07.10.2016

Ein Laser für alle Fälle

Dem jungen Physiker Sandile Ngcobo gelang es, den weltweit ersten digitalen Laser zu bauen. Was sich dadurch verändern könnte, erklärte der Südafrikaner bei einem Vortrag an der ÖAW.

© Südafrikanische Botschaft Wien
© Südafrikanische Botschaft Wien

Wer hat‘s erfunden? Wenn es um den weltweit ersten digitalen Laser geht, ist die Sache klar: „Eine revolutionäre Technologie“, „ein Meilenstein in der Laserforschung“ – der Physiker Sandile Ngcobo sorgte im Jahr 2013 mit seiner Erfindung für Schlagzeilen in der Fachwelt. Viele gehen davon aus, dass seine Forschung die Nutzung von Laserstrahlen erheblich verändern wird, sei es in der Medizin, in der Kommunikations- oder Unterhaltungsbranche oder in der Industrie.

Auf Einladung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Südafrikanischen Botschaft war Ngcobo am 3. Oktober 2016 in Wien für einen Vortrag zu Gast. Im Interview erzählt Ngcobo, wie er auf die Idee zum digitalen Laser kam, welche Anwendungsbereiche es dafür geben könnte und welchen Beitrag Wissenschaft zur Entwicklung eines Landes leisten kann.

Sie sprechen davon, dass Wissenschaft wichtig für Entwicklung ist – was meinen Sie damit?

Sandile Ngcobo: Werfen wir zum Beispiel einen Blick in den Supermarkt. Früher klebte auf jedem Produkt der Preis, den die Kassierer/innen eintippen mussten. Heute haben wir Strichcodes, die einfach und schnell von Lasern gescannt werden. Plötzlich mussten die Menschen beispielsweise nicht mehr so lange in der Schlange stehen, wodurch sich die Produktivität in den Supermärkten und darüber hinaus erhöhte. Dieser wie jeder anderen Technologie, die wir heute nutzen, liegt Forschungsarbeit zu Grunde. In dem Moment, wo Forschung Anwendung findet, bedeutet das, dass die Produktivität in dem Land steigt.

Inwieweit lässt sich das auf Ihren Durchbruch in der Laserforschung übertragen?

Ngcobo: Bei unserer Forschung geht es darum, die Kosten zu reduzieren und die Funktionalität zu erhöhen. Man muss wissen, das Charakteristische an der derzeitigen Lasertechnologie ist, dass die Form des Laserstrahls auch die Anwendungsmöglichkeit bestimmt.

Um beim Beispiel des Supermarkts zu bleiben: Barcodes werden mit strichförmigen Laser gescannt, damit der gesamte Barcode erfasst werden kann. Will man diese Form ändern und beispielsweise nun einen Laserpointer für einen Vortrag haben – also einen Punkt auf die Wand werfen, dann muss man sich einen neuen Laser kaufen. Das ist nicht nur unpraktisch sondern vor allem teuer, wenn man für jede Anwendung einen eigenen Laser benötigt. Die Form des digitalen Lasers aber kann man jederzeit verändern und somit auch seine Funktion.

Wie funktioniert das genau?

Ngcobo: Ein Laser besteht unter anderem im Inneren aus zwei gegenüberliegenden Spiegeln. Wir haben einfach einen der beiden durch einen kleinen LCD-Bildschirm (Liquid Crystal Display – Anm.) ersetzt. Diesen kann man, wie bei einem LCD-Fernsehbildschirm beliebig mit digitalen Hologrammen bespielen. Dabei verändern die Kristalle in dem Bildschirm ihre Ausrichtung und formen dann das Licht bzw. den Laserstrahl exakt nach dem Hologramm. Ändert man das Bild auf dem LCD-Schirm, ändert sich auch die Eigenschaft des Laserstrahls entsprechend. Somit kann man den Laser kontrollieren und ändern. Das bedeutet, mit einem digitalen Laser brauche ich nur noch ein Gerät, das man an die gewünschten Funktionen anpassen kann – alles, was man braucht, ist ein Bild.

Als Sie vor drei Jahren die Forschungsergebnisse veröffentlichten, sprachen viele von einer „Revolution“. Was braucht man für so eine Revolution – auch Zufall?

Ngcobo: Nein, das war nicht wirklich ein Zufall. Wissenschaftler/innen am südafrikanischen CSIR – Council of Scientific and Industrial Research forschten schon lange an einer neuen Lasertechnik – noch bevor ich dazu kam. Den LCD-Bildschirm hatten wir damals schon im Labor, aber für eine andere Forschung eingesetzt. Damit wollten wir Licht so steuern, dass es jede beliebige Form annehmen kann. Erst als wir uns die Frage stellten, ob auch ein Laser jede geometrische Form annehmen könnte, kam das Display ins Spiel.

Warum ich auf diese Idee kam? Ich hatte einfach einen anderen Blick auf gewisse Dinge. Sicher auch deshalb, weil ich nicht nur Physik sondern auch Programmieren gelernt habe. Als ich es vorschlug, waren einige eher skeptisch, ob es funktionieren würde.

Noch gibt es den Laser nur als Prototyp und nicht zu kaufen. Welche Schritte fehlen noch?

Ngcobo: Jetzt geht es einerseits darum, mögliche Anwendungen zu finden. Darüber hinaus arbeite ich daran, die Energie des Lasers zu erhöhen, ohne dabei den LCD-Bildschirm zu zerstören. Im Moment limitiert der LCD-Bildschirm die Energie, die man nutzen kann.  

Wo könnte der digitale Laser angewendet werden?

Ngcobo: Laser werden heutzutage bereits in vielen Bereichen eingesetzt, wenn man Musik hört, oder bei Operationen oder im Supermarkt, bei Lichtschranken usw. Der digitale Laser wäre hier überall ein großer Fortschritt. Beispielsweise beim Zuschneiden von Metallplatten. Dabei würde man ein perfektes Bild auf den LCD hochladen und der Laser schneidet oder stanzt exakt die gewünschte Form aus.

Und wann wird es digitale Laser zu kaufen geben?

Ngcobo: Das hängt von der Anwendung ab. Aber ich würde sagen, in all jenen Bereichen, in denen Laser auch jetzt schon eingesetzt werden, wird es möglicherweise weniger als ein Jahr dauern, bis herkömmliche Laser durch digitale ersetzt werden könnten.

 

Sandile Ngcobo hat an der University of KwaZulu-Natal in Physik promoviert und ist derzeit Senior Researcher am CSIR – Council of Science and Industrial Research in Südafrika. Dort ist er in der Forschungsgruppe für mathematische Optik tätig.

Zum Weiterlesen:
„The digital laser“. Sandile Ngcobo, Igor Litvin, Liesl Burger, Andrew Forbes. arXiv, 2013
arXiv:1301.4760