11.03.2024

Höchste Auszeichnungen der ÖAW verliehen

Mit 15.000 Euro dotierte Preise für exzellente Leistungen in der Forschung erhalten der Rechtshistoriker Gerhard Thür, der Biologe Leonid A. Sazanov und der Molekularbiologe Thomas Vogl.

© Daniel Hinterramskogler

Einmal im Jahr verleiht die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ihre höchsten Wissenschaftspreise. Der Wilhelm Hartel-Preis, der Erwin Schrödinger-Preis und der Elisabeth Lutz-Preis sind jeweils mit 15.000 Euro dotiert und gehen heuer an drei Wissenschaftler: Gerhard Thür wird mit dem Wilhelm Hartel-Preis für seine Forschungen auf dem Gebiet der der antiken Rechtsgeschichte ausgezeichnet. Mit dem Erwin Schrödinger-Preis würdigt die ÖAW Leonid A. Sazanov für seine wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Strukturbiologie von Membranproteinkomplexen. Thomas Vogl wird für seine Forschung über die komplexe Immunantwort von Antikörpern vor allem gegenüber dem intestinalen Mikrobiom im Rahmen von Autoimmunerkrankungen und Krebs mit dem Elisabeth Lutz-Preis ausgezeichnet.

Im Rahmen der Preisverleihung am 12. März werden zudem zwölf Nachwuchsforscher:innen ausgezeichnet. „Die Vielzahl an ausgezeichneten Forscher:innen und ihrer herausragenden Arbeiten sind der lebendige Beweis für die exzellente Forschungslandschaft, die wir durch die Preise der Österreichischen Akademie der Wissenschaften tatkräftig fördern. Die Preise sind Würdigung und Bestätigung. Es lohnt sich, neue und kreative Ideen zu verfolgen und Lebenszeit in die Forschung zu investieren“, sagt ÖAW-Präsident Heinz Faßmann.

Gerhard Thür: Erforschung des altgriechischen Rechts

Gerhard Thür konzentrierte sich in seinen Forschungen auf die Rechtsgeschichte der antiken griechischen Stadtstaaten. Dabei liegen einerseits umfangreiche Quellen in den attischen Gerichtsrednern vor, andererseits in tausenden originalen Inschriften auf Stein. Durch diesen Ansatz hat er einen neuen Zugang zum Verständnis des griechischen Rechtssystems und seiner Institutionen eröffnet, sowie zu den Quellen selbst.
Seine Arbeit hat nicht nur dazu beigetragen, die Epigraphik und Papyrologie in die Rechtswissenschaft zu integrieren, sondern hat auch die Rechtsgeschichte und ihre Fragestellungen in diese beiden Quellenwissenschaften sowie in die Analyse der attischen Redner eingebracht.

Leonid A. Sazanov: Wie molekulare Maschinen funktionieren

Leonid A. Sazanov untersucht mit seiner Forschungsgruppe am ISTA das molekulare Design von komplexen biologischen Maschinen, die für zelluläre Prozesse verantwortlich sind. Im Detail geht es dabei um Membranproteinkomplexe. Sazanovs Forschung vertieft das Verständnis der Ursachen verschiedener Krankheiten und legt damit den Grundstein für die Entwicklung wirksamer Medikamente zu deren Bekämpfung.

„Ich fühle mich besonders geehrt, diesen Preis zu erhalten, denn es war die Lektüre von Erwin Schrödingers Buch ‚Was ist Leben?‘ in der Schule, die mich ermutigt hat, später an der Universität Biophysik zu studieren“, sagt der Schrödinger-Preisträger. Die Auszeichnung unterstreicht für ihn nicht nur die Leistung seiner Forschungsgruppe am ISTA, sondern „zeigt auch, welche Bedeutung die Akademie der Grundlagenforschung im Allgemeinen – und der Strukturbiologie und dem besseren Verständnis von Membranproteinkomplexen im Besonderen – beimisst“, so Sazanov.

Thomas Vogl: Mikrobiellen und Tumor-Faktoren auf der Spur

Der menschliche Körper besteht aus etwa 100 Billionen Zellen sowie mindestens ebenso vielen Bakterien im Verdauungstrakt, dem Darmmikrobiom. Diese Mikroorganismen beeinflussen unsere Abwehrkräfte und spielen auch eine Rolle bei Krebs. Thomas Vogl versucht am Zentrum für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien die Rolle des Mikrobioms und des Immunsystems in Autoimmun- und Krebserkrankungen zu entschlüsseln. Dazu kombiniert er experimentelle Biologie mit Machine Learning und Datenwissenschaft. Durch seine innovativen Methoden wurden bereits eine Fülle neuer Biomarker identifiziert, die den Weg zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze ebnen.

