Forschungsexzellenz ist messbar geworden, durch Rankings, Impact-Faktoren und ähnliche Indikatoren. Aber ist sie auch planbar? Gibt es also Strategien, wie man etwa eine Universität in die obersten Ränge der Weltklasse-Einrichtungen bringt oder gibt es ein „How to“ für künftige Nobelpreisträger/innen? Darüber diskutierten sieben Expert/innen aus der österreichischen Forschungslandschaft am 15. Dezember 2016 auf Einladung der Jungen Akademie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Harvard und Co. nicht für copy und paste geeignet
Am Podium war auch die ehemalige Vizepräsidentin des Wissenschaftsfonds FWF, Christine Mannhalter. Sie wies in einem Eingangsstatement darauf hin, dass Universitätsrankings zwar ein Indiz für Exzellenz seien, jede Auflistung jedoch unvollständig ist. „Insgesamt werden vielleicht zwei bis fünf Prozent der Universitäten miteinbezogen. Das heißt nicht, dass die anderen nicht auch gut sind.“
Auch der Vorsitzende des Österreichischen Wissenschaftsrates, Antonio Loprieno, der mit einem Impulsreferat erste Inputs für die Diskussion am Podium lieferte, wies darauf hin, dass Exzellenz nicht automatisch erreicht werden könne, indem man den hochrangigen Universitäten nacheifert und sie kopiert. Es brauche vielmehr Diversität.
Spitzen-Unis wie Harvard oder Yale sind aber auch in einer anderen Hinsicht nicht unbedingt ein Vorbild. Ihr Fokus gilt nämlich in erster Linie der Forschung, wodurch die Bedeutung der Lehre in der Exzellenzdiskussion zunehmend in den Hintergrund rückt. „Gerade exzellente Forscher betonen aber immer wieder, wie wichtig forschungsgeleitete Lehre ist. Dennoch lautet die erste Forderung bei vielen, Reduktion des Lehrauftrages“, berichtete Sabine Seidler. Dafür habe die Rektorin der Technischen Universität Wien zwar Verständnis, „wir sind aber eine Universität und ein Forscher, der an eine Uni geht, muss auch lehren“.
Stellt sich also die Frage nach dem richtigen Maß von exzellenter Lehre und Forschung? Oder können Universitäten und Wissenschaftler/inne beides auf höchstem Niveau leisten? Nein, meinte Sabine Seidler und Antonio Loprieno fügte hinzu, dass es in Zukunft einen „dritten Weg“ geben müsse, der auf die Spezialisierung von Universitäten abzielt. „In zehn Jahren werden wir eine andere Universitätslandschaft haben, aufgeteilt nach mehr Forschung oder mehr Lehre.“
Faktoren für Erfolg und Misserfolg
Was Forschungsinstitute erfolgreich, vielleicht sogar exzellent macht oder weshalb sie versagen, hat sich Klement Tockner, amtierender Präsident des FWF, angesehen. Die überraschende Erkenntnis: Nicht nur die Forschung auch die Verwaltung muss Spitzenleistungen ermöglichen. Demnach mussten Institute ihre Pforten schließen, wenn die Verwaltung ins Stocken kam: „Das betraf Fragen der Institutsverwaltung und Entscheidungshoheit. An zweiter Stelle kam das Thema der Qualitätssicherung, sprich wie identifiziere ich Nachwuchspersönlichkeiten?“
Und das ist nicht immer einfach, da diese sich oftmals nicht mit einer wissenschaftlichen Normalbiographie bewerben. Auch hier sei es somit wichtig, Diversität nicht aus dem Blick zu verlieren, war man sich am Podium einig. Karin Gutiérrez-Lobos, ehemalige Vizerektorin für Lehre, Gender & Diversity an der MedUni Wien, forderte in diesem Zusammenhang mehr Mut zum Risiko ein: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass man hier einen Mittelweg zwischen evidenzbasierten Daten und einer ‚High Risk‘ Forschung verfolgt. Man sollte auch wagen, jungen Leuten mit ganz neuen Ideen, eine Chance zu geben. Das wäre ein strategischer Auftrag, der auch vom Wissenschaftsministerium kommen kann.“ Eine Forderung, die in Deutschland bereits Teil der vieldiskutierten Exzellenzstrategie ist.
Exzellenz ist Erfahrungssache
Doch welche Ideen erhalten eine Chance und welche nicht? Exzellenz vorzeitig zu erkennen, sei eine Herausforderung, wie Heribert Wulz vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft anmerkte: „Das Problem ist, dass wir da, wo Forschung geschieht, in vielen Fällen nicht einmal ansatzweise absehen können, was diese Forschung irgendwann bewirken wird.“
In solchen Fällen sollte man auf die Erfahrung vertrauen, riet Stefan Pichler, Vizerektor für Forschung an der Wirtschaftsuniversität Wien und verwies dabei auf erfolgreiche Unternehmen, die sich in letzter Instanz an die Einschätzung von Expert/innen halten. „Wir müssen natürlich Dinge vergleichen, denn ohne Nicht-Exzellenz gibt es auch keine Exzellenz. Man sollte aber auf seine Erfahrung vertrauen. Wir erkennen es schließlich, wenn wir einen ausgezeichneten Vortrag hören.“