18.11.2020

Wie viele Stürme bringt der nächste Sonnenzyklus?

Möglicher Durchbruch mit Parker Solar Probe & Solar Orbiter

© C. Möstl, A. J. Weiss

Im Astrophysical Journal hat ein internationales Team unter der Leitung des Grazer Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Anzahl der Sonnenstürme berechnet, die im nächsten Sonnenzyklus auf die Erde und Raumsonden wie Solar Orbiter und die Parker Solar Probe treffen könnten.

Sonnenstürme sind enorme Plasmawolken, die sich im Sonnenwind ausbreiten und potentiell die Erde treffen können und hier nicht nur Nordlichter, sondern im Extremfall sogar Stromausfälle und verschiedenste Probleme für Satelliten und Astronauten verursachen können. In der soeben erschienenen Studie wurden zwei Vorhersagen herangezogen, wie sich der neue Sonnenzyklus, der im Dezember 2019 begonnen hat, in der nächsten Dekade entwickeln wird.

Für eine Expert*innen-Kommission der NASA und NOAA in den USA deutet alles auf einen ähnlich schwachen Zyklus wie den letzten hin, bei dem im Maximum etwa zwei Sonnenstürme pro Monat die Erde trafen. Eine Studie unter der Federführung des High Altitude Observatory in Colorado, USA, zeigt aber, dass dies unter Berücksichtigung der Länge und Amplitude vorheriger Zyklen auch anders sein könnte und wir einen der stärksten Sonnenzyklen seit dem 18. Jahrhundert zu erwarten hätten. Laut der neuen IWF-Studie würden in diesem Fall im Schnitt bis zu fünf Sonnenstürme pro Monat die Erde treffen. Das könnte zu bisher ungeahnten Herausforderungen für Satellitenbetreiber und Fluggesellschaften führen, die solche Werte seit den früheren 1990er Jahren nicht kennen.

Der Fall der höheren Aktivität weckt allerdings das Interesse der Wissenschaft. Die Parker Solar Probe der NASA, die 2018 gestartet wurde, nähert sich alle paar Monate der Sonne bis auf wenige Millionen Kilometer. "Wir konnten nun zeigen, dass sich die Raumsonde dort so schnell bewegt, dass sie zweimal einen Sonnensturm kreuzen könnte, was neue bahnbrechende Erkenntnisse über die Entstehung und Ausbreitung von Sonnenstürmen ermöglichen sollte", betont IWF-Forscher Christian Möstl, Erstautor der Studie. "Solar Orbiter könnte dann mit Bildern, die zeigen, wie der Sonnensturm über die Parker Solar Probe hinwegfegt, und danach mit Hilfe seines Magnetfeld-Messgeräts den entscheidenden Kontext liefern, um die Daten richtig zu interpretieren." Das IWF ist an Solar Orbiter sowohl am Magnetfeldmessgerät als auch am Bordcomputer beteiligt.

Das laufende Forschungsprojekt wird vom FWF finanziert (P31521).

 

Abbildung
Simulation der Parker Solar Probe, die zweimal durch den magnetischen Kern eines Sonnensturms fliegt
(© C. Möstl, A. J. Weiss, Download, Animation auf Youtube).

Publikation
C. Möstl
, A. J. Weiss, R. L. Bailey, M. A. Reiss, T. Amerstorfer, J. Hinterreiter, M. Bauer, S. W. McIntosh, N. Lugaz, and D. Stansby: Prediction of the In Situ Coronal Mass Ejection Rate for Solar Cycle 25: Implications for Parker Solar Probe In Situ Observations, Astrophysical Journal, 903, 955-970, doi: 10.3847/1538-4357/abb9a1, 2020

Kontakt
Dr. Christian Möstl
M +43 681 10134856
christian.moestl(at)oeaw.ac.at
Twitter: @chrisoutofspace

IWF-Presseaussendung