„Es freut mich sehr, dass unsere Forschung zum Zusammenspiel des Darmmikrobioms mit dem Immunsystem auch in dieser Form Anerkennung findet“, sagt Thomas Vogl zur Zuerkennung des Elisabeth Lutz-Preises. „Wir verwenden komplementäre Ansätze aus Bioinformatik, System-Immunologie, und Künstlicher Intelligenz, was das große Potential von interdisziplinären Projekten aufzeigt.“

Pressebilder

Nachwuchspreise der ÖAW

Quantencomputing, Paläobiologie, Katalysatoren und Computerchemie

Martin Ringbauer von der Universität Innsbruck erhält den mit 4.000 Euro dotierten Hans und Walter Thirring-Preis für seine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen im Bereich Quantencomputing. Manuel Amadori von der Universität Wien wird ein Erich Thenius-Stipendium in der Höhe von 4.000 Euro für seine Dissertation zuerkannt, die er im Bereich der Paläobiologie und Taxonomie des ausgestorbenen Hais Ptychodus verfasst hat.

Mit dem Karl Schlögl-Preis in Höhe von 4.000 Euro werden Shaghayegh Naghdi von der TU Wien und Lukas Wein von der Universität Innsbruck geehrt: Naghdi wird für ihre Dissertation, in der sie zu sogenannten metallorganischen Gerüstverbindungen im Bereich der effizienten photokatalytischen Wasserstoffentwicklung geforscht hat, ausgezeichnet. Lukas Wein von der Universität Innsbruck wird für seine Dissertation, in der er Trachy­lobane hergestellt und zwei neuartige Reaktions­mechanis­men mittels Computer­chemie ent­schlüsselt hat, gewürdigt. 

Rechtswissenschaften und Sozialgeschichte

Franz Hartlieb von der Universität Graz und Lisa Rösler von der Universität Wien werden mit dem Gustav Figdor-Preis für Rechtswissenschaften (4.000 Euro) prämiert: Hartlieb wird für seine Habilitationsschrift zu Verbandsvertragsrecht ausgezeichnet, Rösler für ihre Dissertation auf dem Gebiet der Diversion im Suchtmittelrecht.

Lena Sadovski von der Universität Wien und Markus Wurzer von der Universität Graz erhalten für ihre Monographien den Jubiläumspreis des Böhlau Verlages Wien in Höhe von 4.000 Euro zu gleichen Teilen. Sadovski wird für ihre Veröffentlichung mit dem Titel „Split. Sozialgeschichte einer Stadt im venezianischen Dalmatien (1480–1530)“ prämiert und Wurzer für seine Publikation „Der lange Atem kolonialer Bilder. Visuelle Praktiken von (Ex-)Soldaten und ihren Familien in Südtirol/Alto Adige 1935–2015“.

Klimagerechtigkeit, Mantras und Schutz für Asylsuchende

Im Fach Philosophie werden zu gleichen Teilen Laura García Portela und Dominik Haas mit dem Roland Atefie-Preis in Höhe von 4.000 Euro ausgezeichnet: García Portela wird für ihre Dissertation zum Thema Klimagerechtigkeit, die sie an der Universität Graz durchgeführt hat, gewürdigt und Haas wird der Preis für seine Dissertation, eine philologische-historische Studie über Gāyatrī-Mantra, an der Universität Wien zuerkannt.

Der Dissertationspreis für Migrationsforschung (4.000 Euro) geht zu gleichen Teilen an Angelika Adensamer von der Universität Graz und Rojan Amini-Nejad von der Universität Wien. Adensamer wird für ihr Dissertationsprojekt ausgezeichnet, in dem sie sich mit automatisierter Sprachanalyse im Asylverfahren beschäftigt und Fragen des Rechtsschutzes gegen Algorithmen im Verwaltungsrecht ausleuchtet. Amini-Nejad wird für ihr Dissertationsprojekt zur psychischen Gesundheit von Asylsuchenden in Österreich prämiert.

 

Auf einen Blick

Rückfragehinweis

Sven Hartwig
Leiter Öffentlichkeit & Kommunikation
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