TA '10
Die Ethisierung der Technik und ihre Bedeutung für die Technikfolgenabschätzung
In Debatten um Technik und Ethik geht es zumeist um moralische Fragen, wie etwa darum, ob wir dürfen, was technisch machbar ist. Dies ist traditionell das Terrain der akademischen Ethik. In aktuellen Technikkontroversen sind jedoch ethische Fragen längst zum Politikum geworden.
Auf der TA'10 soll daher das Thema Technik und Ethik in einen größeren Zusammenhang gestellt werden. Denn mit dem Bedeutungszuwachs des ethischen Diskurses für die Problematisierung und Gestaltung von Technologien wandeln sich die Ansprüche an Technology Governance. Verhandlungs- und Beteiligungsformen ändern sich, bestehende Technologien erscheinen in neuem Licht, neue Technologien nehmen ethische Vorgaben auf. Bisher implizite Wertbezüge werden explizit. "Ethisierung" wird damit zu einem wichtigen Faktor und zugleich Indikator für ein verändertes Regulieren und Gestalten von Technologien im 21. Jahrhundert
Obwohl die Begriffe Technik und Ethik - in einem Atemzug genannt - dazu einladen: Die TA'10 sollte sich nicht in Disputen über die Leistungsfähigkeit einer Ethik der Technik erschöpfen. Vielmehr sind darüber hinaus gehende Diskussionen erwünscht, insbesondere zu folgenden Themenstellungen:
- Ethik und Governance: Wie ändern sich Konflikt-, Politik- und Legitimationsmuster, wenn Technologien aus ethischer Perspektive thematisiert werden – und nicht mehr unter den Aspekten von Risiko und ökonomischem Nutzen?
- TA und Ethik: Ändern sich Aufgaben und Methoden der TA im Kontext der "Ethisierung"? In welches (Konkurrenz-) Verhältnis gerät TA zu ethikspezifischer Expertise (z.B. ELSI-Forschung, nationale Ethikräte)?
- Ethik der Technik: Was sind tragfähige normative Prinzipien einer Regulierung technischen Handelns? Bezogen auf TA: Was sind die normativen Grundlagen der TA? Braucht sie welche?
- Partizipation: Wenn es um Wertfragen geht, kann man Laien nicht ausschließen. Welchen Stellenwert hat partizipative Technikbewertung mit Laienbeteiligung heute?
- Normative Prinzipien der Technikgestaltung wie Nachhaltigkeit, Vorsorgeprinzip oder Schutz der Privatsphäre werden gerade nicht unter dem Titel der Ethik eingeführt. Welchen Einfluss haben sie auf die Verhandlung und Gestaltung von Technologien?
- "Technologien der Ethik" (in Anlehnung an Foucault): Ob erweiterte Beteiligung durch E-Governance oder Klimaschutz durch low-carbon technologies: Viele Technologien sind heute eng mit Gemeinwohlansprüchen verbunden. Gleichzeitig zeichnen sie Bilder aktiver, informierter BürgerInnen oder disziplinierter EnergiesparerInnen. Welche Normierungs- und Kontrolleffekte haben "gute" Technologien?
- Technik ohne Ethik: In manchen Technologien kommt die "Ethisierung" nicht zum Tragen. Welche normativen Voraussetzungen liegen dieser "Ethikabstinenz" zugrunde?
Vorträge
Vorträge
Keynote:
Moralisierung in Technikkonflikten
Wolfgang VAN DEN DAELE
Keynote:
Das Verhältnis von Ethik und Technik in internationaler Perspektive
Nicole C. KARAFYLLIS
Ethische Aufklärung statt Moralisierung: Ethik in der TA
Armin GRUNWALD, ITAS, Karlsruhe
Ethik als Mittel zum Nachweis widersprüchlicher Erwartungen im Technikumfeld
Stefan RIEGELNIK, AW, Wien
Normativität jenseits von Ethik. Möglichkeiten und Grenzen einer normativen Fundierung von TA im 'Modell der Bezugnahme'
Marc DUSSELDORP, ITAS, Karlsruhe
Vom Schiedsrichter zum Mitspieler? Proaktive Bioethik als Herausforderung für TA – das Beispiel Human Enhancement
Peter WEHLING, Univ. Augsburg
Technische Systeme und die Re-Organisation globalisierter Arbeit – Das allmähliche Verschwinden sozialethischer Standards
Bettina-Johanna KRINGS & Linda NIERLING, ITAS, Karlsruhe
Der Wille zur 'schlanken' Stadt. Übergewicht, Adipositas und 'Wahrheit' in der Forschung über 'obesogenic environments'
Martin DÖRING & Regine KOLLEK, Univ. Hamburg
Mein Roboter handelt moralischer als ich? Ethische Aspekte zur TA der Robotik
Michael DECKER, ITAS, Karlsruhe
Ethik des TA-Wissens?
Stefan BÖSCHEN, Univ. Augsburg
'Ethisierung' als Notration? Probleme der Rationalisierung von Technikentscheidungen
Gotthard BECHMANN & Fritz GLOEDE, ITAS Karlsruhe
Was heißt Ethisierung?
Alexander BOGNER, ITA/ÖAW, Wien
Plädoyer für eine reichere Ethik der (Nano)technologie
Arianna FERRARI, ITAS Karlsruhe
Der Beitrag der Philosophie für die TA der Nanotechnologie
Ulrich FIEDELER, ITA/ÖAW, Wien
Ethische Aspekte bei der Technikfolgenabschätzung gentechnisch veränderter Pflanzen
Mathias BOYSEN, BBAW Berlin
Die Bedeutung nationaler Ethikräte für die Forschung und Entwicklung Assistiver Technologien
Marjo RAUHALA, TU Wien
Ethik und Technikfolgenabschätzung am Beispiel der synthetischen Biologie
Joachim BOLDT, Univ. Freiburg
'Playing God?' – Eine theologische Analyse (pseudo)religiöser Deutungen der Synthetischen Biologie
Jens RIED & Peter DABROCK, Univ. Marburg
Synthetische Biologie: Ethik und Forschungsförderung in Europa
Markus SCHMIDT, IDC Wien
Ethische Problematisierung von Technowissenschaften: Synthetische Biologie und Systembiologie im Vergleich
Helge TORGERSEN & Karen KASTENHOFER, ITA/ÖAW, Wien
Nano-Governance aus Umweltsicht
MR Dr. Thomas JAKL, BM:LFUW (/Chemiepolitik)
Vortrag zur Analyse des österr. Risiko-Governance-Prozesses
MR Dr. Alexander ZILBERSZAC, BM:G
Vortrag zur Analyse des österr. Risiko-Governance-Prozesses
Mag. Alexander POGANY, BM:VIT
Monitoring als Verstärker bei der Erreichung ethischer Ziele am Beispiel Klimaschutz
Ralf CIMANDER, ifib Bremen & Herbert KUBICEK, Univ. Bremen
eParticipation und die Grenzen der Diskursethik
Fritz BETZ, FH Burgenland
Transparency for Common Good. Zur Nutzung kollektiven Wissens und gesellschaftlichen Potentials durch Open Government
Peter PARYCEK & Judith SCHOSSBÖCK, Donau-Universität Krems
Zur Bedeutung elektronischer Medien bei transnationalen Partizipationsverfahren: Erfahrungen aus dem Projekt WWViews on Global Warming
Ulrike BECHTOLD, Michael ORNETZEDER, Mahshid SOTOUDEH, ITA/ÖAW, Wien