es ist noch ein weiter Weg, aber wir hoffen, dass unsere Forschung dazu beiträgt, dass bessere Therapien gegen HIV entwickelt werden.“ 

 

Publikation:

H. Svardal, AJ. Jasinska, C. Apetrei et al. Ancient Hybridization and Strong Adaptation to Viruses Across African Vervet Monkey Populations. Nature Genetics, 2017
DOI: dx.doi.org/10.1038/ng.3980

GMI – Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie der ÖAW