Technikbewertung der Breitbandkommunikation

Gemeinsam mit französischen und italienischen Partnern untersuchte das ITA im Rahmen des Programms RACE der EG jene Faktoren, die die Haltung der aktuellen und zukünftigen Akteure des Telekommunikationsbereiches in bezug auf die Einführung eines integrierten Breitbandkommunikationsnetzes (IBC) bestimmen (werden). Untersucht wurden im besonderen nationale Erfordernisse, die wirtschaftliche, soziale, sicherheits- und ordnungspolitische Aspekte umfassen, sowie strategische Aspekte der Informationsindustrie, die sich aus der Offenheit des Systems und der Vielfalt von Anbietern und Betreibern ergeben.

Es zeigte sich, daß IBC-Netze aus ökonomischen und technologischen Gründen kurz- und mittelfristig nicht breit verfügbar sein werden. Der Ausbau wird von der (kaufkräftigen) Nachfrage bestimmt werden. Den ersten Schritt wird die Errichtung von Breitbandinseln, z.B. auf Basis von MAN (Metropolitan Area Network) Technologien bilden. Die Anbindung von Haushalten ist nur sinnvoll, wenn TV-Programme (HDTV) übertragen werden. Aufgrund rivalisierender Technologien, z.B. Satellitenfernsehen und bestehende Kabelfernsehnetze, erscheint ein kostendeckender Betrieb zweifelhaft.

Die langfristige Intention der IBC-Technologie, die Zusammenfassung aller bestehenden Telekommunikationsnetze (Telefon-, Daten-, Kabelfernsehnetze usw.) wirft neue Probleme auf: Da mit der Integration die alternativen Übertragungswege wegfallen werden, sind sehr hohe Zuverlässigkeitsstandards gefordert. Die für IBC gewählte ATM-Technologie (Asynchronous Transfer Mode) ist zwar flexibel, aber wenig überlastbar. Aus der Integration resultierende Kostenvorteile werden zumindest partiell durch besondere technische Vorkehrungen und Reservekapazitäten kompensiert werden.

Um die gebotene Flexibilität tatsächlich nutzen und Dienste individuell zusammenstellen zu können, muß Dienstanbietern und Teilnehmern der Zugang zu Funktionen des Netzmanagements geöffnet werden, die derzeit in der alleinigen Verantwortung des Netzwerkbetreibers liegen. Die Zuverlässigkeit kann darunter leiden.

Durch die Integration der Netze ergeben sich Probleme des Datenschutzes, da die Informationen aufschlußreicher werden und durch die Öffnung der Netze die Anzahl der potentiellen Datendiebe steigt. Da in einer vernetzten Gesellschaft Datenströme kaum wirksam überwacht werden können, wird über neue Formen der Durchsetzung, z.B. die stärkere Anbindung an persönliche Schadenersatzrechte, nachzudenken sein.

Durch die Aufhebung der bislang herrschenden Trennung der Informationskanäle nach der Art der Information (Sprache, Daten, Fernsehen) geht auch die Möglichkeit der unterschiedlichen Regulierung verloren. Damit wird auch die in vielen Staaten geplante Liberalisierung des Mehrwertdienstsektors unter Beibehaltung eines Monopols für den Basisdienst Telefon hinfällig. Die zunehmende Zahl von Beteiligten am Dienstegenerierungsprozeß wird neben der Koordination auch die Schaffung von einheitlichen Zugangsbedingungen und eines Rechts auf Information in einem zukünftigen Regulierungssystem nötig machen.

Österreichischen Akteuren im Telekommunikationsbereich wird empfohlen, Investitionen aufzuschieben. Da sich die Technologie derzeit noch im Entwicklungsstadium befindet, besteht für seriöse Nutzen-Kosten-Abwägungen noch keine ausreichende Basis. Hinsichtlich der Beobachtung der Entwicklungen, insbesondere im EG-Raum, und der Durchführung von bzw. Teilnahme an Pilotprojekten wäre eine aktivere Rolle österreichischer Institutionen durchaus wünschenswert, soll die Gefahr, in einem für die gesamte Gesellschaft wichtigen Hochtechnologiebereich den Anschluß zu verlieren, gebannt werden.

Laufzeit

01/1988 - 12/1990

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