17.12.2018

400 Jahre alt, aber für die Raumfahrt unverzichtbar

Die Kepler’schen Gesetze prägen bis heute die Astronomie, indem sie die Umlaufbahnen von Planeten und anderen Himmelskörpern mathematisch korrekt beschreiben. Ein ÖAW-Symposium diskutiert zum 400-jährigen Jubiläum des 3. Kepler’schen Gesetzes die historische und wissenschaftliche Relevanz des großen Physikers.

© Wikimedia/Zentralbibiliothek Zürich/Ragesoss

Naturphilosoph, Mathematiker, Optiker, Theologe: All das war Johannes Kepler. Am wichtigsten und bis heute von höchster Relevanz waren aber seine Erkenntnisse als Astronom, waren doch seine Gesetze der Umlaufbahnen von Planeten um die Sonne ein wesentlicher Meilenstein für die neuzeitliche Wissenschaft. Die Entdeckung des dritten Kepler’schen Gesetztes jährt sich nun zum 400. Mal – ein Jubliäum, das die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit dem Symposium „Kepler und der Rote Planet“ am 18. Dezember feiert.

Immerwährend gültig

„Kepler veränderte das Weltbild. Seine Gesetze waren für ihn Ausdruck der Weltharmonie, sind aber von immerwährender Gültigkeit für unser modernes Satelliten- und Raumsonden-Zeitalter“, sagt Helmut Rucker, Obmann der ÖAW-Kommission für Astronomie, der das Symposium eröffnen wird. Ob als Astronom, kaiserlicher Mathematicus, beim Finden neuer Positionsbestimmungen für die Schifffahrt oder mit seinen vereinheitlichten Maßsystemen: Kepler revolutionierte die Wissenschaft seiner Zeit.

Grund genug also, zum 400. Jubliäum seines dritten Gesetzes über sein Leben und Wirken zu sprechen. Einer der Vortragenden ist der Grazer Physiker Rudolf Schmidt, der unter anderem die ESA-Mission „Mars Express“ (ab 2003) geleitet hat und bis zu seiner vor kurzem erfolgten Pensionierung als Generalinspekteur der Europäischen Weltraumbehörde tätig war. In seinen 35 Jahren bei der ESA war Schmidt oft mit den Kepler’schen Gesetzen befasst, denn: „Ohne sie gäbe es keine moderne Raumfahrt.“

In seinem Vortrag wird er darüber sprechen, wie nah Erfolg und Misserfolg in der Raumfahrt beieinander liegen: „Man liest immer nur über die gelungenen Projekte, selten aber über die jahrelangen Vorbereitungen und die Fehlschläge, die auf dem Weg dorthin passieren“, sagt Schmidt. Dabei wird er besonders auf die (bisher noch unbemannten) Mars-Landungen eingehen, die in der Vergangenheit statistisch nur in vier von zehn Fällen geglückt sind. Auch bei bestmöglichen Vorbereitungen könne etwas schiefgehen.

Mars im Zentrum des Interesses

Obwohl etwa auch Missionen zur Venus oder dem Saturnmond Titan wissenschaftlich relevante Ergebnisse bringen könnten, steht aktuell der Mars im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit, sagt Schmidt: „Einerseits wegen tatsächlich spektakulärer Projekte wie ‚InSight‘ und ‚Mars Rover‘, aber auch dank guter PR – Stichwort: Suche nach Wasser und Leben – sowie dank Hollywood-Blockbustern wie ‚Der Marsianer‘“.

Bei diesem Film aus dem Jahr 2015 war Schmidt übrigens als wissenschaftlicher Berater bei den Dreharbeiten in Budapest am Set dabei: „Regisseur Ridley Scott wollte den Film so realistisch wie möglich gestalten und Kompromisse nur dort eingehen, wo es unbedingt nötig ist.“ Das sei dem Regisseur weitgehend auch gelungen, sagt Schmidt.

Auf den einen oder anderen dramaturgischen Kniff habe dieser dann aber „verständlicherweise“ doch nicht verzichten können: „Ansonsten hätte es etwa bei der Funkverbindung zur Erde bei jedem gesprochenen Satz eine halbe Stunde Verzögerung gegeben, denn so lange braucht das Signal nun einmal“, sagt Schmidt. Da wäre das Kinopublikum aber eingeschlafen, weswegen im Film auf eine Echtzeitverbindung zurückgegriffen wurde.

Finanzielle Limitierungen

Ambitionierte große Raumfahrt-Projekte würden heute meist nicht an technischen oder menschlichen Grenzen, sondern an politischen und vor allem auch finanziellen Einschränkungen scheitern, berichtet Schmidt: NASA-Mitarbeiter etwa würden nicht mit Kolleg/innen aus China zusammenzuarbeiten. Die zehnmal kleinere ESA hingegen sei auf internationale Kooperationen angewiesen und auch deswegen offener in der Zusammenarbeit.

Eine positive Funktion sieht Schmidt bei gut betuchten Unternehmern, die sich eigene Weltraumprogramme leisten – wie Tesla-Gründer Elon Musk: „Musk ist ein Visionär: Seine Falcon-9 Rakete macht locker der Ariane-5 der ESA Konkurrenz. Mit seinen ambitionierten Plänen, etwa in Sachen bemannter Marsmissionen, macht er Druck auf NASA & Co. und nimmt ihnen das Argument, dass man dieses oder jenes technisch nicht machen könne.“

„Den Himmel durchmaß ich mit Geist“

Die Zukunft der Raumforschung bleibt jedenfalls, auch 400 Jahre nach Kepler, spannend. Mehr über Schmidts jahrzehntelange Arbeit bei der ESA sowie Erfolge, aber auch Rückschläge in der Raumfahrt wird er beim Kepler-Symposium am 18. Dezember erzählen. Auf dem Programm stehen auch Beiträge über Keplers Lebensstationen in Graz (1594-1600), Prag (bis 1612) und Linz (bis 1626). Auch andere Themen stehen auf dem Programm: So wird etwa Günter Kargl vom Grazer ÖAW-Institut für Weltraumforschung einen Überblick über die aktuelle InSight-Mission zum Mars geben.

Unbestritten ist, dass Keplers Gesetze zeitlos gültig sind und bleiben werden, wie Rucker betont: „Sein Wirken unter Kriegsgefahr und ständiger Bedrängnis in Glaubensfragen war beispielhaft, seine wissenschaftlichen Anstrengungen nachahmenswert.“ Kepler war zwar zeitlebens nicht mit irdischen Reichtümern gesegnet, war aber laut Rucker zweifellos einer der größten Gelehrten seiner Zeit. In diesem Sinne sei auch die von Kepler gewählte Grabinschrift zu verstehen: „Den Himmel durchmaß ich mit Geist.“

 

Das Symposium „Kepler und der Rote Planet“ findet auf Einladung der Kommission für Astronomie der ÖAW am 18. Dezember ab 13:30 Uhr im Hauptgebäude der Akademie in Wien statt. Der Eintritt ist frei.

Veranstaltungs-infos