Smartphones wissen, wo wir sind und was wir tun. Das Geschäft mit den daraus generierten Daten boomt.
Smartphones wissen nicht nur wo wir uns aufhalten, sondern auch mit wem wir Kontakt haben und was uns interessiert. Die Erstellung und Anreicherung von Kundenprofilen mittels Geodaten ist inzwischen zu einem ertragreichen Geschäft geworden. Die NutzerInnen, die dafür aber – oft unfreiwillig – ihre Daten hergeben, profitieren davon wenig. Das ITA-Projekt hat versucht die unterschiedliche Nutzung von Geodaten zu beleuchten.
Moderne Betriebssysteme für mobile Geräte ermöglichen die Erweiterung der ursprünglichen Funktionalität des Gerätes durch sogenannte Applications (Apps) – Programme, die die NutzerInnen nachträglich erwerben und installieren können. Apps unterliegen zwar teilweise einer rudimentären Qualitätskontrolle durch die Betreiber der Verkaufsplattformen. Im Prinzip wird aber von den VerbraucherInnen erwartet, dass sie vor der Installation eine fundierte Entscheidung darüber treffen, auf welche gespeicherten Daten das neue Programm Zugriff haben soll, und welche Sensordaten des Geräts ausgewertet werden dürfen. Oft ist aber eine Kontrolle der Funktionsweise vor dem Kauf bzw. der Installation gar nicht möglich.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass viele Apps Geodaten sammeln, obwohl diese keinen Einfluss auf ihre Funktionalität haben. Es findet hier eine Form der Überwachung statt, die zum Ziel hat, mehr Daten über das Verhalten und die Gewohnheiten der KonsumentInnen zu sammeln – oft ohne deren Wissen und zu deren Nachteil.
Die Studie des ITA zeigt die technischen und wirtschaftlichen Hintergründe dieser Entwicklung und geht auf die Konsequenzen für die/den Einzelnen und die Gesellschaft ein. Für die wichtigen Stakeholder in diesem sehr dynamischen Umfeld, also z.B. KonsumentInnen, Politik, Hersteller oder Datenschutz-Organisationen, wurden Empfehlungen ausgearbeitet. Sie sollen dabei helfen, negativen Entwicklungen wie etwa dem Vertrauensverlust in die Datenschutz-Gesetzgebung, der Überwachung und Ausbeutung der KonsumentInnen, entgegenzuwirken.
-> Smartphones know where we are, with whom we communicate, what interests us, and much more.
-> Enhancing customer profiles with geo-data is a lucrative business.
-> Generally, not much attention is being paid to constitutional rights such as the protection of privacy and informational self-determination.
-> Smartphones wissen wo wir sind, mit wem wir kommunizieren, was uns interessiert und vieles mehr.
-> Kundenprofile mit Geodaten und anderen Informationen anzureichern, ist ein einträgliches Geschäft.
-> Auf durch die Verfassung geschützte Rechte, wie den Schutz der Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung, wird in der Regel keine Rücksicht genommen.
Endbericht zum ITA-Projekt A63 – Aktuelle Fragen der Geodaten-Nutzung auf mobilen Geräten (AK5)
Zwei Entwicklungen der letzten Jahre haben zu einem Problem geführt, dem bisher noch kaum Beachtung geschenkt wird: Die Analyse und Ausbeutung von Geodaten, die durch die zunehmende Ausstattung mobiler Geräte mit GPS-Sensoren ermöglicht werden, und die steigende Durchdringung des Marktes mit Smartphones, deren Funktionsumfang mit Apps erweitert werden kann.
Die heute selbstverständliche Verfügbarkeit von Geodaten sowie die genaue Zuordenbarkeit der einzelnen Geräte zu bestimmten Personen ermöglichen Werbetreibenden eine neue Dimension der Profilerstellung, die hohe Profite für die nächsten Jahre verspricht. Während NutzerInnen sich dessen bzw. der Folgen dieser Profiling-Prozesse kaum bewusst sind, und das Grundrecht auf Privatsphäre oft als vernachlässigbares Gut in Frage stellen, entledigen sich Hersteller und Service-Anbieter ihrer Verantwortung, und Datenschutzeinrichtungen sind oftmals nicht in der Lage, bestehendem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen, was aber auf Grund der nationalen Zuständigkeiten, der unübersehbaren Menge an Apps und der hohen Dynamik in diesem Feld kaum gefordert werden kann.
Vor allem die hohe Verbreitung von Smartphones und geodatenbasierten Services unter Jugendlichen ist bedenkenswert. Während man als Kind und JugendlicheR als nicht voll geschäftsfähig gilt, scheint diese Altersgruppe in Bezug auf die Smartphonenutzung dem Streben nach Überwachung und/oder Profitmaximierung verschiedener Unternehmen hilflos überlassen zu werden. Aber auch insgesamt, über alle Altersgruppen, hat die Zahl der SmartphonebesitzerInnen so stark zugenommen, dass es hier eine sehr große Zahl Betroffener gibt.
An Hand von Apps, wie bspw. „Paper Toss“, einem einfachen Spiel, das Geodaten gar nicht benötigen würde, den Standort der AnwenderInnen aber gemeinsam mit deren eindeutiger Telefon-ID an fünf internationale Werbenetzwerke überträgt, oder „Text Plus“, einer App für Textnachrichten, die Geschlecht, Alter, Position und Telefon-ID an sieben internationale Werbenetzwerke weitergibt, oder „Best Alarm Clock Free“, das als Wecker Position und Telefon-ID an fünf Werbenetzwerke meldet, wird deutlich, dass die einzelnen Apps in manchen Fällen als Fassaden bezeichnet werden müssen, die den eigentlichen Zweck, nämlich das Datensammeln, verschleiern sollen.
Wer hätte die Ressourcen, um sich dieses Problems anzunehmen? Abgesehen von exemplarischen Musterprozessen vermutlich niemand, weil die Menge der zu überprüfenden Firmen und Anwendungen zu groß wäre. Letztendlich handelt es sich aus europäischer Sicht jedenfalls um ein Binnenmarktproblem, weil alle KonsumentInnen in Europa davon gleichermaßen nachteilig betroffen sind. Deshalb läge es wohl an der EU-Kommission, die als einzige die nötige Verhandlungsmacht haben dürfte, europäische Datenschutzstandards gegenüber den großen Hard- und Softwarefirmen durchzusetzen und von Betreibern wie Apple und Google eine Überprüfung ihrer zahlreichen Geschäftspartner zu verlangen.
In der vorliegenden Studie werden unterschiedliche Motivationen, Apps zu nutzen, ebenso beleuchtet, wie die Funktionsweise und die Konsequenzen, die sich aus der aktuellen Entwicklung ergeben. Letztendlich bleibt jedoch eine Frage unbeantwortet: Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft, welche Art neuer Abhängigkeitsverhältnisse entstehen in Zukunft, und wird es der/dem Einzelnen noch möglich sein, diesen Abhängigkeiten zu entgehen?
Um dieses und andere drängende Probleme in den Griff zu bekommen, wurden Empfehlungen an unterschiedliche Stakeholder entwickelt und im letzten Kapitel ausgeführt.
01/2012 - 08/2012