Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat vergangene Woche – neben einem Kandidaten für die nächste „Fast (F) Mission“ – fünf Vorschläge für eine „Medium-size (M) Mission“ zur weiteren Untersuchung ausgewählt. Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat an drei Konzepten mitgearbeitet.
Im Dezember 2021 wurde die Wissenschafts-Community der ESA-Mitgliedsstaaten aufgefordert, Vorschläge für eine „schnelle“ (auch „Fast“ oder „F-class“ genannt, mit Starttermin 2030-2031) und eine „mittlere“ („Medium-size“ oder „M-class“, mit Start um 2037) Mission auszuarbeiten. Knapp ein Jahr später steht nun ARRAKIHS als Kandidat für die nächste F-Mission fest. Als M-Mission bleiben CALICO, M-MATISSE, Plasma-Observatorium, HAYDN und THESEUS im Rennen. Das IWF ist an den drei erstgenannten beteiligt.
Aus 5 mach 3
Am Ende der Proposal-Phase 1 wurden im April 2022 15 aus 44 Missionsvorschlägen für Phase 2 ausgewählt. Diese wurden nun ein weiteres Mal auf eine F-Mission und fünf M-Missionen reduziert. ARRAKIHS wird als F-Mission umgesetzt, die fünf M-Missionen werden in die nächste Phase geschickt. Hausinterne ESA-Experten durchleuchten die Missionsvorschläge und überprüfen das Design, die Einhaltung der Preis- und Systemvorgaben und Realisierbarkeit. 2023 folgt die nächste Entscheidung: Aus fünf werden drei. Ab dieser Stufe wird erstmals auch die Industrie eingebunden, um danach drei kompetitive Missionen in die Endrunde zu schicken. Am Schluss bleibt nur eine M-Mission über.
Für das IWF am Start
"Es ist großartig, dass es drei Missionen mit IWF-Beteiligung in die Top 5 geschafft haben", freut sich IWF-Direktorin Christiane Helling.
Für die aktuell ausgewählten Missionskonzepte ist das IWF zweimal mit Hardware, einmal rein wissenschaftlich beteiligt. Die Missionsziele reichen vom erdnahen Weltraum, über den Mars bis zum Zwergplaneten Ceres.
CALICO soll In-situ-Untersuchungen der organischen und ammoniakhaltigen Materialien und Salzablagerungen auf dem Zwergplaneten Ceres durchführen, die möglicherweise Aufschluss darüber geben, ob Ceres die Voraussetzungen für Leben bietet oder bot. Das IWF steuert seine wissenschaftliche Expertise im Bereich der Charakterisierung von Mineralien und Eisen im Labor, der Exosphärenbildung im Sonnensystem sowie Studien über den Wasseranteil des Zwergplaneten bei.
M-MATISSE will den Mars als globales dynamisches System mit Hilfe einer 2-Satelliten-Konfiguration untersuchen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ionosphäre, Magnetosphäre und Sonnenwind. Die beiden Satelliten Henri und Marguerite, benannt nach Matisse und seiner Tochter, sollen die räumlichen und zeitlichen Auswirkungen auf verschiedene Prozesse entschlüsseln, die das Marssystem antreiben. Das IWF liefert den Bordcomputer für das Ionen-Massenspektrometer M-MAS und ist wissenschaftlich beteiligt.
Das Plasma Observatory ist eine Multi-Satelliten-Mission (eine Mutterraumsonde, sechs Tochterraumsonden) zur Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen lokalen Teilchen (Ionen) und großräumigen Flüssigkeiten (Plasma) im erdnahen Weltraum, die das Wissen über Beschleunigungs- und Heizungsprozesse im astrophysikalischen Plasma erweitern soll. Das IWF ist im wissenschaftlichen Core Team vertreten und baut Magnetometer und Bordcomputer für die Tochtersonden.
„Es ist großartig, dass es drei Missionen mit IWF-Beteiligung in die Top 5 geschafft haben und sie damit eine Runde weiter sind“, freut sich IWF-Direktorin Christiane Helling über diesen Meilenstein.
Die Beteiligung des IWF an den ESA-Missionen wird von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert. Neben der ÖAW sind aus Österreich die Universität Wien bei ARRAKIHS und HAYDN sowie Joanneum Research bei CALICO vertreten.