08.02.2024

Neuer Energierekord bei Fusionsforschungsanlage JET

Die letzten Tritium-Experimente am Joint European Torus lieferten einen neuen Fusionsenergierekord sowie weitere Erkenntnisse, die für zukünftige Fusionsanlagen von großer Bedeutung sein werden. Auch österreichische Forscher waren an den Experimenten beteiligt.

Aufnahme des Rekord-Pulses
Aufnahme des Rekord-Pulses | © UKAEA

Europäische Forscher haben bei Experimenten der sogenannten DTE3-Kampagne, welche von August bis Oktober 2023 am Joint European Torus (JET) in Culham, Vereinigtes Königreich, lief, mit einem neuen Energierekord einen großen Erfolg erzielt. Dies wurde am 8.2.2024 bei einem Pressevent in Culham verkündet, bei dem Ambrogio Fasoli (Programm-Manager von EUROfusion), Ian Chapman (UKAEA-CEO) und weitere an den Experimenten beteiligte Wissenschaftler teilnahmen.

DTE3 steht für die dritte Kampagne, bei der Experimente mit Deuterium und Tritium (DT) durchgeführt wurden. Dieses Brennstoffgemisch wird auch bei zukünftigen Fusionsanlagen verwendet werden, daher sind Experimente dieser Art von großer Bedeutung.

Großes Aufsehen erregte der Energierekord von 59 Megajoule, welcher bei der zweiten Kampagne dieser Art im Dezember 2021 erzielt wurde. Dieser Rekord wurde nun übertroffen. Am 3. Oktober 2023 gelang es den Forschern mit einem Puls 5,2 Sekunden lang konstant eine hohe Fusionsleistung zu erreichen. Dabei wurden bei einem Verbrauch von nur 0,2 Milligramm Brennstoff 69 Megajoule an Energie erzeugt.

Der neue Weltrekord ist an sich bereits ein bedeutender Meilenstein. Zusätzlich wurde mit den Experimenten jedoch auch demonstriert, dass die routinemäßige Erzeugung zuverlässiger Fusionsplasmen möglich ist.

Das ursprüngliche Ziel der Experimente der DTE3-Kampagne war jedoch nicht das Erreichen eines neuen Rekords. Ein Schwerpunkt war die Erprobung verschiedener Betriebsszenarien, mit denen man das heiße Plasma strukturieren und steuern kann. Eines dieser Szenarien basiert auf den Erkenntnissen österreichischer Forscher. Im Jahr 2022 konnte ein Team um Univ.-Prof. Dr. Friedrich Aumayr, Dipl-Ing. Lidija Radovanovic und Dr. Georg Harrer von der Technischen Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit Forschern des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching an der mittelgroßen Fusionsmaschine ASDEX Upgrade ein neues Betriebsregime, das sogenannte QCE-Szenario, nachweisen. Mit diesem Szenario lassen sich verheerende Plasmainstabilitäten am Plasmarand vermeiden. Diese Plasmainstabilitäten sind eines der größten Probleme für zukünftige Fusionskraftwerke, da sie die Wand eines Fusionsreaktors stark beschädigen können.

Nun wurde dieses Regime auch bei JET angewendet und damit erstmals an einer größeren Maschine sowie mit dem für zukünftige Anlagen relevanten Deuterium-Tritium-Brennstoff.

Die Demonstration des QCE-Szenarios mit DT ist von entscheidender Bedeutung, da nach der Stilllegung von JET die Möglichkeit, mit Reaktor-relevantem DT-Treibstoff zu testen, bis zur Inbetriebnahme von ITER wegfällt. Aufgrund der erfolgreichen Experimente ist zu erwarten, dass dieses Szenario auch in zukünftigen, noch größeren Reaktoren wie ITER und DEMO umsetzbar sein wird.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der DTE3-Kampagne stellte JET mit Ende Dezember 2023 den Plasmabetrieb ein. Für lange Zeit war JET eine der größten und leistungsstärksten Fusionsanlagen der Welt und hat eine zentrale Rolle bei der Beschleunigung der Entwicklung der Fusionsenergie gespielt. Der Tokamak befindet sich auf dem UKAEA-Campus in Culham. Seit der Gründung im Jahr 1983 wurde JET von mehr als 31 europäischen Laboratorien unter der Leitung des EUROfusion-Konsortiums gemeinsam genutzt. Im Juni 2023 feierte die Anlage ihr 40. Jubiläum.

Doch auch nach der Stilllegung wird JET weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Es ist das erste Mal, dass ein großer Tokamak mit Tritium-Handhabung und aktivierten Materialien außer Betrieb genommen wird. Die Techniken, die hier entwickelt werden, werden für die Konstruktion künftiger Anlagen von großem Nutzen sein.

Weitere Informationen:

ÖAW-Interview mit Friedrich Aumayr (Head of Research des österreichischen Fusionsforschungsprogramms)

Pressemitteilung von EUROfusion

Pressemitteilung von UKAEA