05.03.2018

Aufheizung der Sonnenatmosphäre enträtselt

In einer aktuellen "Nature Physics"-Studie gelingt einem internationalen Team, dem auch das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften angehört, erstmals der Nachweis für die Aufheizung der Sonnenatmosphäre durch Plasmawellen. Diese Beobachtung bedeutet einen Durchbruch in der Beantwortung einer Frage, die die Wissenschaft seit Jahrzehnten beschäftigt.

Die Sonne hat einen wesentlichen Einfluss auf die Atmosphäre/Magnetosphäre der Erde und auf die zukünftige technologische Entwicklung unserer Zivilisation. Während auf der Sonnenoberfläche (in der Photosphäre) Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius herrschen, kann die höhere Atmosphäre (Korona) bis zu einer Million Grad Celsius heiß werden.  Wie das Plasma aufgeheizt wird, konnte bislang nicht restlos geklärt werden. Ein möglicher Mechanismus für die Aufheizung des koronalen Plasmas ist der Transport und die Umwandlung der Energie durch Alfvén-Plasmawellen. Alfvén-Wellen entstehen durch Schwingungen der magnetischen Feldlinien und sind seit mehr als einem halben Jahrhundert für die Labor- und Weltraumplasmaphysik von besonderem Interesse. Ihr direkter Nachweis in der Sonnenatmosphäre ist jedoch schwierig.

Simultane Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängen mithilfe des erdgebundenen Dunn Solar Telescope (USA) und des Solar Dynamics Observatory der NASA haben Alfvén-Schockwellen und ihre Energieumwandlung in der Chromosphäre der Sonne (Übergangsschicht zwischen Photosphäre und Korona) erstmals nachgewiesen. "Die Beobachtung von Alfvén-Schockwellen ist der Schlüssel für die Lösung des Rätsels, wie das koronale Plasma aufgeheizt wird", sagt IWF-Forscher Teimuraz Zaqarashvili, Co-Autor der Studie. "Der starke Temperaturanstieg während der Wellenausbreitung ist ein klares Indiz für die Energieumwandlung."

Die Ergebnisse der Studie werden Forschungen im Rahmen zukünftiger Missionen, wie z.B. Solar Orbiter, weiter vorantreiben. Diese ESA-Mission mit starker amerikanischer Beteiligung wird 2020 starten und sich der Physik der Sonne und Heliosphäre widmen. Das IWF macht die Antennenkalibrierung, baut den Bordcomputer für das Radiowelleninstrument (RPW - Radio and Plasma Waves) und ist Co-Investigator bei dem Magnetometer.

 

Abbildung
Die magnetische Struktur der Atmosphäre eines Sonnenflecks während der Beobachtungen
(© IWF/ÖAW), Download

Publikation
S.D.T. Grant, D.B.

Jess, T.V. Zaqarashvili, C. Beck, H. Socas-Navarro, M.J. Aschwanden,

P.H. Keys, D.J. Christian, S.J. Houston, and R.L. Hewitt. Dissipation of Alfvén

waves in the solar chromosphere, Nature Physics, doi:10.1038/s41567-018-0058-3 (2018)

Kontakt
Dr. Teimuraz Zaqarashvili
T +43 316 4120-672
teimuraz.zaqarashvili(at)oeaw.ac.at

IWF-Presseaussendung