06.03.2017

Das erste Gold

Das älteste Goldbergwerk Europas im bulgarischen Ada Tepe steht im Mittelpunkt einer neuen Ausstellung am Kunsthistorischen Museum Wien. Erforscht wird der archäologische Sensationsfund von Wissenschaftler/innen der ÖAW.

© Krassimir Georgiev, NAIM

Das Kunsthistorische Museum widmet derzeit dem ältesten Goldbergwerk Europas in Ada Tepe und goldenen Schätzen der Bronzezeit eine Ausstellung auf der Basis aktuellster Forschung. Bei der Schau mit dem Titel „Das erste Gold“ sind mehr als 300 Gold-, Silber- und Bronzefunde aus 14 bulgarischen Museen zu sehen, die Besucher/innen in ein prähistorisches Zeitalter entführen.

Der unscheinbare Name Ada Tepe steht für einen archäologischen Sensationsfund. Im bulgarischen Rhodopengebirge wurde das einzige bekannte prähistorische Goldbergwerk Europas entdeckt. Von rund 1500 v. Chr. bis zum Ende der Bronzezeit um etwa 1000 v. Chr. wurde hier der Abbau des Edelmetalls betrieben. Wissenschaftler/innen des Instituts für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erforschen gemeinsam mit der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften seit 2016 die dort gemachten Funde – und sind dabei möglicherweise sogar der Quelle des Goldes für die sagenhaften Reichtümer von Mykene und Troia auf der Spur.

„Unsere Forschungen konzentrieren sich auf die Produzenten und Konsumenten dieses bisher unbekannten Ada Tepe Goldes. Wer waren die lokalen Bergwerksleute, für wen haben sie das Gold abgebaut und wohin wurde es gehandelt? Dieser Neufund ermöglicht uns sehr alte Forschungsfragen neu aufzurollen und die Beziehungen zwischen dem Balkan und der Ägäis in dieser spannenden Periode zu klären“, erläutert die ÖAW-Archäologin Barbara Horejs, eine der Kurator/innen der Schau, ihr vom Wissenschaftsfonds FWF finanziertes Projekt „Bronze Age Gold Road of the Balkans“. 

"Der größte Schatz der Bronzezeit besteht aus einem Ensemble von 13 Objekten mit insgesamt etwa 12,5 kg Gold."


Ausgewählte Objekte aus Bulgarien werden nun erstmals gemeinsam in der Ausstellung „Das erste Gold“ gezeigt. Eine virtuelle Rekonstruktion und Funde vom Goldabbau und der zugehörigen Bergwerkssiedlung beleuchten den kulturellen Hintergrund und das tägliche Leben der Menschen auf dem Ada Tepe vor rund 3500 Jahren. Das Zentrum der Schau bildet der Schatzfund von Vălčitrăn. Der größte Schatz der Bronzezeit besteht aus einem Ensemble von 13 Objekten mit insgesamt etwa 12,5 kg Gold. Er zeugt vom Reichtum und von den technischen Fähigkeiten der damaligen Zeit. Die Kontinuität der Bedeutung des bulgarischen Goldes wird in der Ausstellung mit Meisterwerken aus der spätklassischen bzw. hellenistischen und römischen Epoche dargestellt.

Gaben an die Götter

Die Entdeckung der Goldmine im Ada Tepe erlaubt einen bisher nicht dagewesenen Einblick in das aufwendige und mühsame Verfahren der Goldgewinnung in prähistorischer Zeit. Erstmals wird ein Fund von Gussformen aus dem Ort Pobit Kamak in vollem Umfang präsentiert. Er eröffnet Besucher/innen einen Blick in die Werkstatt eines Meisterbetriebes für Insignien und Werkzeuge. Prämonetäre Geldformen wie beispielsweise Rohstoffe und Barren sowie Meisterwerke aus Gold und Bronze wurden dabei sowohl für die Eliten der damaligen Zeit als auch als Gaben an die Götter produziert.


Factbox: Gold

Das Wort Gold leitet sich vom indogermanischen Begriff „ghel“ für gelb oder glänzend ab. Gold wird seit Jahrtausenden für rituelle Gegenstände oder Schmuck genutzt und diente seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. auch als Zahlungsmittel. Gold zählt zu den ersten Metallen, die von Menschen verarbeitet wurden und seine Gewinnung ist seit der Kupferzeit nachgewiesen. Schätzungen gehen davon aus, dass in der gesamten Geschichte der Menschheit bisher etwa 170.000 Tonnen Gold geschürft wurden. Physikalisch betrachtet ist Gold ein Schwermetall. Neben Schmuck und als Wertanlage wird es heute auch in der Elektronikindustrie, Medizin und Optik verwendet. Olympische Goldmedaillen bestehen übrigens nicht gänzlich aus Gold – sondern zu mindestens 92,5 Prozent aus reinem Silber.


