28.05.2021

Woher weht der Sonnenwind?

Eine Studie im Astrophysical Journal untersucht den Ursprung des Sonnenwinds.

© IWF/Martin Reiss

In einer Studie, die soeben im Astrophysical Journal erschienen ist, hat ein internationales Team unter der Leitung des Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erstmals ermittelt, welche Unterschiede bei der automatisierten Lokalisierung des Ursprungs des Sonnenwindes auftreten können.

Das Solar Dynamics Observatory (SDO) befindet sich seit 2010 in einer geosynchronen Erdumlaufbahn und behält dabei die Sonne rund um die Uhr im Auge. Moderne Instrumente an Bord des SDO, wie das Atmospheric Imaging Assembly (AIA), liefern uns einen Einblick in die Bedingungen in der Sonnenatmosphäre in zehn unterschiedlichen Wellenlängen. Täglich werden etwa 1,5 Terabyte an AIA-Bildern in einer 4K-Auflösung an die Erde übermittelt. Die Auswertung dieser Sonnenbilder erfolgt mit einer Vielzahl an automatisierten Methoden, um beispielsweise die Quellen des schnellen Sonnenwindes zu überwachen. Diese sogenannten koronalen Löcher sind als dunkle Regionen in den AIA-Bildern sichtbar. Doch welchen Einfluss unterschiedliche automatisierte Methoden auf die physikalische Untersuchung von koronalen Löchern haben, war bisher unbekannt.

Ein internationales Team unter der Leitung des Grazer IWF konnte diesen Einfluss in Zusammenarbeit mit führenden Forschungsstätten wie NASA Goddard, NASA Ames und NOAA erstmals ermitteln. "Wir konnten zeigen, dass die Wahl der Methode zur Lokalisierung von koronalen Löchern die berechneten physikalischen Größen um den Faktor 4 beeinflussen kann", erläutert IWF-Forscher Martin Reiss, Leiter des ISWAT-Arbeitsteams. "Unsere Ergebnisse sind wichtig für die Auswertung von SDO/AIA-Bildern, da diese Unterschiede in der Sonnenforschung bisher unerforscht blieben und seit der Entdeckung dieses Phänomens nicht berücksichtigt wurden", setzt Reiss fort, der kürzlich von einem FWF-Schrödinger-Stipendium am NASA Goddard Space Flight Center (Maryland, USA) an das Grazer IWF gewechselt ist.

"Am Beispiel der Fläche der Quellen des Sonnenwindes wären die Unterschiede so groß, dass die gesamte Oberfläche der Erde etwa 150-mal hineinpassen würde", erklärt der Erstautor der Studie. Dieses Wissen ist wichtig, um offene Fragen in der Physik von koronalen Löchern, wie deren Beitrag zur Beschleunigung und Ausbreitung des Sonnenwindes, besser zu verstehen. Zudem sind die Ergebnisse wertvoll, um am IWF neue Modelle zur Ausbreitung des Sonnenwindes in unserem Sonnensystem zu entwickeln und damit die Auswirkungen des Sonnenwindes auf das Magnetfeld der Erde besser zu verstehen. Das Forschungsprojekt wird vom Wissenschaftsfonds FWF finanziert. 

 

Abbildung
SDO/AIA-Aufnahmen und Methoden zur Bestimmung der Quellen des Sonnenwindes (© IWF/Martin Reisst, Download).

Publikation
M.A. Reiss, K. Muglach, C. Möstl, C.N. Arge, R. Bailey et al: Observational Uncertainty of Coronal Hole Boundaries in Automated Detection Schemes, Astrophysical Journal, doi:10.3847/1538-4357/abf2c8, 2021.

Kontakt
Dr. Martin Reiss
M +43 664 4642133
martin.reiss(at)oeaw.ac.at

 

IWF-Presseaussendung