25.07.2016

MAGNETE AUF DEM VORMARSCH

Sommerserie Young Academics: Der ÖAW-Physiker Jordi Prat-Camps erforscht, wie sich magnetische Felder kontrollieren lassen. Seine Arbeit könnte auch die Quantenphysik maßgeblich beeinflussen.

© IQOQI INNSBRUCK/Markus Knabl
© IQOQI INNSBRUCK/Markus Knabl

"Ich war einfach der einzige aus unserem Team, der unter 30 war", so erklärt sich Jordi Prat-Camps die Tatsache, dass er Anfang 2016 auf die „Forbes“-Bestenliste der unter 30-jährigen Wissenschaftler Europas gekommen ist. Natürlich ist wissenschaftliches Arbeiten stets Teamarbeit, nichtsdestotrotz ist die Karriere des jungen Physikers, der seit letztem Jahr am ÖAW-Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Innsbruck forscht, beachtlich: 2015 gelang es dem 27-jährigen Spanier im Rahmen seiner Dissertation an der Autonomen Universität Barcelona ein magnetisches Wurmloch zu konstruieren. Dabei verschwindet das magnetische Feld an einem Punkt und taucht an einem anderen wieder auf – der Weg, den es von A nach B zurücklegt, bleibt den Detektoren verborgen. Ein Traum für jeden Science-Fiction Fan, allerdings: "Wir transportieren weder Licht noch Materie, sondern ausschließlich magnetische Felder", so Prat-Camps.   

Metamaterialien als Schlüssel zum Erfolg

Die Schlüsselelemente sind dabei zwei Metamaterialien - supraleitende und ferromagnetische. "Richtig kombiniert, kann man damit magnetische Felder beinah beliebig kontrollieren und unterschiedliche Effekte erzielen", so der Jungphysiker. Also entweder fungieren sie als Tarnkappe, wie beim Wurmloch, oder sie verstärken magnetische Felder.

Die Inspiration für seine Forschung holte sich der Physiker aus wissenschaftlichen Arbeiten zur Ausbreitung des Lichts. Auch darin lautet das beschriebene Ziel, Licht zu kontrollieren - es also beispielsweise zu fokussieren oder unsichtbar zu machen. "Wir haben die Arbeiten und Theorien hierzu gelesen und uns gedacht, das könnte auch mit magnetischen Feldern klappen."

Und das tat es. Jedoch hatten Prat-Camps und sein Team einen entscheidenden Vorteil: Um Licht zu kontrollieren, muss man nicht nur die Ausbreitung von magnetischen Wellen beeinflussen, sondern auch von elektrischen. Hinzu kommt, dass Supraleiter und Ferromagneten gewissermaßen "einzigartig" sind. Das heißt, es gibt kein Pendant, mit dem sich elektrische Felder so leicht steuern lassen wie magnetische.

Anwendung: Medizin und Handys

 Zwar betont der Nachwuchsphysiker, dass es sich bei seiner Arbeit um Grundlagenforschung handelt, dennoch zeichnen sich bereits jetzt mögliche Anwendungsgebiete ab - wie zum Beispiel in der Medizin. Bei der Magnetresonanztomographie werden mithilfe von magnetischen Wellen die Eigenschaften und Funktion von Organen und Gewebe untersucht. "Könnte man beispielsweise einen Teil des Köpers abschotten, wäre ein MRT auch für Menschen mit einem Herzschrittmacher oder einem anderen magnetischen Implantat denkbar", erklärt Prat-Camps. Allerdings sei dies bloße Spekulation, da man hier noch am Forschungsanfang stehe, ergänzt der ÖAW-Physiker.

Weniger spekulativ ist die Anwendung der Forschung auf das kabellose Aufladen von Handys. Derzeit dürfen Sender und Empfänger maximal einen Zentimeter von einander entfernt sein, damit es funktioniert. Mithilfe von Supraleitern und Ferromagneten könnte man die beiden Pole jedoch verstärken und Akkus über größere Entfernungen aufladen. "Noch funktioniert das nur unter Laborbedingungen, wir sind aber gerade im Gespräch mit Handyherstellern, um die Forschung in die Anwendung zu bringen."

Die Physik: "Mehr Fragen als Antworten"

Bereits als Kind stellte sich Prat-Camps die Frage, warum die Welt ist, wie sie ist. "Als ich älter war, schien mir, dass ich in der Physik am ehesten Antworten finden würde." Tatsächlich fand er aber mehr Fragen als Antworten. "Das war eine sehr schöne Erfahrung und macht es für mich letztlich interessant", so der Nachwuchsphysiker.

Die Neugier und die Suche nach Antworten und neuen Fragen führte Prat-Camps schließlich an das IQOQI Innsbruck. "Magnetische Felder werden in Zukunft eine noch größere Rolle in der Physik spielen", ist er überzeugt. Vor allem in der Quantenphysik. Bisher versuchte man, Quantensysteme via Laser oder Optik  zu kontrollieren. Heute zeigt sich, dass hier auch mit magnetischen Feldern experimentiert wird. "Das hat mich sehr überrascht. Ich hoffe, ich kann sehr viel von unserer Forschung und entwickelten Geräten einbringen", erklärt Prat-Camps. "Allerdings stehe ich hier noch vor der großen Hürde, mich komplett in die Welt der Quantenphysik zu begeben - momentan habe ich davon noch zu wenig Ahnung."