Die Ausstellung beleuchtet auch die Funktion des Goldes als Statussymbol. Geräte und Schmuckstücke aus Edelmetall dienten bereits damals der Repräsentation und Selbstdefinition in der Gesellschaft und wurden in Gräbern als reiche Beigaben für das Jenseits deponiert.

Überregionale Kontakte

Erste archäometrische Untersuchungen des Goldvorkommens im Ada Tepe sowie von bearbeiteten Goldobjekten von verschiedenen anderen Fundstellen erlauben Wissenschaftler/innen erste Schlussfolgerungen, wer die Abnehmer und Verwerter des hier gefundenen Goldes gewesen sein könnten. Detaillierte technologische Untersuchungen der präsentierten Goldschätze belegen dabei die Kompetenz und das hochspezialisierte Wissen der bronzezeitlichen Goldschmiede.

"Funde aus dem Mittelmeerraum belegen einen intensiven Austausch mit den benachbarten Hochkulturen."


Der Handel mit Gold und Metallen förderte schon damals überregionale Kontakte und internationale Beziehungen. Funde aus dem Mittelmeerraum, z.B. für die mykenische Kultur charakteristische Schwerter, belegen einen intensiven Austausch mit den benachbarten Hochkulturen.

Quelle der Reichtümer von Mykene und Troia?

Der Ada Tepe wird von einem umfassenden Netzwerk internationaler und interdisziplinärer wissenschaftlicher Einrichtungen untersucht. Die Wissenschaftler/innen der ÖAW in Wien, des Nationalen Archäologischen Instituts mit Museum (NAIM) der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Sofia und des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie in Mannheim hoffen, mit der Untersuchung der Goldmine und bedeutender Funde aus der Bronzezeit in Bulgarien Antworten auf lange ungelöste Forschungsfragen zu finden.

So spricht die räumliche Nähe der Goldmine zu den bedeutenden Zentren der damaligen Epoche dafür, dass es sich bei dem Gold vom Ada Tepe tatsächlich um jenen Rohstoff handeln könnte, aus dem die sagenhaften Schätze des Goldes von Troia oder der mykenischen Gräber gefertigt worden sind. Dass die räumlichen Distanzen damals bewältigt werden konnten, belegen etwa Importe von für den Mittelmeerraum charakteristischen Gegenständen wie den weithin geschätzten mykenischen Schwertern. Bemerkenswert sind auch die reichen Ressourcen des Ada Tepe mit bis zu sieben bis acht Kilo Gold pro Tonne Gestein.

Nicht zuletzt sollen die wissenschaftlichen Untersuchungen Aufschluss darüber geben, um welche Gesellschaften es sich in der Gebirgsregion im Südosten Bulgariens gehandelt hat, noch lange bevor die Thraker diesen Raum besiedelten.

In der vom NAIM, der ÖAW und dem Kunsthistorischen Museum gemeinsam konzipierten Ausstellung werden nun erstmals die aktuellsten Forschungsergebnisse einen größeren Publikum präsentiert.

 

Die Ausstellung „Das erste Gold“ ist vom 7. März bis 25. Juni 2017 im Kunsthistorischen Museum Wien (Burgring 5, 1010 Wien) zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag, 10 bis 18 Uhr und Donnerstag bis 21 Uhr. Im Juni ist das Museum täglich geöffnet. 

Online-Tickets sind erhältlich unter: https://shop.khm.at/tickets/

Ein Katalog zur Ausstellung ist unter dem Titel „Das erste Gold. Ada Tepe: das älteste Goldbergwerk Europas“ erschienen, herausgegeben von Sabine Haag sowie den Kurator/innen Hristo Popov, Barbara Horejs, Stefan Alexandrow und Georg Plattner

Ein Rahmenprogramm begleitet die Ausstellung mit Vorträgen, Führungen und einem Thementag inkl. Schauwerkstatt der Wiener Gold- und Silberschmiede.

Rahmenprogramm

 


Video

Kurzfilm zu den Forschungen von Archäolog/innen am Ada Tepe mit 3D-Rekonstruktionen.

Ada Tepe – The Movie