08.03.2024

SOUNDS & SIGHTS OF SCIENCE #27

„Unruhig über die Möglichkeiten, eine Wissenschaftlerin werden zu können“

Lise Meitner – vorgestellt vom Team Öffentlichkeitsarbeit des Phonogrammarchivs

WAS IST ZU HÖREN?

Zu hören ist ein Zusammenschnitt der Aufnahme B 7803a von Lise Meitner, die im September 1963 in der Wiener Urania einen Vortrag mit dem Titel „50 Jahre Physik“ gehalten hat. Darin wirft sie einen Blick zurück auf ihren Werdegang und ihre Leistungen im Bereich der Kernphysik, erwähnt erste Begegnungen mit zukünftigen Kollegen und berichtet von denkwürdigen Ereignissen, „die wie eine schöne Begleitmusik“ ihr Leben bereichert haben. Doch neben den ruhmreichen Erfolgen spannt sie eine weitere Erzählung auf: sich als Frau in einem männerdominierten Wissenschaftssystem behaupten zu müssen.

In den ausgewählten Passagen zeichnet sie ihre Erfahrungen als junge Frau zu Beginn ihres Studiums nach. Sie spricht von „einigen Umwegen“ und ihrer Unsicherheit, überhaupt eine wissenschaftliche Karriere einschlagen zu können, von gesellschaftlichen Erwartungen und der Mehrarbeit, mit der sie sich als Frau konfrontiert sah.

WAS IST DARAN BESONDERS INTERESSANT?

Frauen waren und sind in der Wissenschaft noch immer unterrepräsentiert. Der Internationale Frauentag am 8. März gibt Anlass, über diese Schieflage zu reflektieren. Erst 101 Jahre nach Gründung der Akademie der Wissenschaften wurde 1948 Lise Meitner als erste Frau zum korrespondierenden Mitglied im Ausland ernannt, bevor mit Berta Karlik 1973 das erste weibliche wirkliche Mitglied folgte. Obgleich der Vortrag von Lise Meitner keine feministische Erzählung ist, in der systemische Voraussetzungen und Barrieren analysiert werden, so bietet er doch auch Einblicke in eine Wissenschaftswelt, die von geschlechtsbezogenen Ungleichgewichten geprägt war. Selbst heute finden sich unter den insgesamt 765 Mitgliedern der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) nur 170 Frauen.

 

WIE BESCHÄFTIGEN WIR UNS DAMIT?

Neben dieser Aufnahme gibt es im Phonogrammarchiv noch weitere Tondokumente, in denen weibliche Akademiemitglieder zu Wort kommen. Das Team Öffentlichkeitsarbeit hat insgesamt neun Aufnahmen von wissenschaftlichen Vorträgen zur Sonderausstellung „Forscherinnen entdecken: Frauen an der Akademie der Wissenschaften“ (1.12.2023–31.1.2024) beigetragen. Sie sind Teil der umfangreichen Bestände des Phonogrammarchivs und einer fast 125-jährigen Aufnahmegeschichte, in der deutlich mehr Männer als Frauen aufgenommen haben bzw. wurden – ein Umstand, den es wahrzunehmen und aufzuarbeiten gilt.


    Das Team Öffentlichkeitsarbeit des Phonogrammarchivs wurde 2021 ins Leben gerufen und besteht aus einer interdisziplinären Arbeitsgruppe, die in den Bereichen Forschung, Kuratierung, Recht und Technik tätig ist.

     

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